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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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noch immer ein Loch im Lifestyle; also ruf sie an, und erklär ihr, dass jemand anders die Story weitermachen wird, okay?«
    »Ich rufe sie direkt an. Sonst noch was?«
    »Nein, das wär’s. Pass einfach auf dich auf ... und mach dir viele Notizen.«
    Liv lächelte.
    »Ich passe immer auf«, sagte sie und legte auf.
    *
    Rawls klappte sein Handy zu und schloss die Vordertür. Er war spät dran. Er musste zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung ins Rathaus, und er wollte endlich den Kerl kennenlernen, auf den jeder bei der nächsten Bürgermeisterwahl setzte. Es machte sich stets bezahlt, den nächsten König zu kennen. Rawls setzte sich ans Lenkrad seines Mustangs und wollte gerade den Zündschlüssel drehen, als er ein Klopfen am Fenster hörte. Er drehte sich um und sah eine Waffe auf sich gerichtet. Der Mann, dem sie gehörte, winkte ihm, das Fenster herunterzulassen. Er trug eine rote Windjacke und hatte einen Bart, der in seinem jungen, schmalen Gesicht fehl am Platz wirkte.
    Rawls hob die Hände und tat, wie ihm geheißen. Als das Fenster halb unten war, wurde eine große Flasche Mineralwasser in die Öffnung geschoben. »Halten Sie die«, sagte der Mann mit der Pistole. Rawls nahm sie. »Was wollen Sie?« Er bemerkte einen komischen Geruch, der von der Flasche ausging – die enthielt kein Wasser!
    »Ich will Ihr Schweigen«, erwiderte der Mann und feuerte die Leuchtpistole ab. Das brennende Geschoss schlug durch die Terpentinflasche und in Rawls Bakers Brust.

K APITEL 91
    Bonnies Anrufbeantworter sprang an, als Liv durch den großen Torbogen auf den Platz mit der öffentlichen Kirche ging. Sie hörte zu, wie die höfliche Vorstadtstimme sie bat, eine Nachricht zu hinterlassen, während sie sich gleichzeitig der gewaltigen gotischen Fassade der Kirche gegenübersah – eine surreale Erfahrung.
    »Hey Bonnie«, sagte Liv und überquerte gemeinsam mit den Touristenhorden den Platz. »Ich bin’s. Liv Adamsen vom New Jersey Inquirer . Hören Sie zu, ich hoffe, mit Ihnen, Myron und den Zwillingen ist alles in Ordnung, und es tut mir wirklich, wirklich leid, Sie so zu überfallen, aber ich musste für ein paar Tage aus der Stadt. Wir wollen Ihre Story aber trotzdem haben; also wird sich schon bald jemand bei Ihnen melden und da weitermachen, wo ich aufgehört habe. Ich weiß, dass sie die Story noch immer für die Wochenendausgabe haben wollen, wenn das okay für Sie ist. Ich rufe Sie an, sobald ich wieder in der Stadt bin. Passen Sie auf sich auf.« Liv legte auf und ging durch das zweite Tor.
    Sie trat aus den Schatten, blinzelte im Licht ... und blieb stehen. Dort vor ihr erhob sich die Zitadelle wie eine Wand aus Finsternis. Sie aus dieser Nähe zu sehen war Furcht erregend und Ehrfurcht gebietend zugleich. Livs Blick wanderte zum Gipfel und dann langsam wieder hinunter. Sie folgte dem Sturz ihres Bruders. Als ihr Blick den Boden erreichte, sah sie eine große Menschenmenge an einer niedrigen Steinmauer. Eine von ihnen, eine Frau mit langem blondem Haar und langem Kleid, hatte die Arme ausgebreitet. Der Anblick jagte Liv Schauder über den Rücken. Einen furchtbaren Augenblick lang sah sie dort den Geist ihres Bruders stehen. Die Touristen drängten sich grob an ihr vorbei und rückten näher an die Gruppe heran. Plötzlich sah Liv etwas Buntes inmitten der Gruppe aufblitzen. Es war ein Blumenmeer, von Fremden dort abgelegt, ein stummer Tribut an den Mann, der vom Gipfel herabgesprungen war. Liv ließ ihren Blick über die Blumen wandern und deutete deren verborgene Botschaften anhand der Farben und Formen: gelbe Narzissen als Zeichen des Respekts, dunkelrote Rosen als Zeichen der Trauer, Rosmarin zur Erinnerung und Schneeglöckchen als Symbol der Hoffnung. Auch Karten hatten die Menschen geschrieben. Liv kniete sich hin und nahm eine von ihnen in die Hand, und erneut schauderte sie trotz der Wärme des Frühlingstages. Zwei Worte waren dort zu lesen ›Mala Märtyrer‹ und darüber stand ein großes ›T‹.
    »Miss Adamsen?«
    Liv riss den Kopf herum und schreckte instinktiv vor der Stimme zurück, während sie nach dem Gesicht dazu suchte.
    Über ihr stand eine stylish gekleidete Frau Mitte fünfzig in einem grauen Nadelstreifenkostüm, das nur wenige Stufen dunkler war als ihr exakt geschnittenes Haar. Die Frau schaute von Liv zu den Blumen.
    »Dr. Anata?«, fragte Liv und stand auf, um die Frau zu begrüßen. Die Frau drehte sich wieder zu ihr um, lächelte und streckte die Hand aus. Liv schüttelte sie.

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