Samurai 6: Der Ring des Feuers (German Edition)
noch?« Saburo rutschte nervös auf seinem Hocker hin und her. »Ihr habt das Lager der Banditen doch bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Akuma stellt gewiss keine große Bedrohung mehr dar.«
»Jack ist in die Höhle des Löwen vorgedrungen und hat den Löwen aufgescheucht«, sagte Yori ängstlich und ließ eine Schnur mit Gebetsperlen durch die Finger gleiten.
»Aber die Banditen sind durch Hunger geschwächt«, wandte Saburo ein. »Und sie besitzen weder Munition noch Waffen.«
»Vielleicht«, meinte Jack. »Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass Akuma irgendwo noch eine Reserve versteckt hat.«
Jetzt, da er mit seinen beiden Freunden allein war, hatte er das Gefühl, offen über seine Ängste sprechen zu können.
»Seit ich Akuma mit eigenen Augen gesehen habe, sind meine Sorgen noch gewachsen. Man nennt ihn nicht umsonst den Schwarzen Mond. Er hat eine schwarze Seele. Bei der Folter dieses Bauern hat er keinerlei Mitleid oder Reue gezeigt. Er ist nicht nur grausam, er ist ein wahrer Teufel. Entweder wir besiegen ihn oder wir müssen uns auf das Schlimmste gefasst machen.«
38
Strohsoldaten
Die Feierstimmung der Dorfbewohner löste sich im kalten Licht des Morgens rasch auf und Angst und Sorge griffen erneut um sich. Den Bauern wurde klar, dass der Schwarze Mond schon in ein, zwei Tagen angreifen konnte. Jack bemerkte ihre wachsende Panik und schickte sie sofort an die Arbeit. Letzte Vorbereitungen mussten getroffen werden und sollten sie von dem bevorstehenden Überfall ablenken.
Die meisten Männer wurden zur Fertigstellung des Grabens gebraucht. Als sie nach einer Weile in ihrem Eifer nachließen, hatte Saburo eine gute Idee. Er teilte sie in zwei Gruppen unter seinem und Yuudais Befehl auf und ließ sie von den beiden Enden des unfertigen Abschnitts her um die Wette aufeinander zuarbeiten. Schon bald wetteiferten auch Saburo und Yuudai mit ihrem ganzen Stolz als Samurai miteinander und das ganze Dorf konnte hören, wie sie ihre Mannschaften anfeuerten.
Jack überprüfte derweil mit Yori die anderen Stellungen. Dank Miyukis heilenden Kräften hinkte er nicht mehr und Miyuki hatte ihm versprochen, dass er bis zum Kampf vollständig wiederhergestellt sein würde.
Sie besuchten zuerst die Barrikade im Norden. Verwirrt stellte Jack fest, dass sie von einer Gruppe Samurai bewacht wurde.
»Woher kommen die denn?«, fragte er.
Yori grinste nur.
»Wie konntet ihr sie überreden …«
Jack musste ein zweites Mal hinsehen, um zu erkennen, dass es sich bei den neuen Rekruten in Wirklichkeit um Strohpuppen handelte, denen man Helme übergestülpt und Brustpanzer angezogen hatte. Er betrat den Holzsteg, der über den Graben führte. Aus der Nähe sah man es deutlich, doch von weiter weg war der Eindruck täuschend echt gewesen.
»War das deine Idee?« Er trommelte mit den Fingern auf den Helm eines Strohsoldaten.
Yori nickte. »Kämpfen können sie natürlich nicht. Aber Akuma lässt sich hoffentlich täuschen und glaubt, wir hätten eine ganze Formation von Samurai angeworben! Außerdem sind sie ein prima Schutzschild gegen Musketenkugeln.«
»Das ist genial, Yori!«
»Ich habe nur etwas aufgegriffen, das Sensei Kano uns einst gelehrt hat«, erwiderte Yori bescheiden. »Man sieht nur das, was man zu sehen glaubt.«
Jack nickte. »Stimmt, ich habe mich täuschen lassen. Und den Banditen geht es bestimmt genauso.«
Sie gingen weiter Richtung Wald. Dort war bisher nichts zu sehen – mit Ausnahme von Miyukis einfacher Holzbarriere und Saburos mit Dornengestrüpp gefülltem Graben, der inzwischen quer durch den Weg schnitt.
Yori warf Jack einen beunruhigten Blick zu. »Hier könnte Akuma mehr oder weniger ungehindert eindringen.«
Jack lächelte wissend. »Nur mit den Augen sehen, heißt gar nicht sehen« , zitierte er einen weiteren Ausspruch Sensei Kanos. »Wenn du mit einem Ninja zu tun hast, solltest du vor allem das fürchten, was du nicht siehst!«
Sie überquerten die Reisfelder im Süden in Richtung Brücke. Plötzlich stellte Jack erschrocken fest, dass das Wasser auf den Feldern gefroren war.
»Wir haben die Felder zu früh geflutet!«, rief er.
»Das Eis ist bestimmt noch nicht allzu dick.« Yori hob einen Stein auf und warf ihn in die Luft. Er hüpfte und schlitterte über die harte Oberfläche.
»Hm … aber ich glaube nicht, dass es einen Menschen tragen würde.« Vorsichtig setzte er einen Fuß aufs Eis. Es knackte, hielt aber. Yori zog den anderen Fuß nach.
»So ein
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