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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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City Police ...«
    Liv wartete nicht auf den Rest.
    Der Mann hatte gesagt, er heiße Gabriel. Er hatte gesagt, er sei ein Cop.
    Nein.
    Er hatte nie gesagt, dass er ein Cop sei, und er hatte ihr auch nicht seine Dienstmarke gezeigt. Er hatte nur gesagt, Arkadian habe ihn geschickt, und den Rest hatte sie sich gedacht. Dumm. Liv hatte sich von ihrer Erschöpfung einlullen lassen und von der Tatsache, dass der Mann nett und höflich war. Also wer zum Teufel war er?
    »Alles okay?«
    Liv schaute ihm über den Rückspiegel in die Augen.
    »Ja«, log Liz. Aber war ihr ihre Sorge anzusehen? »Das war nur jemand von der Arbeit. Ich bin ein wenig übereilt ins Flugzeug gestiegen. Dabei habe ich ein paar Dinge liegen lassen. Mein Boss ist ziemlich angepisst.«
    Gabriel richtete den Blick wieder auf die Straße, als ein Van in einer Gischtwolke an ihnen vorbeiraste. Dann quietschten Reifen, und der gesamte Innenraum wurde von einem roten Licht erfüllt. Der Van hatte gebremst – hart!
    Gabriel tat es ihm sofort nach, doch zu spät. Mit einem Knall prallte der Renault gegen die hintere Stoßstange des Vans. Liv wurde nach vorne und in ihren Sicherheitsgurt geworfen. Ein lautes Krachen ertönte, und einen kurzen Augenblick lang, unmittelbar bevor die Airbags zündeten, glaubte sie, erschossen worden zu sein.
    Ab da ging alles in Zeitlupe.

K APITEL 48
    Bevor der Fahrerairbag auch nur begonnen hatte, die Luft wieder abzulassen, knüppelte Gabriel ihn nieder, löste den Sicherheitsgurt und griff nach der Tür. Er trat sie so hart auf, wie er konnte, und rollte sich in den Regen hinaus, bevor sie wieder zufallen konnte. All das geschah so schnell, dass Liv noch immer auf den leeren Fahrersitz starrte, als sich plötzlich ihre eigene Tür öffnete.
    Liv drehte sich um und starrte in einen Pistolenlauf.
    »Raus!«, brüllte eine Stimme hinter der Waffe.
    Liv schaute an der Pistole vorbei auf den jungen Mann, der sie hielt. Er war kaum mehr als ein Junge. Aknenarben waren durch seinen dünnen blonden Bart zu erkennen, und Regenwasser rann von der Baseballkappe, die er sich bis in die blassblauen Augen gezogen hatte.
    »Raus!«, schrie er erneut.
    Der Junge beugte sich vor und packte Liv mit der freien Hand. Im selben Augenblick explodierte das Glas hinter ihr, und ein Schauer winziger, glitzernder Splitter verteilte sich im Innenraum. Der Junge wirbelte herum, als hätte ihn plötzlich jemand an der linken Schulter mit brutaler Gewalt herumgerissen. Liv schaute nach hinten und sah Gabriel durch die Überreste der Heckscheibe hindurch.
    »Lauf!«, brüllte er und war fast im selben Moment außer Sicht verschwunden.
    Liv riss den Kopf wieder herum und starrte durch die offene Tür auf den blonden Jungen am Boden, der mit leeren Augen in den Regen starrte. Glasbruchstücke rieselten zu Boden, als sie nach dem Knopf des Sicherheitsgurts suchte. Schließlich fand sie ihn und sprang hinaus. Liv platschte an der Leiche vorbei und in Richtung der Schatten auf der anderen Straßenseite. Sie rechnete jeden Augenblick damit, einen Schuss hinter sich zu hören und den Schlag einer Kugel im Rücken zu spüren.
    Doch sie schaffte es bis zum Bürgersteig und den Büschen dahinter. Nach ein paar milden Wintern und zwei Jahren ungestörtem Wuchs hätten die Büsche ihr vielleicht Deckung geboten, doch so waren sie nicht mehr als ein Hindernis. Liv schlängelte sich durch sie hindurch und rutschte dabei immer wieder auf der nassen Erde aus. Sie verkürzte ihre Schritte und riskierte einen Blick zurück.
    Durch den dichten Regen tendierte die Sichtweite gegen null. Liv konnte gerade noch die Umrisse der Wagen erkennen, sonst aber nichts. Dann stieß irgendetwas gegen sie und warf sie mit voller Wucht nach hinten. Ein paar Augenblicke lang lag sie einfach nur da und blinzelte gegen den Regen, während die Feuchtigkeit der Erde in ihren Körper drang. Zum zweiten Mal in nur wenigen Minuten glaubte sie, eine Kugel abbekommen zu haben; dann bemerkte sie etwas vor sich, das sich wie ein Spinnennetz in der Dunkelheit ausbreitete. Sie folgte den Spinnenfäden, bis sie etwas Dünnes, Langes aus der Erde ragen sah. Ein Zaunpfahl. Sie war mit vollem Schwung in einen Maschendrahtzaun gerannt.
    Liv riskierte einen zweiten Blick in Richtung der beiden Wagen und sah ihr Handy neben ihrem Kopf auf dem Boden glühen; es war ihr bei dem Sturz aus der Hand gefallen. Sie schnappte es sich. Hoffentlich hatte der schwache Lichtschein sie nicht an ihre Verfolger verraten.

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