Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
diesem Marsch werden wir gegen den Kreuzzug ziehen, der die Länder des Toulousain verwüstet. Graf Raymond hat mich um Hilfe gerufen. Man zerstört sein Land. Man verbrennt es. Man tötet es – obwohl Raymond niemandem von seinen Angreifern ein Unrecht angetan hat. Er und sein Sohn sind die Gemahle meiner Schwestern. Sie sind meine engen Verwandten, und ich kann es nicht zulassen, dass sie so behandelt werden. Marschiert nun, meine Herren Ritter, gegen diese gekreuzten Banditen, die alles zerstören und wegnehmen, gegen diese Räuber unserer Länder!“
Pedro war seit April Witwer. Nach erneuten hässlichen Streitereien um das Erbe seiner Frau Marie – die Stadt Montpellier - hatte er ein weiteres Mal die Scheidung eingereicht. Als Grund gab er an, er hätte eine Affäre mit einer „nahen Verwandten“ Maries gehabt, worauf alles Volk rätselte, wer diese Frau gewesen sein könnte. Erbost war die Königin nach Rom aufgebrochen, um Einspruch einzulegen. Und wieder stellte sich Innozenz auf ihre Seite und verweigerte Pedro die Scheidung. Maries Freude über die Treue des Papstes ihr gegenüber, währte jedoch nur kurz. Als ob sie eine Todesahnung gehabt hätte, verfasste sie noch in Rom ihr Testament zugunsten ihres einzigen Sohnes Jakob. Kurz darauf starb sie unter ungeklärten Umständen, wie es offiziell hieß. Wen wundert es, dass Maries plötzlicher Tod Anlass zu Gerüchten gab? Sie sei vergiftet worden, hieß es, und jene „nahe Verwandte“ könne eigentlich nur Alix von Rocaberti gewesen sein, die älteste ihrer Stiefschwestern. Wie eine Katze leckte vor allem Arnaud Amaury am Topf der größtenteils von ihm selbst ausgestreuten Fama, denn die Biene war von Innozenz zu Maries Anwalt und Vermögensverwalter bestimmt worden.
Pedros „Affäre“ blieb aber auch Simon von Montfort nicht verborgen ...
Montfort hatte sein Lager vor dem einzigen Flussübergang aufschlagen lassen – vor der von ihm neu errichteten Brücke -, um hier auf seine Verstärkung zu warten. Weil es auf dem Weg dorthin in Strömen goss und die Straßen aufgeweicht und schlammig waren, machte er unterwegs Rast in der halb verwüsteten Abtei Boulbonne. Dort weihte er Gott sein Schwert, setzte sein Testament auf und legte die Beichte ab. Nach dem Segen drückte er Maurin, dem Sakristan, ein Pergament in die Hand. „Lest“, forderte er ihn mit ernster Miene auf, „meine Späher haben diesen Brief abgefangen.“ Der Brief trug das Siegel des Königs von Aragón und war an eine adlige Dame aus Toulouse gerichtet.
Mit spitzen Fingern gab der Sakristan das Schreiben zurück, nachdem er es gelesen hatte. „Was wollt Ihr mir damit sagen, Graf von Montfort?“
„Was ich damit sagen will? Gott möge mir in demselben Maße helfen, wie ich den nicht fürchte, der zuallererst um eines Weiberrockes willen in dieses Land kommt. Ihr sollt mein Zeuge sein, dass ich vor der großen Schlacht, der Entscheidungsschlacht, diesen Brief in Händen hielt!“
Am Abend des 11. September 1213 traf er im Heerlager ein, wo ihn Dominikus von Guzmán, der Subprior von Osma, erwartete, ein allseits geachteter Prediger gegen die Katharer. An seiner Seite Bischof Fulco von Toulouse, der Bischof von Comminges und weitere hochrangige Kirchenvertreter. Die Biene hatte sich krank gemeldet.
Gemeinsam ritten sie nach Muret hinein, um sich vom Donjon aus - die Burg lag auf einer Art Insel zwischen der Garonne und einem kleinen Nebenfluss namens Louge – einen Überblick über das feindliche Heer zu verschaffen. Ein mächtiges Summen und Brummen lag in der Luft, als sie ans Fenster traten. Die Aragónesen und Okzitanier hatten ihr Lager am Rande der Ebene aufgeschlagen, auf einer der Stadt gegenüberliegenden Anhöhe, und sie waren gewaltig in der Überzahl. Die Schätzungen bewegten sich zwischen zwanzig- und vierzigtausend Mann.
Montfort presste die Lippen aufeinander. Obwohl er einen raffinierten Plan ausgearbeitet hatte, begann er erstmals an dessen Umsetzung zu zweifeln.
„Bei der Heiligen Jungfrau! Die Hölle wird nicht ausreichen, um all die Katharerfreunde aufzunehmen“, hörte er Fulco Zuversicht verbreiten. Die anderen bekreuzigten sich. Einige sahen betreten zu Boden. Einzig Dominikus, der Subprior von Osma, warf ihm, Montfort, einen forschenden Blick zu.
Im Morgengrauen des nächsten Tages suchte Montfort die Burgkapelle auf. Danach begab er sich mit seinen Rittern in die Vorstadt, um sich erneut mit den Prälaten zu beraten.
Die aufgeregten und
Weitere Kostenlose Bücher