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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Schritt zurückzog und die Steinstufen hinunterlief.
    Immerhin: Die Reaktion zeigte Jean, dass der Mann nervös war. Demnach rechnete er mit einem Angriff, aus welchen Gründen auch immer. Doch vor wem fürchtete er sich: dem Comte, dem schwarzen Panter … oder vor einer dritten Partei?
    Als er um die Ecke ging, wartete Judith bereits auf ihn. »Er hat Euch nachgesehen«, berichtete sie, »und danach gleich die Vorhänge zugezogen, damit man ihn nicht mehr beobachten kann.«
    »Betrachte mein Missgeschick als Lehre«, sagte er missmutig. »Ich hätte vorsichtiger sein müssen, um genau das zu verhindern, was geschehen ist. Von jetzt an wird er aufmerksamer denn je sein.«
    »Aber er rechnet damit, Männer als Feinde zu haben, oder etwa nicht?« Judith lächelte wieder. »Einer Seraph kann man nicht davonlaufen.« Sie sah unvermittelt an ihm vorbei. »Vorsicht, Monsieur, er verlässt das Haus.« Sie ging an ihm vorbei und folgte dem Mann.
    Jean wandte sich um. Bernini hatte sich seinen Gehrock übergeworfen, ohne ihn zu richten; auf der Höhe des Steißbeins beulte sich der Schoß merkwürdig aus, und Jean vermutete, dass er dort seine Pistole trug.
    Wenn du gehst, schaue ich nach, was du gelesen hast, dachte er und umrundete das Haus, so weit es ihm die Straße erlaubte. Er betrat den Hinterhof, über dem die Vielzahl der Wäscheleinen und der Kleidung daran einen eigenen, äußerst farbigen Himmel bildete.
    Jean erkannte den Weg, der sich ihm anbot. Er erklomm ein Fass, von dort ging es über das Sims in den ersten Stock auf einen kleinen Balkon. Mit einem raschen Satz schwang er sich darauf und betrat durch die offene Tür das leere Zimmer dahinter. Bernini war offensichtlich vermögend, wie die teure Einrichtung zeigte. Wahrscheinlich gehörte ihm das ganze Haus. Jean durchsuchte die sieben aufgeräumten Zimmer der Etage. Die Treppe nach unten in den Flur mied er, da von dort gelegentlich Geräusche erklangen. Er vermutete, dass sich dort die Bediensteten aufhielten.
    In dem Raum mit dem Schreibtisch fand er Schränke, in denen sich Gläser und Weinflaschen befanden. Auf dem Tisch entdeckte er kleine schwarze Krümel, Schwarzpulver, das beim Laden der Pistole herabgefallen war. Das Buch, in dem Bernini gelesen hatte, trug einen Titel, den er nicht richtig verstand, weil er Latein und Italienisch mischte. Wenigstens halfen ihm die Abbildungen und die Unterschriften, die er inzwischen einigermaßen verstand, weiter.
    Zu sehen waren Holzschnitte und Zeichnungen von verschiedenen Wandelwesen, darunter auch einige der Bestie vom Gevaudan, andere aus unbekannten Städten und Plätzen der Welt und aus verschiedenen Jahrhunderten. Eine Seite war besonders verknickt, und auf ihr fand sich Schwarzpulver. Das war die Stelle, die der Mann vor seinem Aufbruch gelesen hatte. Jean betrachtete das Wesen, das ein Zeichner nach Augenzeugenschilderungen und eigener Vorstellungskraft zu Papier gebracht hatte: eine große schwarze Raubkatze, die sich auf einem Baum zusammengerollt hatte und an einem Menschenkadaver nagte; darunter stand Panthera pardus und Der König der Wildnis ist ein guter Kletterer.
    Neben dem Buch lag eine Holzschatulle, die mit einem kleinen Schloss gesichert war. Jean hebelte sie mühelos auf – und fand einige Kugeln, die eindeutig silbern glänzten. Also waren er und die Seraphim nicht die Einzigen, die wussten, wie man sich gegen ein Werwesen verteidigte. Wenigstens einer der Freunde des Comtes hatte sich vorbereitet und war fest entschlossen, den Panter zu vernichten.
    »Bambini, cos’ é questo chiasso? Mi volete spaventare a morte?« Auf dem Gang hörte er das Lärmen von Kindern, eine Frau lachte und sagte immer wieder etwas, von dem er annahm, dass sie damit den Nachwuchs zur Ordnung rief. Mit ihnen hatte er gar nicht gerechnet.
    Vorsichtig schaute er aus der Tür und sah, dass zwei der Kinder, ein Mädchen und ein Junge um die fünf Jahre, am Treppenabsatz mit Puppen spielten. Die Mutter verschwand eben mit den beiden Kleineren in der Tür und rief den Namen eines Mannes. Sie war wohl auf der Suche nach ihrem Gatten, der das Haus verlassen hatte, ohne sich vorher abzumelden.
    Jean verließ das Arbeitszimmer und wollte wieder über den Balkon verschwinden, blieb aber wie angewurzelt auf der Schwelle stehen. Eine Dienerin schloss eben das Fenster und wandte sich zu ihm um; geistesgegenwärtig zog Jean sein Halstuch vor Mund und Nase. Jetzt half nur noch schnelle Flucht.
    Er durchquerte den Flur, ohne

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