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Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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krank.
    Draußen auf dem See trieb ein Kanu, aber es war so weit entfernt, dass
man nicht erkennen konnte, ob jemand darin saß. Wir waren bei der abendlichen
Katzenwäsche. Einige wuschen sich in der trüben Brühe, andere nicht. Zehn Meter
entfernt stand Ann und neben ihr Kerstin. Sie schauten zu dem Kanu, das sich
immer weiter entfernte. Ich watete zu den beiden hinaus. Es waren nicht mehr
viele am See. Bald mussten wir ins Bett. Die Sonne war noch nicht untergegangen,
aber wir mussten ins Bett. Eins wusste ich genau, wenn ich groß war, würde ich
nie vor der Sonne schlafen gehen.
    Kerstin und Ann sahen mich kommen.
    „Das Kanu da scheint verlassen zu sein“, sagte ich und nickte über den
See.
    „Man kann es nicht erkennen“, sagte Kerstin.
    „Danke für den Teller“, sagte Ann.
    „Du hast also gesehen, dass ich es war?“
    „Das haben doch alle gesehen.“
    „Die Betreuerinnen nicht.“
    „Die haben den Teller gesehen“, sagte sie.
    „Aber ich wollte nicht, dass du Ärger kriegst.“
    „Hab ich ja auch nicht, oder?“
    „Was hast du eigentlich zu ihr gesagt?“
    Ann sah Kerstin an. Kerstin sah mich an.
    „Wir würden es dir erzählen“, sagte Kerstin, „aber nur unter einer
Bedingung.“
    „Und die ist?“
    „Dass Ann auch das Schloss sehen darf.“
     
    5
     
    An diesem Abend war es zu spät, um irgendein Schloss zu besichtigen.
Wenn ich ehrlich sein soll, gab es eigentlich gar kein Schloss zu sehen. Es gab
den Plan, ein sehr schönes Schloss zu bauen. Es gab den Grundriss und einen
fast fertigen Wallgraben. Und außerdem gab es Wände, die aufwärts strebten,
aber noch nicht mal halb fertig waren. Manchmal zweifelte ich, ob wir es schaffen
würden, das Schloss vor Ende des Sommers fertig zu kriegen, aber ich traute
mich nicht, es jemandem zu sagen, nicht Klops, nicht Micke oder sonst jemandem
aus der Truppe.
    Und Kerstin oder Ann schon gar nicht. Was sollte ich sagen? Was
sollte ich mit ihnen machen? Warum hatte Kerstin Ann vom Schloss erzählt? Ich
hatte nicht gewagt, sie zu fragen. Vielleicht ging es um den Teller mit dem
ekligen Essen. Vielleicht war dies eine Chance, dass ich mein Versprechen nicht
einzulösen brauchte. Mädchen waren rätselhaft. Trotzdem war es ... tja, in
diesem Sommer interessierte ich mich plötzlich ein bisschen dafür, wie ein
Mädchen dachte. Und wie sie redete. Hätte jemand vor einem Jahr behauptet, ich
könnte mich mal für Mädchen interessieren, dann hätte ich gelacht. Oder
zugeschlagen, auf der Stelle.
    Schließlich war die Sonne dort draußen in der neuen Nacht
verschwunden. Im Schlafsaal gab es vier große Fenster, und alle spiegelten
denselben Himmel, der dunkler geworden war, aber nicht richtig schwarz. Ich
richtete mich auf und betrachtete den Mond. Es war kein Halbmond, eher wie eine
Scherbe. Wie ein Katana, das lange Schwert. Die Spitze richtete sich auf den
Wald. Auf das Schloss.
    Ich blieb im Bett sitzen. Janne murmelte wieder im Schlaf, aber ich
konnte es nicht verstehen. Irgendwas vom Meer. Sonst war es ganz still. Still.
Jetzt könnte ich denken, intensiv an nichts denken. Das war der Weg zur
totalen Selbstkontrolle. Und denken konnte man nur nachts, wenn niemand die
Stille störte, außer vielleicht ein Schlafwandler oder jemand, der im Traum
redete.
    Aber heute Nacht konnte ich nicht an nichts denken. Im Augenblick
konnte ich nur an Mädchen denken. Wie sie waren. Dann dachte ich daran, wie sie
wurden. Die Alte und die Betreuerinnen fielen mir ein. Wie dachte Kerstin über
sie, oder Ann? Es musste schrecklich sein. Erwachsen und so wie die zu werden.
Alles andere war besser.
    Ich dachte an Mutter. Sie ist auch einmal ein Mädchen gewesen. Das
war klar. Aber die Alte? Und die Betreuerinnen?
    Dann dachte ich daran, dass ich selber groß werden würde. Ich sehnte
mich danach und gleichzeitig erschreckte es mich. Wie würde ich werden? Und
wer? Ich hoffte, dass ich ich selber bleiben würde. Eins wusste ich sicher,
wenn ich erwachsen war, würde es nicht leicht sein, in diesem Land Samurai zu
bleiben. Dann lief ich Gefahr, dass man mich für verrückt hielt und in einer
Anstalt einsperrte. Für den Rest des Lebens ins Camp.
    Im letzten Sommer hatte ich den Sohn der Alten kennen gelernt. Er hieß
Christian, war achtzehn, neunzehn Jahre alt und ziemlich schweigsam. Wenn er
die Alte anschaute, hatte er ängstlich ausgesehen. Wenn er mich anschaute,
hatte er merkwürdig ausgesehen. In seinen Augen war etwas, das mir Angst
machte.
    Ich hatte ihn bei

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