Sanctum
Krallen, die er sich selbst in die Schulter schlug, fanden nichts.
Jean fand den Anblick der sich verformenden Kreatur abstoßend … gleichzeitig aber genoss er es auf eine nie gekannte Weise, dem Comte Schmerzen zuzufügen. »Oh, wie ich dich leiden lassen werde«, sagte er und schoss ihm mit der Pistole ins andere Bein. Dann warf er auch sie weg und zog die letzte. »Für alle, die du und deinesgleichen ins Unglück gestürzt haben. Für Antoine und für Pierre.«
Der Comte kreischte und fletschte die Zähne. »Das Kind …«, heulte er.
»Monsieur!« Durch den Eingang kroch – Judith! Ihre Bluse hing zerfetzt von ihrem Oberkörper, sie blutete aus einer tiefen Wunde in der rechten Seite; es sah nach einem heftigen Biss aus. In ihrer Linken hielt sie ihre Pistole, sie stöhnte und robbte näher an den Comte heran. »Monsieur, er lauerte … überraschte mich.« Sie setzte sich gegen die Tür und hob die Mündung.
Jean war erleichtert, dass sie noch lebte. »Wird es gehen?«
»Ja, Monsieur.«
Er wandte sich dem Comte zu. »Ich werde das Kind finden, Bestie. Ich bin Wildhüter und weiß, wie man einen Wald durchsucht. Und ich werde nicht allein sein.« Er hob die Pistole und feuerte die Kugel in die andere Schulter, das Silber fuhr durch das Gelenk und zerschlug es; nutzlos hing der linke Arm des Comtes herab. »Aber ich lasse dir die Gelegenheit, mir zu sagen, wo ich es finde. Vielleicht beeile ich mich dann mit deinem Tod.« Er kniete sich neben ihn, zog seinen Silberdolch und schnitt dem Comte quer über die Brust. »Schrei für mich!«
Die Bestie heulte auf, schnappte nach Jean und erhielt einen Schnitt quer über die Schnauze. Mit einem Jaulen zog sie den Kopf zurück und rutschte auf den Ausgang zu, als würde vor der Tür die Rettung warten. »Lass mich gehen, Chastel«, jaulte sie. »Du brauchst mich, um das Kind zu finden.«
»Unsinn.«
»Nein, ist es nicht. Antoines alte Hundemeute, sie passt auf es auf. Mich kennt Surtout, aber dich werden er und das Rudel zerfleischen«, hechelte der Comte und schleppte sich immer weiter, bis er mit dem Kopf gegen die Tür stieß und genau neben Judith lag; sein Blut hatte eine breite tiefrote Bahn auf dem Boden hinterlassen. Judith rutschte von ihm weg und richtete die Pistole gegen seinen Kopf.
»Eine kleine Bestie wird von wilden Hunden aufgezogen, Chastel. Ist das nicht herrlich?«
Jean erinnerte sich sehr genau an den kalbgroßen Mastiff, der seinem Sohn gehorcht hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Hund und die übrigen aus Antoines Züchtung noch lebten. »Ich habe keine Angst vor ihnen.« Er stach die Klinge in die fellbesetzte Brust. »Du wirst es mir nicht verraten?«
»So nicht, Chastel!«, schrie der Comte und versuchte, mit dem rechten Arm nach ihm zu schlagen.
Jean blockte den Angriff mit seinem Stiefel ab und trat mit der Sohle auf die Finger. Knackend brachen die Knochen. »Dann werde ich dich jetzt töten, Bestie.« Er zerrte den Körper vom Portal fort. »Der Mond soll zusehen, wie du durch meine Hände vergehst.«
Schwungvoll öffnete er die hohen, breiten Flügel ganz, schleifte den Comte auf die Stufen – da traf ihn ein Schlag, der seinen ganzen Körper lähmte.
Keuchend sank er neben dem Comte auf die Knie, zog den Silberdolch aus dessen Brust und stach wild um sich, um den zweiten Angreifer zu treffen. »Judith, hier ist noch einer!«
Die Schneide zischte durch die Luft, Blutstropfen spritzten von ihr auf die Steine und gegen die Tür, aber die Klinge traf niemanden.
Jean sah seine Umgebung lediglich verschwommen, der Hieb gegen den Schädel – seinen ganzen Körper – hatte ihn benommen gemacht; doch so sehr er sich umschaute, er entdeckte nichts.
Wieder wurde er angegriffen.
Dieses Mal stach ihn jemand mit einem glühenden Eisenstab durch den Kopf, füllte seine Adern mit heißem Wasser und spülte jeden klaren Gedanken aus seinem Verstand.
»Monsieur, was ist mit Euch?«, hörte er Judiths aufgeregte Stimme. »Wartet, ich bin gleich bei Euch!«
Jeans Sicht schwand vollends, doch er hörte das widerliche Gelächter des Comtes. »Sei still, Bestie«, schrie Jean außer sich und warf sich blind auf ihn, den Dolch in der Faust. Sie rollten die Treppe des Schlosses herab, Jean stach dabei rasend schnell auf den Körper unter sich, bis die Klinge mit einem singenden Geräusch in einem Knochen stecken blieb und abbrach.
Sie kamen am Fuß der Stufen zum Liegen. Der Comte glitt aus seinem Griff, schaffte es wie mit
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