Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
Filippo Endrizzi an.
Es ließ ihm keine Ruhe. Natürlich, Kardinal Gutenberg
lag hier in der Gemelli-Klinik in der Zimmerflucht des Papstes und er wurde von
Endrizzi und Ispettore Russo bewacht und dennoch …
»Ich sagte doch schon, dass alles in Ordnung ist,
Commissario.« In Endrizzis Stimme schwang Ungeduld mit. »Niemand hat Kardinal
Gutenbergs Zimmer betreten, außer Schwestern, Pflegern und Ärzten. Schließlich
sitzen Ispettore Russo und ich direkt vor der Tür seines Krankenzimmers.«
Leichter Schwindel übermannte Bariello, als er sich
mit seinem Handy am Ohr auf die Kante seines Krankenbettes setzte. Er nickte
dem Phantombildzeichner der Polizia di Stato zu, der nach seinen Angaben das
Gesicht des Mannes, von dem er angeschossen worden war, rekonstruiert hatte und
jetzt zur Tür hinausging, um es Marisa zu faxen.
»Ist Gutenberg inzwischen aufgewacht, Endrizzi?«
»Nein, Commissario. Die lassen das künstliche Koma
erst allmählich ausklingen. Aber es kann nicht mehr lange dauern, bis er
aufwacht und das Beatmungsgerät entfernt wird.«
»Da werde ich dabei sein.« Das Zimmer schien sich zu
drehen, als sich Bariello auf die Füße stellte und auf den sauberen Anzug
blickte, den einer der Kollegen vorbei gebracht hatte.
»Sie sollten sich ausruhen, Commissario.«
»Ich bin gleich bei Ihnen, Endrizzi.«
*
Der
ist verrückt, dachte Endrizzi,
während er sein Handy einsteckte. Er gähnte. Die Stille auf dem Flur in der
Zimmerflucht des Papstes machte ihm zu schaffen, ließ ihn die quälende
Langeweile spüren.
Auf dem Stuhl neben ihm lag sein Funkgerät. Er war
allein. Ispettore Marco Russo war zur Toilette.
»Halt, warten Sie!« Er stand auf und
ging zu dem Krankenpfleger, der in diesem Augenblick Kardinal Gutenbergs Zimmer
betreten wollte. »Zeigen Sie mir erst Ihren Ausweis. Das ist Pflicht für jeden,
den ich noch nicht kenne.«
*
Wo
bin ich?
Das Fenster zur Welt öffnete sich nur kurz, zeigte
Kardinal Gutenberg ein verschwommenes Bild, eine weißgetünchte Zimmerdecke und
davor einen Schatten. Es war kein Mensch, kein Engel, nur ein Schatten ohne
Gesicht.
Kardinal Gutenbergs Hirn war leer, so als hätte jemand
seine Erinnerungen weggeschüttet. Wo war er? Was war geschehen? Und warum lag
er auf dem Rücken, so weich, als wäre er auf Wolken gebettet? Und warum war er
so unsäglich müde? Nahezu unmöglich, die Augen aufzuhalten.
Es roch nach Desinfektionsmitteln. Das Piepsen, so
langsam, so regelmäßig, das kannte er. Ein Herzmonitor. Warum wusste er das, wo
er doch sonst nichts wusste?
Seine Finger ertasteten Stoff. Er ließ sich
eindrücken.
Eine Matratze. Warum liege ich im Bett? Ich muss
fliehen. Dieser Gedanke drehte sich
in seinem Hirn wie ein Karussell. Ich muss fliehen. Born darf mich nicht
kriegen.
Das Bild wurde klarer.
Der Schatten, der weder Mensch noch Engel zu sein
schien, beugte sich über ihn, ließ in seiner Gesichtslosigkeit zwei Augen
erkennen, die Gutenberg kannte, aber nicht zuordnen konnte, eine halbseidene
Erinnerung, ein Gedanke, der seinen Körper in Panik versetzte, sein Herz rasen,
den Monitor in wildem Tempo piepsen ließ.
Entsetzt versuchte er, sich zu bewegen, aber es ging
nicht, versuchte zu sprechen, aber es ging nicht, versuchte zu atmen, doch sein
Brustkorb hob und senkte sich von allein, untermalt von abwechselndem Schnaufen
und Saugen.
Etwas steckte in seinem Hals, etwas, das seine Lunge
aufpumpte und wieder absaugte, als sei sie ein Blasebalg, etwas, das ihn ohne
sein Zutun zum Atmen zwang. Sein Körper bäumte sich auf, wollte dieses Ding
loswerden. Sein Magen hob sich, erzeugte einen Brechreiz, ließ ihn würgen.
Fliehen! Born darf mich nicht kriegen.
Der Schatten benetzte sein Gesicht mit seinem Atem.
Aber der Tod atmet doch nicht.
Und dennoch war es der Tod. Er wusste es.
»Waffe runter! Sofort!«, brüllte eine Männerstimme.
Der Schatten wich zurück. »Waffe? Welche Waffe, Ispettore?
Das ist Verbandsmull«, sagte er mit einer Stimme wie in Gutenbergs Albträumen,
einem Klang, der Gutenbergs Körper noch panischer gegen die künstliche Beatmung
ankämpfen ließ.
Weg hier!, schrie
alles in ihm. Fliehen!
»Weg von dem Bett und die Hände hoch!« Die Worte der
Männerstimme waren wie Peitschenhiebe. »Und ja keine falsche Bewegung! Sonst
schieße ich.«
Gutenberg beruhigte sich, als der Schatten sich
zögerlich entfernte. Langsam entschwand er aus seinem Blickfeld.
»Da rüber zur Wand! Und den Verbandsmull mit der Waffe
fallen
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