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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Zeichen des Tau formen, dann wäre es mir ebenso schwergefallen, das zu glauben. Und doch ist genau das geschehen.«
    In dem Punkt konnte Kathryn ihm nicht widersprechen. Tatsächlich konnte sie das ohnehin nur selten. Das war auch der Grund, warum sie ihn am liebsten bei sich gehabt hätte, als sie die Neuigkeit zum ersten Mal gehört hatte. Vielleicht wäre sie dann nicht so melancholisch geworden.
    »Und?«, fragte sie. »Was sollen wir jetzt tun?«
    »Wir sollten auf die Leiche aufpassen. Sie ist der Schlüssel. Der Körper ist das Kreuz. Und wenn er sich wieder erhebt, dann müssen wir ihn vor jenen beschützen, die ihm Böses wollen.«
    »Den Sancti.«
    »Ich glaube, sie werden versuchen, sich der Leiche so schnell wie möglich zu bemächtigen und sie zu zerstören, um die prophetische Sequenz zu unterbrechen. Als Sanctus wird der Mann keine Familie haben; deshalb wird auch niemand den Leichnam für sich beanspruchen.«
    Erneut schwiegen beide und dachten darüber nach, was wohl geschehen würde, sollten die Sancti den Toten in die Finger bekommen. Kathryn stellte sich vor, wie er irgendwo in der Zitadelle in einem dunklen, fensterlosen Raum lag und die Wunden auf wundersame Weise zu heilen begannen. Dann traten vermummte Gestalten aus den Schatten, grün gekleidete Männer mit gezückten Dolchen und anderen Folterinstrumenten.
    Auf der anderen Seite der Welt stellte ihr Vater sich ähnliche Dinge vor, auch wenn die Bilder in seinem Kopf nicht seiner Fantasie entsprangen. Er hatte schon mit eigenen Augen gesehen, zu was die Sancti fähig waren.

K APITEL 22
    Athanasius verabscheute die Große Bibliothek zutiefst.
    Ihre anonyme Dunkelheit und die labyrinthartigen Gänge hatten etwas an sich, das er als zutiefst bedrückend und finster empfand. Aber der Abt hatte ihn hierhergerufen, und so war er gekommen.
    Die Bibliothek lag in einem Höhlensystem knapp unterhalb der Mitte des Bergs. Diese Höhlen waren von den ursprünglichen Erbauern der Zitadelle bewusst ausgewählt worden, denn sie waren dunkel und gut gelüftet, sodass die antiken Schriftrollen und Manuskripte nicht von Feuchtigkeit und dergleichen beschädigt wurden. Angesichts der noch immer zunehmenden Zahl unbezahlbarer Texte hatte man inzwischen jedoch entschieden, dass Dunkelheit und trockene Luft nicht mehr ausreichten, und so hatte man mit Verbesserungen begonnen. Inzwischen bestand die Bibliothek aus zweiundvierzig Kammern von unterschiedlicher Größe, und sie enthielt die wertvollste und einmaligste Textsammlung der Welt. Unter Akademikern überall auf der Welt gab es einen Running Gag. Die Bibliothek der Zitadelle von Trahpah, so sagten sie, sei die größte Sammlung antiker Texte, die niemand je gesehen habe.
    Als Athanasius sich dem einzigen Eingang näherte, fühlte er sich sofort wieder unwohl. Ein kaltes blaues Licht wanderte über seinen Handteller, als der Scanner seine Identität überprüfte. Erst dann glitt die Tür auf und ließ ihn in die Luftschleuse. Athanasius trat ein und hörte, wie die Tür sich hinter ihm wieder schloss. Seine Klaustrophobie nahm zu, und er wusste, dass ihn dieses Gefühl begleiten würde, bis er die Bibliothek wieder verließ. Ein Licht blinkte über einem zweiten Scanner zum Zeichen, dass die Luftschleuse arbeitete und dafür sorgte, dass Athanasius keine Unreinheiten in die hermetisch abgeschotteten Kammern trug. Athanasius wartete. Schon jetzt spürte er, wie die Luft immer trockener wurde. Schließlich hörte das Licht auf zu blinken; eine zweite Tür glitt auf, und Athanasius betrat die Bibliothek.
    Im selben Augenblick, als er in die Dunkelheit vordrang, erschien ein Lichtkreis um Athanasius herum. Er reichte nur ein paar Schritt in jede Richtung und passte sich seinen Bewegungen an, sodass er stets in dessen Mitte blieb, während er durch die Eingangshalle ging und die eigentliche Bibliothek betrat. Wie das sorgfältig kontrollierte Klima – exakt 68 Grad Fahrenheit und 35 Prozent Luftfeuchtigkeit –, so war auch die Beleuchtung ein Wunder der modernen Technik. All das war über Generationen hinweg stetig verbessert worden. Talgkerzen waren Öllampen gewichen, die wiederum der Elektrizität hatten Platz machen müssen. Das Beleuchtungssystem, das inzwischen verwendet wurde, war nicht nur eines der fortschrittlichsten der Welt, es war auch das einzige seiner Art. Und wie die meisten technischen Neuerungen in letzter Zeit war es von einem einzigen Mann entwickelt worden: Athanasius’ Freund, Vater

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