Samurai 6: Der Ring des Feuers (German Edition)
Kugel prallte von dem Felsen ab, vor dem er eben noch gestanden hatte.
»Du hast mir das Leben gerettet!«, rief er verwirrt, während Miyuki von ihm herunterrollte.
»Noch nicht«, erwiderte sie und blickte über die Schulter den vorrückenden Banditen entgegen.
Beide sprangen hastig auf.
»Wir müssen uns ihnen hier stellen«, sagte Jack und zog sein Langschwert. »Das verschafft Sora und den anderen die Gelegenheit zur Flucht.«
Alle drei wussten, dass sie den Banditen, die sich im Gebirge bestens auskannten, nicht entkommen konnten. Aber in der engen Schlucht konnten sie sie wenigstens aufhalten. Also griffen sie zu ihren Waffen, um zu kämpfen. Da ertönte plötzlich über ihnen ein unheilvolles Rumpeln.
Der Schuss hatte eine Lawine ausgelöst. Donnernd stürzten die gewaltigen Schneemassen in die Tiefe.
»Lauft!«, schrie Sora und scheuchte die Mädchen zum Ausgang.
Der Himmel schien auf sie herabzustürzen und die Schneemassen drohten alles zu verschlingen, was ihnen im Weg stand. Auch Jack, Miyuki und Hayato rannten zum Ausgang der Schlucht. Die Banditen flohen in die entgegengesetzte Richtung.
Doch Jack fiel zurück. Sein rechtes Bein streikte bei jedem Schritt.
»Komm schnell, Jack!«, rief Miyuki.
Jack biss die Zähne zusammen und taumelte weiter. Im selben Moment erreichte die Lawine den Boden der Schlucht.
36
Ein kaltes Grab
Jack fühlte sich wie in einen weißen Sarg eingeschlossen. Das Gewicht des Schnees drückte ihn nieder und er bekam kaum noch Luft. Kein Geräusch war mehr zu hören, nur das Rauschen des Bluts in seinen Ohren und das Pochen seines Herzens.
Hatten die anderen es geschafft? Er konnte es nur hoffen.
Panisch begann er mit den Fingern im Schnee zu kratzen, hatte aber keinerlei Orientierung und wusste nicht einmal, wo oben war. Womöglich grub er sich noch tiefer in die Lawine hinein. Bewegen konnte er sich nicht, der Schnee schloss ihn von allen Seiten ein. Das einzig Gute an seiner Lage war, dass der kalte Schnee das Brennen seines verletzten Beins betäubte.
Durch angestrengtes Kratzen konnte Jack sich ein wenig Spielraum verschaffen. Doch im nächsten Moment brach die Decke über ihm ein und der Schnee umschloss ihn wieder fest. Panik stieg in ihm auf. Nach Luft schnappend versuchte er sich mit aller Kraft aus seinem kalten Grab zu befreien. Doch der Schnee hielt ihn wie in einem Schraubstock gefangen.
Jack zwang sich zur Ruhe. Wenn er überleben wollte, musste er gut überlegen. Er hatte keineswegs vor, hier zu sterben. Das durfte nicht sein. Er hatte es auf seiner Reise nicht bis hierher geschafft, um jetzt einer Lawine zum Opfer zu fallen. Er war fest entschlossen, zu seiner Schwester Jess nach England heimzukehren. Also kratzte er weiter.
Allmählich verlor er jegliches Zeitgefühl. Die Kälte drang ihm durch Mark und Bein und seine Kraft begann nachzulassen. Doch dann berührten seine Finger etwas Hartes. Einen Griff. Sein Schwert!
Hastig legte er ihn frei, bis er ihn richtig packen konnte. Dann drückte er das Schwert mit aller Macht nach oben. Vielleicht konnte er auf diese Weise zur Oberfläche durchdringen. Rasiermesserscharf schnitt die Klinge durch den Schnee, immer weiter.
Doch er stieß überall nur auf Widerstand. Er war zu tief unter dem Schnee begraben. Er würde sterben … und man würde ihn nie finden.
Verzweiflung überkam ihn. Nach all den Kämpfen gegen Drachenauge, Kazuki und den Shogun sprach zuletzt die Natur sein Todesurteil.
Er versuchte sich zu beruhigen und stellte sich vor, wie er zusammen mit Akiko auf dem Hiei gesessen und auf den ersten Sonnenaufgang des neuen Jahres gewartet hatte. Akiko hatte den Kopf an seine Schulter gelegt und ihr Lächeln war so strahlend schön gewesen wie der neue Morgen …
Kurz bevor er das Bewusstsein verlor, teilte sich plötzlich der Schnee über seinem Kopf.
»Ich habe ihn gefunden!«, rief Miyuki. Hastig vergrößerte sie das Loch, um ihn zu befreien.
Hayato und Neko eilten ihr zu Hilfe und schaufelten den Schnee mit den Händen weg.
In großen Zügen atmete Jack die frische Bergluft ein. Die Sterne über ihm schienen heller zu funkeln denn je. Benommen sah er sich um. Eine Wand aus Schnee und Eis türmte sich über ihm auf, die Lawine schnitt die Schlucht vollkommen von der Außenwelt ab. Zum Glück war er beim Abgang der Lawine bereits nahe am Ausgang der Schlucht gewesen.
»Unglaublich, dass ihr mich gefunden habt!«, sagte er und betrachtete ehrfürchtig die Schneemassen.
Hayato half
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