Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
Vom Netzwerk:
Höret, was bei Hesekiel geschrieben steht: So spricht Gott der Herr: Seid ihr gekommen, mich zu befragen? So wahr ich lebe; ich will mich nicht von euch befragen lassen, spricht Gott der Herr.“
    „Legt Ihr die Heilige Schrift absichtlich so füchsisch aus, um mich zu verwirren? Oder befinde ich mich hier vielleicht zu Babel?“, entgegnete ihm Raymond, innerlich zitternd vor Wut. „Der Prophet hatte nicht Euch im Sinn, sondern Gott, der die Mächtigen erniedrigt und den Niedrigen seine Gnade gewährt. Das muss ich doch Eurer Heiligkeit nicht erzählen!“
    Die Spannung, die sich im Zelt auftat, war zum Schneiden dick. Alles schien den Atem anzuhalten. Amaurys herzförmiger Mund stand noch immer offen, als Hugo von Lacy, der erste Earl von Ulster, das Wort ergriff. Der untersetzte Ritter mit dem rotblonden Haar entstammte einem alten normannischen Adelsgeschlecht und war Montforts engster Vertrauter. Sein Verhandlungsgeschick war sprichwörtlich. „Wir bewundern Euren hohen Mut, Graf Raymond“, sagte er verbindlich, „dass Ihr trotz des ... unliebsamen Vorfalls in Carcassonne ...“
    „... uns endlich Eure Soldaten zur Verfügung stellt“, ergänzte ungeduldig Montfort, „auch wenn wir noch immer nicht in allen Fragen gleichen Geistes sind.“
    Hass stieg in Raymond auf. Hatte er Lacy richtig verstanden? Einen „unliebsamen Vorfall“ nannten sie die Ermordung seines Neffen? Er konnte es nicht fassen. Sie selbst hatten ihm doch den Schierlingsbecher gereicht! Alles in Raymond drängte, ihnen den ruchlosen Mord auf den Kopf zuzusagen, doch das brachte nichts. Er hatte seinen Rittern und den Capitouls seiner Stadt versprochen, Ruhe zu bewahren. Auch Pedro hatte ihn in jener Nacht, als sie bis in die frühen Morgenstunden hinein das Prozedere besprochen hatten, gewarnt: „Willst du wirklich wie ein Fisch im Netz deiner Feinde zappeln? Sei auf der Hut!“
    Der Tolosaner hob den Arm. „Ihr befindet Euch im Irrtum, Graf von Montfort. Ich werde kein weiteres Mal in Eurem Heer mitreiten, um Häretiker zu bekehren, wie Ihr Eure ... Schlachtereien bezeichnet. Zwang währt nicht lang und er macht auch keine Christen“, fuhr er mit bebender Stimme fort. „Ihr steht inzwischen vor Lavaur und damit auf meinem Grund und Boden. Wollt Ihr leugnen, dass Euch als nächstes Ziel Toulouse vor Augen steht? Ja, mein Toulouse! Wie infam ist es da, ja, wie niederträchtig, mir fünftausend Soldaten abzuverlangen, um mit ihnen gegen mich zu ziehen?“
    Montforts Gesicht war bei den Worten des Grafen rot angelaufen. Er trat einen Schritt vor, baute sich in voller Größe vor ihm auf, verwahrte sich gegen die Anschuldigung, schnarrte, bellte, drohte, sprach von Verrat, von Pflichtverletzung und Ehrverlust. Als der erste Zorn verraucht war, lenkte er wieder ein: „Ihr könntet großes Entgegenkommen und Gnade von uns und von Rom erwarten“, sagte er, „stelltet Ihr Euch nur endgültig auf unsere, die richtige Seite. Es geht um die Sache der Kirche, nicht um Euer Land. Liefert die Häretiker an uns aus, vertreibt sie aus Euren Städten und Dörfern - und Ihr sollt Euren Frieden haben.“
    Doch Raymond schüttelte den Kopf. „Noch einmal will ich es Euch nicht erklären, Graf von Montfort, dass Eure Forderungen inakzeptabel für mich sind. Ich befürworte die Häresie keinesfalls, wie es mir der Heilige Vater wiederholt vorwarf, aber ich will nicht zum Verräter meiner eigenen Leute werden. Ich fordere Euch daher auf, die Belagerung abzubrechen und mein Land zu verlassen – mein Land, in das Ihr widerrechtlich eingedrungen seid!“
    „Und was ist mit den Milizionären, die Ihr mitgebracht habt?“, versteifte sich Amaury zu sagen, hektische Flecken auf den Wangen.
    Der Tolosaner wies auf Montforts Schild. „ Hélas , in die Höhle des Löwen begibt man sich nicht ohne Schutz“, sagte er anzüglich. „Daran hätte auch mein Schwestersohn denken sollen.“
    „Habt acht auf Eure Worte!“, brüllte Montfort. „Der Tod Eures Neffen ist nicht uns anzulasten. Er hatte den Blutgang!“
    Hugo von Lacy fasste den Heerführer beim Arm, um ihn zu beruhigen, doch Montfort schüttelte den Freund ab. „Mit Euren unhaltbaren Vorwürfen und Unterstellungen bemäntelt Ihr doch nur Eure eigene Schlechtigkeit“, schrie er Raymond an.
    „Und was war mit den Leuten von Bram, Graf von Montfort?“, höhnte plötzlich einer von Raymonds Rittern aus der zweiten Reihe. „Macht Ihr auch in diesem Fall den Blutgang für Euer Vorgehen

Weitere Kostenlose Bücher