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Sandkönige - Geschichten

Sandkönige - Geschichten

Titel: Sandkönige - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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gemieden, aber wenn die Dan'lai Grund hatten, wagten sie sich bis in die engen Gassen vor. Nur hier unten konnte Holt vor ihnen sicher sein. Er war entschlossen, den Spiralgang nicht zu verlassen. Anderenfalls würde er unweigerlich in die Irre laufen — so wie der Kapitän und die anderen. Sie hatten wohl, wie Holt vermutete, einen Weg durch die Seitentunnels gewählt und waren verhungert, bevor sie den Rückweg finden konnten. Holt wollte nicht den gleichen Fehler begehen. Er nahm sich vor, nach zwei Wochen wieder nach oben zu gehen, um bei Sunderland einen neuen Vorrat an Lebensmitteln zu besorgen.
    Ihm war, als seien bereits Stunden vergangen, und immer noch folgte er der gewundenen Rampe nach unten, einer endlosen Wand aus grauem Stein entlang, nur schwach vom blauen Licht des Helmes aufgehellt. Er kam an zahllosen Höhlenöffnungen vorbei, die wie aufgesperrte, schwarze Mäuler nach ihm zu schnappen schienen. Holt fing in der immer stickiger werdenden Luft an zu keuchen. Um ihn herum war nichts als Gestein, und trotzdem drang durch die Höhlen ein scharfer Gestank von Fäulnis. Holt versuchte, nicht darauf zu achten.
    Endlich gelangte er an das Ende des Spiralganges. Vor ihm waren drei Torbögen in den Fels gebrochen, hinter denen drei steil abfallende Treppen in verschiedene Richtungen abzweigten. Die Füße taten ihm weh. Er setzte sich auf den Boden, zog die Stiefel aus, holte ein langes Stück Räucherfleisch aus dem Rucksack und fing  an zu essen.
    Ohne die Geräusche seiner Schritte war es totenstill. Es sei denn ... Er lauschte angestrengt in die Dunkelheit. Ja. Er hörte etwas, vage, weit entfernt. Es klang wie ein Poltern. Er kaute weiter am Fleisch und versuchte, die Schallrichtung zu bestimmen. Nach einer Weile war er sicher, daß das Geräusch aus dem linken Treppengang kam.
    Holt blieb sitzen, bis er aufgegessen hatte. Er leckte sich die Finger ab, zog die Stiefel an und stand auf. Mit dem Laser in der Hand ging er so leise wie möglich die Stufen hinunter.
    Auch die Treppe verlief spiralförmig, jedoch enger und schmaler als die Rampe. Holt hatte kaum Platz, um kehrtzumachen. Abzweigungen gab es nicht, so konnte er sich wenigstens nicht verlaufen.
    Das Geräusch wurde immer deutlicher, je tiefer er hinabstieg. Jetzt glaubte er, zwischen all dem Poltern ein Heulen herauszuhören. Dann, etwas später, kamen noch andere Laute hinzu. Holt glaubte, ein Jammern und Kläffen unterscheiden zu können.
    Nach der letzten Kehre blieb er wie angewurzelt stehen.
    Er stand im Fensterausschnitt eines seltsamen, grauen Gebäudes und blickte hinaus auf die Steinstadt. Es war Nacht, und am Himmel funkelten Tausende von Sternen. Unter sich sah er einen achteckigen Brunnen. Nicht weit davon entfernt tanzten sechs Dan'lai um einen Cedraner herum. Sie kicherten und kläfften wie von Sinnen und schlugen nach dem Wurmwesen, wenn es zu fliehen versuchte. Es saß in der Falle, wand sich verwirrt hin und her, jammerte erbärmlich und fuchtelte mit den Kampfklauen. Die riesigen violetten Augen leuchteten  hell.
    Einer der Dan'lai hielt etwas in der Hand. Langsam klappte er es auf: ein Messer mit schartiger Klinge. Ein zweites tauchte auf. Ein drittes. Jeder der Fuchsmenschen hatte nun ein Messer gezückt. Sie grinsten sich gegenseitig zu. Einer von ihnen fiel dem Cedraner in den Rücken, die Klinge blitzte silbrig auf, und Holt sah, wie aus einer langen Wunde im kreideweißen Fleisch des Cedraners schwarze, eitrige Lymphe sickerte.
    Das Wurmwesen stieß einen markerschütternden Schrei aus und drehte sich langsam um. Leichtfüßig sprang der Dan'la zurück, doch die Kampfscheren des Ungeheuers waren schneller, als er gedacht hatte. Der Fuchsmensch wurde gepackt und in die Luft gehoben. Er jaulte auf und trampelte wie wild mit den Beinen. Aber dann schnappte die Schere zusammen, und der Fuchsmensch fiel in zwei Teile durchtrennt zu Boden. Die anderen schlossen keifend den Kreis und bedrohten den Cedraner mit schwingenden Messern. Die Scheren peitschten nach vorn, und ein zweiter Dan'la klatschte geköpft in den Brunnen. Inzwischen hatten zwei andere Dan'lai die zuckenden Tentakel des Cedraners gekappt. Ein dritter rammte sein Messer bis zum Heft in den wurmartigen Rumpf. Die Fuchsmenschen waren außer sich. Ihr wütendes Kläffen übertönte das Jammern des Cedraners.
    Holt hob den Laser, zielte auf den nächsten Dan'la und drückte den Auslöser. Rotes Licht spritzte aus der Waffe.
    Ein Vorhang fiel vor das Fenster und

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