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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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einen Fuß vor den anderen, wohl wissend, dass irgendwo in der Dunkelheit hinter ihm ein Mann mit einer Waffe stand, der im Dunkeln sehen konnte.
    Sein Herzschlag gab das Tempo vor, als er durch den finsteren Gang in Richtung Ausgang eilte, den Blick stur auf den Leuchtfaden gerichtet. In Gedanken war er so sehr auf das fixiert, was hinter ihm geschah, dass er das Licht zunächst gar nicht sah, das auf ihn zukam.
    Erst am Ende des Gangs bemerkte er es, und da hatte es ihn schon fast erreicht. Athanasius erstarrte.
    Keine Zeit mehr, sich zu verstecken.
    Und kein Versteck.
    Athanasius konnte nichts anderes tun, als stehen zu bleiben und darauf zu warten, dass das Licht um die Ecke kam. Es war Vater Malachi, der ohne Zweifel den Inhalt des Verbotenen Gewölbes überprüfen wollte.
    Athanasius hob schon die Hände, um sich zu ergeben. Er rechnete jeden Augenblick damit, dass der Bibliothekar den Kopf heben und ihn entsetzt anstarren würde. Doch nichts dergleichen geschah. Vater Malachi schaute stur zu Boden; er war tief in Gedanken versunken. Schließlich verschwand er in dem Gang, aus dem Athanasius gerade erst entkommen war, und nicht ein einziges Mal blickte er dabei in Richtung des Flüchtigen.
    Kurz starrte Athanasius ihm benommen hinterher. Er konnte kaum fassen, dass er noch einmal davongekommen war.
    Und dann drehte er sich um und lief los.

K APITEL 108
    Liv starrte auf das stilisierte Bild eines Baums. Einen langen Augenblick lang war das Flackern des Fernsehers in der Ecke die einzige Bewegung und das Murmeln des Nachrichtensprechers das einzige Geräusch. Schließlich war es Kathryn, die das Schweigen brach.
    »Wir brauchen diese Apfelkerne«, sagte sie. »Wir müssen sie analysieren.«
    Gabriel stand auf und reckte sich. Er bereitete sich schon wieder darauf vor loszulegen und arbeitete in Gedanken bereits an einem Plan. »Sie sind in der Akte nicht erwähnt; also weiß die Zitadelle vielleicht noch nichts davon. Damit hätten wir zumindest einen Vorsprung.« Er ging zum Fenster und schaute über die Kisten hinweg zum Hangartor. »Entweder sind sie im Beweismittelraum oder noch im Labor. Das ist ein Problem. Nach dem, was in der Leichenhalle passiert ist, haben sie vermutlich die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt.«
    »Ich könnte sie besorgen«, sagte Liv. »Ich könnte Arkadian anrufen. Ich könnte ihm sagen, dass ich glaube, die Zeichen entschlüsselt zu haben, aber um sicher zu sein, müsste ich die Originale sehen. Wenn ich sie dann habe, lasse ich einen zu Boden fallen, um ihn abzulenken, und wenn ich mich bücke, tausche ich ihn gegen einen anderen aus.« Sie blickte zu Gabriel. »Sie brauchen doch nur einen, oder?«
    Kurz schaute Gabriel sie besorgt an. Dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht.
    »Ja«, antwortete Oscar für ihn. »Wir brauchen nur einen. Sie müssen zu unserer Eva werden und die verbotene Frucht für uns holen. Und wenn diese Kerne sich tatsächlich als das erweisen sollten, was wir glauben, dann stellen Sie sich doch nur einmal vor, was wir an Gutem damit tun könnten.«
    Livs Gedanken überschlugen sich. Was Oscar da implizierte, war schier unglaublich, und ihr kam ein besorgniserregender Gedanke. »Aber wenn diese Kerne tatsächlich vom ...«, sie brachte es kaum über die Lippen, »... vom Baum der Erkenntnis stammen, dann ist es doch sicher keine gute Idee, mit ihnen ... äh ... herumzuspielen.«
    Oscar ließ sich das Lächeln nicht verderben. »Warum?«
    »Nun«, antwortete Liv. »Schauen Sie sich doch nur mal an, was das letzte Mal passiert ist.«
    »Sie meinen den Sündenfall? Von wegen, wir seien aus dem Garten Eden vertrieben worden und müssten seitdem ein Leben voller Leiden leben?«
    Liv nickte. »Ja, genau.«
    Oscars Lächeln wich einem trockenen Lachen.
    »Und wo haben Sie all das gelesen?«, fragte er.
    Liv dachte darüber nach und verstand sofort, worauf er hinauswollte. Natürlich. Sie hatte das in der Bibel gelesen, die von den Männern im Berg zusammengestellt worden war, und zwar anhand von Quellenmaterial, das niemand je zu Gesicht bekommen hatte. So eine Story war einfach perfekt, um die Menschen davon abzuhalten, nach Wissen zu streben.
    »Wir wissen, dass es etwas in der Zitadelle gibt«, fuhr Oscar fort. »Etwas ... Übernatürliches. Etwas, das so stark ist, dass man seine Heilkraft selbst außerhalb des Bergs noch spüren kann. Kein Wunder, dass die Mönche es so lange bewacht haben. Diesem ... Ding so nahe zu sein, muss überwältigend sein. Da

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