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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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von Norden her näherte. Dann ging er in den Horizontalflug über und kämpfte gegen die Aufwinde von den Gipfeln, bis er endlich über der riesigen Talschüssel war, mit dem dunklen Fleck in der Mitte. Gabriel gab einen Kurs in den Autopiloten ein, der das Flugzeug direkt über die Zitadelle und weiter bis zur Küste führen würde. Die Maschine hatte für circa fünfundvierzig Minuten Treibstoff. Das reichte, um die Maschine vor dem Absturz übers Meer zu bringen.
    Ein letztes Mal überprüfte Gabriel die Kursangabe; dann schaltete er den Autopiloten ein und nahm die Hände vom Steuerknüppel. Er ließ den Autopiloten ein paar Minuten fliegen und beobachtete dabei, wie der dunkle Fleck immer größer wurde und schließlich unter der Nase des Flugzeugs verschwand. Zufrieden, dass der Autopilot funktionierte, schnallte Gabriel sich ab, stand auf und ging in den Laderaum, um sich vorzubereiten.

K APITEL 132
    Cornelius trat über die steinerne Schwelle und in die Kapelle des Sakraments.
    Nach der glühenden Helligkeit in der Schmiede war es hier geradezu finster, und eine unnatürliche Dunkelheit schien an dem zu kleben, was auch immer sie verbarg. Die wenigen Kerzen, die an der Tür flackerten, reichten kaum aus, um das Regal zu erhellen, auf dem sie standen, und fast wären sie sogar verloschen, als der Sanctus-Wächter an ihnen vorbeitrat und zum anderen Ende des Raums ging. Cornelius ließ seinen Blick durch die Dunkelheit schweifen und sah etwas in der Mitte der Kapelle liegen. Der Wächter blieb daneben stehen und legte die Frau neben dem Etwas ab. Es war die Leiche von Bruder Samuel, die in Form eines Tau dalag. Seine Füße deuteten zum dunklen Ende des Raums, die Arme waren seitlich ausgestreckt.
    Der Wächter bückte sich, packte Samuel an den Armen und zog ihn zur Wand, wo er ihn einfach fallen ließ; dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Frau. Er drehte ihre Füße so, dass sie zum finsteren Ende zeigten, und breitete ihre Arme aus, bis sie genauso dalag wie gerade noch ihr Bruder.
    »Danke, Septus«, sagte der Abt. »Du darfst jetzt gehen. Aber bleib in der Nähe.«
    Der Mönch nickte, und die Kerzen flackerten erneut, als er aus der Kapelle eilte.
    Der Abt nahm Cornelius am Arm und zog ihn vorwärts. »Komm näher«, sagt er.
    Und Cornelius ließ sich von ihm führen, den Blick auf eine Stelle vor sich gerichtet, wo sich jenseits der jungen Frau eine Form aus der Dunkelheit schälte. Plötzlich begannen seine Wunden zu jucken, als würden Ameisen über sein Fleisch laufen. Er schaute nach unten und sah, wie die Wunden sich schlossen. Dann hob er wieder den Blick, und das Ding hinten im Raum nahm mit jedem Schritt mehr Gestalt an. Es erhob sich über dem Altar, eine Form, vertraut und fremd zugleich. Und er sah noch etwas anderes, etwas so Unerwartetes, dass er vor Schreck fast zurückgestolpert wäre.
    Der Abt verstärkte den Griff um seinen Arm und hielt ihn fest. »Ja«, flüsterte er und beugte sich zu Cornelius heran. »Jetzt siehst du es. Das Sakrament. Das größte Geheimnis unseres Ordens und unsere größte Schande. Und heute Nacht wirst du Zeuge seines Endes werden.«

K APITEL 133
    Das helle Licht der Scheinwerfer glitt über die grauen Betonwände des Parkhauses, als Kathryn in die Gasse einbog. Am anderen Ende konnte sie die mittelalterliche Mauer sehen, die die Grenze zur Altstadt markierte und sich über die modernen Gebäude erhob.
    Sie hielt vor einem schweren Stahltor, streckte den Arm zum Fenster hinaus und zog die elektronische Schlüsselkarte, die Gabriel dem toten Mönch abgenommen hatte, durch den Kartenleser. Dann wartete sie und lauschte dem Tuckern des Motors. Nichts geschah.
    Kathryn schaute zum Himmel hinauf. Irgendwo da oben war ihr Sohn auf dem Weg hierher. Plötzlich sah sie wieder Oscars zerfetzten Körper vor ihrem geistigen Auge, und sie blinzelte, um das Bild zu vertreiben. Jetzt war nicht die Zeit für Trauer. Sie stand unter Schock; das wusste sie. Und sie wusste auch, dass sie irgendwann zusammenbrechen würde, aber nicht jetzt. Jetzt musste sie stark sein – um ihres Sohnes willen. Mit ihrem Tun würde sie dafür sorgen, dass er am Leben blieb. Und er musste leben. Sie konnte ihn nicht auch noch verlieren.
    Kathryn erschrak, als das Stahltor sich mit lautem Krachen hob.
    Kathryn schaute ein letztes Mal zum Himmel hinauf, legte den Gang ein und fuhr in den Tunnel.

K APITEL 134
    Der leere Laderaum der C-123 bebte, als Gabriel sich an den Spanten

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