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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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küsste es. Dann kniete er nieder. „ Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst“ , murmelte er, worauf sich Amaury seiner Pflicht als Seelsorger besann, vor ihn hin trat und antwortete:
    „ ... wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist Gott uns treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von allen Untugenden.“

12.

    Sancha konnte nicht einschlafen, auch weil sie nicht wusste, ob es richtig war, dass Miraval sie und ihre Schwester nach Zaragoza begleitete. Zuerst war ihr trotz des Schreckens über die bevorstehende Belagerung von Toulouse ein freudiger Schauer über den Rücken gelaufen – doch dann hatte Leonora sie wieder so seltsam angesehen.
    Am meisten hatte Sancha jedoch der kleine Brief verunsichert, den ihr Miraval auf dem Weg in die Marienkirche heimlich zugesteckt hatte. Folgende Zeilen waren zum Vorschein gekommen:

    Ziehe, mein neues Liedlein, bevor es
    regnet, windet oder friert.
    Meine Dame prüft mich, sie will wissen,
    wie sehr ich sie liebe;
    und schon, um Ärger zu vermeiden,
    trage ich ihr Band ...

    Um Ärger zu vermeiden, trug er ihr Knieband? Wenn Miraval aufrichtig meinte, was er da schrieb, war es wohl besser, zukünftig Abstand zu ihm halten. Keine geheimen Botschaften mehr. Keine Zärtlichkeiten - und wenn es noch so kitzelte und reizte. In Zaragoza allemal ... Entdeckte Zibelda sie mit einem Liebhaber im Bett, bei Gott, sie würde ihr bis ans Ende ihrer Tage mit der Hölle drohen. Und Zibelda klopfte niemals an, sie platzte herein. Es war ihr Palast! Zumindest sah sie ihn als den ihren an. Pedro duldete die Eigenmächtigkeiten der alten Amme; der Königin jedoch passte diese Bevorzugung nicht - aber Marie fand an allem etwas auszusetzen.
    Ziehe, mein neues Liedlein, bevor es regnet, windet oder friert .. .
    Ziehe nach Zaragoza, bevor Montfort, der Schlächter, kommt?
    Besaß Miraval das Zweite Gesicht? Hatte er, als er diese Zeilen schrieb, einen Blick in die Zukunft getan?
    Ach, was war nur los in dieser Welt! Irgendetwas schien sich gegen Toulouse verschworen zu haben. Nicht nur Raymond, auch Roç tat ihr leid. Vor allem er. Er war noch so jung. Steckte voller Zukunftspläne ...
    „ Ziehe, mein neues Liedlein, bevor es regnet, windet oder friert ... “, flüsterte Sancha noch einmal und wälzte sich dann auf die andere Seite. Bald würde Petronilla klopfen, um sie zu wecken. Dann ging die wahrlich nicht ungefährliche Reise los. Nach dem Packen all der Bündel und Taschen, die mitzunehmen waren, hatte sich Sancha am Abend ein Herz gefasst und mit Leonora und Pastor Sola über die Kreuzerscheinungen gesprochen. Leonoras Beichtvater - was hatte sie von ihm erwartet – glaubte an einen Fingerzeig Gottes, eine letzte Aufforderung, die Katharer und die Juden aus der Stadt zu vertreiben, um Schlimmeres zu verhindern.
    Leonora hingegen war die Himmelsleiter eingefallen. Der junge Pater Jakobus müsse wie sein Namensvetter geträumt und diesen Traum für wahr gehalten haben. Das hatte sie aber nur gesagt, weil sie inzwischen wusste, dass Raymonds Nachforschungen nach dem „geharnischten Riesen“ so gut wie nichts ergeben hatten. Keine weiteren Augenzeugen. Keine Kunde von einem verletzten oder getöteten Wachsoldaten. Dafür viele verschossene Münder.
    Das einst so fröhliche und zugleich gottesfürchtige Toulouse - zwei Eigenschaften, die sich auch nach Pater Solas Meinung nicht ausschlossen -, die Stadt, die aufgrund einer hochheiligen Schwarzen Madonna und wertvoller Reliquien jährlich Tausende von Pilgern anzog, befand sich offenbar im Zustand der Angst und der Verwirrung. Doch wie hatten es Fulco und die Weißen Büßer angestellt, dass diese Kreuze erschienen? Oder tauchten sie wirklich ausschließlich in den Köpfen der Leute auf?
    Sancha seufzte. Zu gerne wäre sie hiergeblieben, um an der Aufklärung der merkwürdigen Angelegenheit mitzuwirken. Auch dass sie gerade jetzt gehen musste, wo Roç und sie vertrauter miteinander geworden waren, empfand sie als schmerzlich. Ob der Hof in Toulouse bei ihrer Rückkehr überhaupt noch existierte? Ob Raymond noch lebte? Ob Roç sie noch immer ... mochte? Rosaire, die sich wie keine zweite in den Hüften zu wiegen wusste, wie Petronilla meinte, blieb hier. Die Magd vom Hof zu verbannen, ließ Sanchas Stolz nicht zu.
    „Die Fäden sind gesponnen, meine Lieben“, waren die Abschiedsworte ihres Schwiegervaters gewesen, nachdem Leonora ihn ein letztes Mal angefleht hatte, in Toulouse

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