Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
Vom Netzwerk:
Liv deckte das Display mit der Hand zu und schaltete das Handy aus. Vom Boden aus konnte sie die beiden Autos nicht mehr sehen. Das beruhigte sie erst einmal ... aber nicht lange.
    Ein Schuss zerriss die Nacht, gefolgt vom Geräusch eines startenden Motors und dem gequälten Kreischen von Reifen auf Asphalt. Liv hörte, wie Kugeln in Metall schlugen und wie ein Fenster zerbarst. Dann bog das flüchtende Fahrzeug um eine Kurve und war verschwunden.
    Liv richtete sich wieder ein wenig auf und schaute zur Straße. Sie sah nichts außer dem gelben Licht der Straßenlaternen. Sie stellte sich vor, wie jemand am Rand des Lichtscheins stand, die Pistole in der Hand, und die Dunkelheit absuchte. Wie er sie suchte. Aber wer war das? War das einer der Kerle, die sie überfallen hatten, oder war das Gabriel? Liv beschloss, einfach liegen zu bleiben und sich nicht zu rühren, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Aber als sie aus dem Wagen gesprungen war, hatte sie direkt auf die nächstbeste Deckung zugehalten. Sie hatte noch nicht einmal einen Haken geschlagen. Sie lag genau dort, wo wer auch immer sie als Erstes suchen würde. Sie musste weg.
    Liv schaute nach rechts in die Richtung, in die sie gefahren waren. Eine Reihe von Wartungsgebäuden markierten eine Kreuzung. Vermutlich handelte es sich dabei um Lagerhallen voller Gepäck oder Frachtgut, und vielleicht arbeitete dort jemand in der Nachtschicht ... und sie waren nur wenige hundert Meter von ihr entfernt. In die andere Richtung waren die Lichter des Terminals zu sehen. Liv hatte keine Ahnung, wie weit entfernt das war, aber es war in jedem Fall weiter weg als die Lagerhallen. Sie lauschte, ob jemand näher kam, doch sie hörte nur den Regen, ihr eigenes Atmen und sonst nichts.
    Liv atmete dreimal tief durch, rappelte sich auf und rannte los. Die logische Entscheidung wäre gewesen, zum nächsten Gebäude zu laufen und Alarm zu schlagen; also rannte sie in die entgegengesetzte Richtung. Zurück zur Wärme des Terminals, den Touristen, die auf die Anzeigetafeln starrten, und den zwei Cops mit den Maschinenpistolen.
    Geduckt rannte Liv am Zaun entlang und hoffte, dass wer auch immer hinter ihr her war in der anderen Richtung suchte. Plötzlich zuckte ein Blitz durch die Nacht und brannte das Bild von allem, was vor ihr lag, in Livs Retina: das Tor im Zaun gut dreißig Meter vor ihr und dahinter eine Reihe geparkter Autos nach der anderen. Wenn sie es bis zu den Familienkutschen und Kleinwagen schaffte, war sie vielleicht in Sicherheit.
    Über ihr grollte der Donner. Das Tor war nur noch gut zehn Meter von ihr entfernt, und zu ihrer Linken lichteten sich die Büsche zusehends. Liv verlor jegliche Deckung, doch dagegen konnte sie jetzt auch nichts mehr tun. Eine schwarz-gelb gestreifte Schranke versperrte das Tor. Liv zwang sich, sich darauf zu konzentrieren und nicht hinter sich zu blicken.
    Nur noch sechs Meter.
    Fünf.
    Vier.
    Ihr rechter Fuß fand den Asphalt der Straße, und sie sprang unter der Schranke hindurch, ließ sich gegen den Schrankenmechanismus sinken und fühlte sich in Sicherheit ... für einen Moment.
    Dann hörte der Regen auf.
    Das Ende des Schauers kam so schnell, dass es schon unnatürlich wirkte. In der einen Minute hatten noch sintflutartige Zustände geherrscht, und in der nächsten hatte der Vorhang sich gehoben. Liv hörte nur noch das Gurgeln des Kanals an der Hauptstraße. In der plötzlichen Stille klang ihr eigener Atem wie das Rasseln einer Kettensäge. Sie versuchte, andere Geräusche auszumachen. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihren Verfolger. Er lauerte irgendwo in der Dunkelheit und wartete nur darauf, die Waffe auf sie richten zu können.
    Das Flughafengebäude war noch immer zu weit entfernt, aber jetzt konnte sie schon jedes Detail erkennen – und das hieß, wer auch immer hinter ihr her war, konnte das auch. Liv verspürte das überwältigende Verlangen, in den Schutz der geparkten Autos zu rennen, doch sie widerstand der Versuchung.
    Dann bemerkte sie, dass die Stelle, an der sie kauerte, besser beleuchtet war als der Rest. An anderen Stellen waren die Schatten jedoch tief. Wenn sie an diesen Stellen entlangrannte, würde sie schwerer zu entdecken sein. Der nächste Schatten war nur wenige Meter entfernt, und kurz dahinter begannen die Wagenreihen. Aber natürlich konnte sie auch das Risiko eingehen und auf direktem Weg zum Terminal laufen.
    Liv schloss die Augen und legte kurz den Kopf an die kalte Schranke. Dann sprang sie wieder

Weitere Kostenlose Bücher