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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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rechtmäßige Vizegräfin von Carcassonne, also die Witwe des Trencavel, ist die jüngere Schwester meiner Mutter.“
    Jetzt war es an Olivier, die Augen aufzureißen. „Was? Der Trencavel war dein Oheim?“
    Damian nickte. „Nicht mein leiblicher. Aber ich bin im Palatium zu Carcassonne geboren, wo ich auch getauft wurde. Rechtgläubig natürlich“, ergänzte er rasch, jedoch mit einem gespielt gleichgültigen Schulterzucken. „Ich hasse dennoch wie du die Franzosen, die uns alles genommen haben“, fügte er hinzu. „Übrigens - ich kannte deinen Vater! Zog sich nicht eine Narbe quer über seine Wange und das Kinn?“
    Olivier strahlte. „Mit ganzem Herzen hat er dem Trencavel gedient. Und was ist mit deinem Vater?“
    Es raschelte im Gras. Eine gefleckte Eidechse gesellte sich zu ihnen. Doch als Damian die Hand nach ihr ausstrecken wollte, huschte sie davon. „Ich habe ihn kaum gekannt. Er war der Fürstbischof von Cahors. Über dem Eingangstor seines Wohnturms befand sich ein steinerner Drache. Ein Symbol für das Gefängnis der Seele, hat mir meine Mutter erzählt. Ich weiß nicht genau, was sie damit meinte. Ich glaube, sie hat ihn gehasst, meinen Vater. Er gilt als vermisst. Vielleicht ist er tot. Niemand weiß es. Besser habe ich seinen Diener gekannt, der auch verschwunden ist. Rashid. Ein Maure. Der war stark wie ein Bär und trug jeden Tag einen andersfarbigen seidenen Turban. Und an seinem Gürtel, da steckte ein mächtiges Krummschwert.“
    „Ein Ungläubiger als Diener eines Fürstbischofs? Flunkerst du vielleicht? Oder war der Mann gar Christ? Beherrschte er unsere Sprache?“
    „Aber ja, ja, er war Christ, und er sprach und verstand jedes Wort. Ich habe eine Zeitlang bei ihm gelebt, in einem anderen Donjon meines Vaters, weit abgelegen. Von dort aus konnte man das Meer sehen und riesige glitzernde Salzfelder. Rashid hat mir das Schachspiel beigebracht und einige Wörter seiner Heidensprache. Aber das ist lange her ... Heute vertritt Villaine, der ehemalige Spielmann des Trencavel, Vaterstelle an mir. Der ist lustig. Ich mag ihn. Und meine Mutter mag ihn auch.“ Damian kicherte und stupste Olivier mit dem Ellbogen in die Seite. „Willst du seine Lieblingssprüche hören?“
    Olivier nickte.
    „´Beim bärtigen Ganymed`, ruft er aus, wenn er empört ist, oder aber, er fasst sich ungläubig an den Kopf und sagt: ´Beim Loch ist die Kuh fett`!"
    Erneut prusteten die Novizen los.
    Dann wurde Olivier schlagartig ernst. "Lass uns verbrüdern, Damian!“, sagte er leise. „Wir wollen heimliche Faidits sein, mit dem Ziel, den schmachvollen Tod des Trencavel zu rächen.“
    Freudig erregt und ohne über die Konsequenzen nachzudenken, streckte Damian dem Freund die Hand zur frérèche entgegen. „Rache für Carcassonne!“
    „Und Rache für Termes!“, ergänzte Olivier, bereits auf dem Sprung hinaus aufs Feld, denn Bruder Angelo hatte nach ihnen gerufen.
    „Wie heißt unsere Losung? Rache! Rache! Rache !“, flüsterte Olivier dem Freund zu, als sie hintereinander jäteten. „Aber kein Sterbenswörtchen zu den anderen, hörst du?“
    „Beim bärtigen Ganymed, ich schwöre.“ Damian grinste. „Ich darf das - ich bin ja rechtgläubig!“

    Es lag nicht an der neuen Freundschaft und dem Faidit-Schwur, dass Damian misstrauisch wurde, als ihm der Novizenmeister eines Tages merkwürdige Fragen stellte. Damians Mutter hatte ihn auf einen solchen Fall vorbereitet und ihm zu einer List geraten. „Stelle Gegenfragen“, hatte sie gesagt, „so gut du es eben vermagst.“
    „Wie war das bei euch zuhause? Ist deine Mutter geschult an lateinischen Texten? Hat sie dich so frühzeitig angehalten, die Offenbarung des Johannes zu studieren?“, hatte Marcellus allzu freundlich gefragt – geschlagen hatte er ihn bislang nicht!
    „Die Offenbarung des Johannes? Stimmt es denn, ehrwürdiger Bruder Marcellus, dass es im Himmel Wesen gibt, mit Augen vorne und hinten? Das erste, so habe ich gelesen, soll einem Löwen gleichen. Bruder Paulus sagt, der Löwe bedeutet Krieg. Das zweite gleicht einem Stier, der jederzeit friedlich seine Arbeit verrichtet, das dritte Wesen jedoch, soll wie ein Mensch aussehen. Es versinnbildlicht die Gerechtigkeit - obwohl es dem Menschen eigentlich gerade daran mangelt, sagt Bruder Paulus, und das vierte ... das vierte ...“
    „Nun, das gleicht einem fliegenden Adler, der unseren Glauben über die ganze Welt verbreitet.“ Wieder lächelte Marcellus, wenngleich es kein
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