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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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schließlich allgemein anerkannt worden war. Jede Abweichung von der offiziellen Meinung wurde dabei als Häresie betrachtet und gnadenlos ausgerottet, erst von der römischen Armee und später von jedem Kaiser und König, der das Wohlwollen der Kirche erringen wollte.
    Schockiert las Liv sich jede blutige Einzelheit durch. Dabei war ihr die brutale Geschichte des Ortes eigentlich egal oder was für Geheimnisse er enthielt; sie interessierte sich nur für ihren Bruder und die Frage, was in dieser uralten Stadt ihn in den Tod getrieben hatte.
    Das Flugzeug erbebte erneut, und ein leises Bong ließ Liv den Kopf heben. Das Anschnallen-Schild war ausgeschaltet worden, und an seiner Stelle erschien die Bitte, nicht zu rauchen. Dabei wünschte Liv sich jetzt nichts sehnlicher als eine Zigarette.

K APITEL 43
    Innerhalb der Zitadelle war der religiöse Tag in fünf Hochämter aufgeteilt, von denen die wichtigsten die vier Nocturne waren, die Nachtwachen, denn seit alters glaubte man, des Nachts, wenn Gottes Licht nicht länger leuchtete, gedeihe das Böse – eine Theorie, die jeder Polizist in jeder größeren Stadt des Planeten sofort unterschreiben würde.
    Die erste Nachtwache war die Vesper, ein formales Hochamt an einem Ort, der groß genug war, um es der gesamten Einwohnerschaft der Zitadelle zu ermöglichen, den Einbruch der Nacht mitzuerleben. Und dieser Ort war die große Kathedralenhöhle im Ostteil des Bergs. Die ersten acht Reihen waren mit den Schwarzmänteln der spirituellen Ränge gefüllt, den Priestern und Bibliothekaren, die ihr ganzes Leben in der Großen Bibliothek verbrachten. Dahinter saßen die weißen Apothecari; dann folgten zwanzig Reihen mit Braunmänteln: Steinmetze, Zimmerleute und andere Handwerker, deren Aufgabe es war, die Zitadelle in Ordnung zu halten.
    Die Rotmäntel der Wache bildeten eine Grenze zwischen den höheren Rängen und der großen Zahl von Graumänteln dahinter. Das waren die Mönche, die die niederen Arbeiten im Berg erledigten, vom Kochen bis zum Putzen.
    Und hoch über dieser vielfarbigen Gemeinde saßen die grün gekleideten Sancti in ihrer eigenen Galerie. Normalerweise waren es dreizehn, den Abt eingeschlossen, doch heute waren es nur elf. Bruder Samuel war nicht mehr bei ihnen, und auch Bruder Gruber war zu seinem Schöpfer heimgegangen.
    Als die Sonne vor dem großen Fenster hinter dem Altar versunken war, der Rosette, die Gottes allsehendes Auge repräsentierte, zogen alle Mönche wieder hinaus, um im Refektorium die letzte Mahlzeit des Tages einzunehmen und sich anschließend in die Dormitorien zurückzuziehen.
    Alle bis auf drei Männer in den roten Soutanen der Carmina.
    Ein blonder Mönch mit plattem, leidenschaftslosem Gesicht und dem Körperbau eines Mittelgewichtsboxers hielt auf die Tür zu, die direkt zum Balkon der Sancti führte. Die anderen zwei folgten ihm. Niemand sagte ein Wort.
    Da Cornelius früher Offizier in der britischen Armee gewesen war, glaubte der Abt, in ihm den perfekten Anführer gefunden zu haben. Also hatte er ihm während der Vesper eine Notiz zukommen lassen, die die anderen beiden Namen enthielt, und eine Karte. Cornelius schaute sich die Karte an, als er die Kathedralenhöhle über den Ausgang der Sancti verließ, bog wie befohlen nach links ab und stieg durch schmale Tunnel in einen nicht länger genutzten Teil des Bergs hinab.
    *
    In der Altstadt wurde es immer dunkler. Die letzten Touristen wurden hinausgeführt, und das Fallgatter wurde geschlossen. Die Stadt war für die Nacht verschlossen.
    Im Ostteil der Stadt saß Kathryn Mann in ihrem Wohnzimmer und wartete ungeduldig darauf, dass ihr Drucker seine Aufgabe erledigt hatte. Inzwischen bereute sie es, die höchste Qualitätsstufe eingestellt zu haben. In den Nachrichten waren große Ansammlungen von Menschen zu sehen, die des Mannes gedachten, den sie noch nicht als Bruder Samuel kannten. Dann wurde eine Frau vor der Kathedrale des heiligen Johannes in New York City interviewt und gefragt, warum der Tod des Mönchs sie so betroffen machte.
    »Weil wir den Glauben brauchen, wissen Sie?« Die Stimme der Frau zitterte vor Erregung. »Weil es wichtig für uns ist, dass die Kirche sich um uns sorgt und auf uns aufpasst. Wenn einer der ihren schon so weit getrieben worden ist und die Kirche es noch nicht einmal für nötig hält, sich dazu zu äußern ... Nun, was bedeutet das dann für uns?«
    Auf jedem Kontinent sagten die Menschen mehr oder weniger das Gleiche. Der einsame Tod des

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