Samurai 6: Der Ring des Feuers (German Edition)
ihn zweifelnd an. »Das verstehe ich nicht. Ich habe gehört, was die Ninja deinem Vater angetan haben. Wie kannst du ihnen das verzeihen?«
Bei der Erinnerung an seinen Vater schnürte sich Jack die Brust zusammen. Alles fiel ihm wieder ein. Der überraschende, brutale Überfall auf die Alexandria , seine erste, schicksalhafte Begegnung mit dem Schattenkrieger Drachenauge, das hämische Vergnügen, mit dem der Ninja seinem Vater das Schwert in die Brust gebohrt hatte, und das Blut an seinen eigenen Händen, als er sich verzweifelt an seinen sterbenden Vater geklammert hatte …
Hayato bemerkte den Schmerz in seinen Augen. »Mein Vater hat mir auch alles bedeutet. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn die Ninja einer Familie die Seele rauben.«
Jack schluckte seinen Kummer hinunter und wiederholte, was der Großmeister ihm einmal gesagt hatte: »Ein einzelner Baum macht noch keinen Wald.«
»Mag sein«, erwiderte Hayato. »Aber alle Ninja sind aus demselben Holz geschnitzt! Ich war nur dir zuliebe bereit, die Anwesenheit dieses Mädchens zu dulden. Aber ich kann nicht versprechen, dass ich so nachsichtig bin wie du, wenn wir das Dorf erst gerettet haben.«
23
Ein Samuraischwert
»Antreten!«, befahl Hayato.
Auf dem Dorfplatz brach Chaos aus. Die Bauern liefen wild durcheinander und keiner wusste, wo er stehen sollte. Einige stießen im allgemeinen Gewühl zusammen, andere schlossen sich mit ihren Freunden zu Gruppen zusammen, wieder andere beobachteten das Treiben verwirrt vom Rand aus.
Hayato schüttelte angesichts des Durcheinanders verzweifelt den Kopf. Da trat Yuudai vor.
»Halt!«, brüllte er.
Schlagartig kehrte auf dem Platz Ruhe ein.
»Meine Leute kommen hierher und stellen sich in drei Reihen auf!« Yuudai zeigte auf den Platz links vor der Veranda, auf der er und die anderen Samurai standen. »Die Mannschaft vom Graben stellt sich vor uns auf, die von der Brücke rechts, die aus dem Wald in einer Reihe ganz rechts. Los, bewegt euch!«
Erschrocken eilten die Bauern auf ihre Plätze. Yuudais Arbeiter waren als Erste fertig, die anderen folgten ihrem Beispiel.
»Das ist schon besser«, lobte Hayato.
Er stieg von der Veranda hinunter und inspizierte den bunt zusammengewürfelten Haufen. Einige Bauern trugen grob zugeschnittene Bambusspeere, andere behelfsmäßige Waffen in Form von rostigen oder kaputten landwirtschaftlichen Geräten. Zusammen mit Jack ging Hayato an ihnen entlang und betrachtete jeden Einzelnen prüfend. Obwohl von der Feldarbeit gestählt, waren sie doch von den vergangenen drei Jahren, in denen Akuma das Dorf heimgesucht hatte, gezeichnet. Viele waren unterernährt und ausgezehrt. Kaum die Hälfte schien stark genug zum Kämpfen zu sein. Die andere Hälfte bestand aus Jungen und alten Männern, die beide nicht für den bevorstehenden blutigen Kampf infrage kamen.
Hayato wandte sich besorgt an Jack. »Wenn das unsere Armee ist«, flüsterte er, »dann brauchen wir ein Wunder!«
»Erst recht bei weniger als zwei Wochen Vorbereitungszeit«, ergänzte Jack.
Sie kamen zu Sora, der so sehr zitterte, dass er seinen Speer kaum halten konnte.
»Wovor hast du Angst?«, fragte Hayato ihn.
»V-v-vor Akuma«, antwortete Sora kaum hörbar.
Hayato sah die anderen an. »Hat noch jemand Angst vor Akuma?«
Viele nickten.
»Ich habe auch Angst vor ihm!«, verkündete Hayato zur großen Überraschung der Bauern. »Aber denkt daran: Wenn die Banditen uns das nächste Mal sehen, werden sie auch Angst vor uns haben!«
Sora hörte auf zu zittern. Doch ein Bauer aus der hintersten Reihe widersprach: »Akuma hat vor nichts Angst!«
Hayato sah ihn böse an. »Jeder Mensch hat vor etwas Angst.«
»Nicht Akuma. Er ist ein Teufel.«
Zustimmendes Gemurmel wurde laut, doch Hayato beschloss, solche demoralisierenden Reden im Keim zu ersticken. Er nahm kurzerhand seinen Bogen vom Rücken und schoss auf den widerspenstigen Bauern. Der Mann schrie in Panik auf und verzerrte das Gesicht in Todesangst. Doch der Pfeil verfehlte ihn um Haaresbreite und bohrte sich stattdessen in den hölzernen Griff seiner Sense.
»Akuma ist ein Mensch wie jeder andere«, sagte Hayato. »Auch wenn er sonst nichts fürchtet, den Tod fürchtet er bestimmt.«
Der Schuss hatte den Bauern und auch die anderen Männer zum Schweigen gebracht. Ehrfürchtig starrten sie den jungen Meisterschützen an.
Hayato setzte seine Runde fort, korrigierte hin und wieder, wie jemand seinen Speer hielt, erklärte grundlegende Dinge und
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