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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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den alten Kriegssegen, dessen Worte so alt waren wie der Berg, in dem sie nun beteten, und hinter ihm knisterte das Feuer und warf lange Schatten an die Höhlendecke.
    *
    Einige Stunden später hallte ein Grollen über die Stadtmauer, ein Echo des Sturms, der über den Gipfeln im Norden tobte. Am Ende einer Gasse, zwischen zwei Hochgaragen, wurde ein schweres Rolltor gerade weit genug hochgezogen, um einen Mann hindurchzulassen. Drei Schatten schälten sich aus der Dunkelheit und eilten die Gasse hinunter und zu einem unverschlossenen Van.
    Die ersten dicken Regentropfen fielen im selben Augenblick auf das Wagendach und die ausgeblichenen Pflastersteine, als die drei Gestalten ins Fahrzeug schlüpften. Die Türen wurden geschlossen, und der Motor erwachte zum Leben.
    Der Van setzte sich in Bewegung. Er fuhr in Richtung des inneren Rings und des großen Ost-Boulevards, der sie zum Flughafen bringen würde. Der Regen wurde immer stärker. Wasser lief die Seiten der Zitadelle hinunter und durch die schmalen Straßen, wo einst die Roten Ritter geritten waren, und er spülte die Blumen und Kreidemarkierungen von der Stelle weg, wo einen Tag zuvor der Mönch aufgeschlagen war.

K APITEL 45
    Die Lockheed TriStar brach durch die Sturmwolken, die die Einflugschneise von Gaziantep blockierten. Das Licht in der Kabine flackerte, und die Triebwerke stöhnten in ihrem Kampf gegen den Wind. Liv krallte sich in ihren Reiseführer, als wäre er eine Bibel, und schaute zu den anderen gut vierzig Passagieren. Keiner von ihnen schlief, aber einige schienen zu beten.
    Verdammt noch mal, Sam , dachte Liv, als das Flugzeug wieder in ein Luftloch fiel, acht Jahre ohne ein Wort und jetzt das.
    Sie schaute gerade rechtzeitig aus dem Fenster, um zu sehen, wie ein Blitz in den Flügel einschlug. Die Triebwerke brüllten vor Schmerz. Liv betete zu Gott, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hatte, und wieder schaute sie zu dem Aschenbecher in der Lehne, und sie fragte sich, was wohl die Strafe für Rauchen im Flugzeug war. Sie dachte ernsthaft darüber nach, es darauf ankommen zu lassen.
    Liv schaute noch einmal in die stürmische Nacht hinaus, und wie durch göttliche Hand teilten sich die Wolken auf einmal und gaben den Blick auf eine dunkle, zerklüftete Landschaft frei, über die unablässig Blitze zuckten. In der Ferne sah sie die Lichter einer Stadt in einem Talkessel wie in einer Schüssel voll Gold. Das war Trahpah, und der dunkle Fleck in ihrer Mitte die Zitadelle. Aus der Höhe sah sie wie ein schwarzer Diamant inmitten eines hell leuchtenden Kreuzes aus. Liv konzentrierte sich darauf und rief sich alles ins Gedächtnis zurück, was sie darüber gelesen hatte, all das Blut, das zum Schutz des Geheimnisses in ihr vergossen worden war ...
    Dann flog die Lockheed eine Kurve, setzte ihren Landeanflug fort, und die Zitadelle verschwand in der Nacht.
    *
    Kathryn Mann beobachtete, wie die Menschen in die Ankunftshalle strömten. Aufgrund der Informationen in der gestohlenen Polizeiakte nahm sie an, dass die junge Frau so schnell wie möglich nach Trahpah würde fliegen wollen, um den Leichnam ihres Bruders zurückzuholen. Sie hatte ähnlich empfunden, als ihr Mann vor zwölf Jahren ermordet worden war. Sie erinnerte sich noch gut an das Verlangen, bei ihm zu sein, auch wenn sie wusste, dass er tot war.
    Ausgehend vom Zeitpunkt des Telefonats, das in der Akte vermerkt war, musste das hier der erste Flug sein, den die Frau hatte erwischen können.
    Nachdem sie durch den Zoll waren, liefen die Passagiere zu den Taxis oder wartenden Verwandten. Zwei Flüge waren gleichzeitig gelandet, und das machte es schwer, alle zu sehen, die durch die Sicherheitsschleusen kamen. Kathryn hatte sich das Gesicht der jungen Frau zwar eingeprägt, aber trotzdem auch ein Namensschild gemalt – nur für den Fall. Sie wollte es gerade hochhalten, als sie hinter der Absperrung einen Mann mit dem gleichen Schild entdeckte: LIV ADAMSEN.
    Kathryn spürte ein Kribbeln in ihrem Bauch.
    Sie steckte die Hand in ihre Manteltasche, schloss sie um die Pistole und beäugte den Kerl aus dem Augenwinkel heraus. Er könnte zur Polizei gehören. Schließlich war es durchaus möglich, dass es noch weitere Kontakte gegeben hatte, von denen sie nichts wusste.
    Der Mann war recht groß und stämmig. Ein sandfarbener Bart verdeckte, was wie Narben auf seinen Wangen aussah. Die Art, wie sein Blick über die Menge schweifte, hatte etwas Beunruhigendes an sich ... wie ein Bär, der

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