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Sandkönige - Geschichten

Sandkönige - Geschichten

Titel: Sandkönige - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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zuckte die Schultern. »Ich habe dich gern, Janey«, sagte er plötzlich, sah sie an, und in seinen Augen lag fast etwas wie Furcht.
    »Wunderbar. Aber du wirst mich nie wiedersehen.« Sie stand auf. »Gib mir deinen Lichtdolch, Hal. Wenn du es nicht versuchst, werde ich es tun.«
»Sie werden dich umbringen oder noch schlimmer, Starlady. Setz dich hin und hör mir mal zu! Du wirst den Marquis noch nicht einmal finden.«
»O doch, das werde ich. Und er wird mir auch gegenüberstehen, einer gegen einen. Du selbst hast mir gesagt, wie, Hal. Der Marquis ist laut, erinnerst du dich? Nun, ich auch. Ich stelle mich mitten auf die Silver Plaza und rufe ihn so lange, bis er kommt. Er kann dann schwerlich seine Schwarzschädel auf mich hetzen. Wenn er es täte, wer hätte dann jemals wieder Angst vor ihm? Gibst du mir deinen Lichtdolch?«
»Nein«, gab er halsstarrig zurück. »Du bist verrückt.«
»Na schön«, antwortete sie im Hinausgehen.
    Nachts auf der Plaza, die silbern schimmernden Hochstrahler waren erloschen. Die Wandlaternen verbreiteten eine seltsame Beleuchtung mit ihren an- und abschwellenden Farbphasen, die die Gesichter der Müßiggänger abwechselnd blau, rot, grün und violett färbten. Die Tänzer waren außer sich. Überall war Musik, und die Luft war schwer von der süßen Seligkeit des Freudenrausches.
    Auf der blitzenden Treppe, die auf die zweite Galerie mit Geschäften führte, nahm Starlady ihren Platz ein und begann ihre Rede.
    »He!« rief sie der Menge unter ihr zu, den Leuten, die vorbeigingen. »He, bleibt stehen und hört mir zu! Bald werdet ihr dazu keine Gelegenheit mehr haben. Der Marquis hat die Absicht, mich zu töten.«
    Die Außenweltler unter ihr blieben stehen, neugierig und bewundernd. Es wurde geflüstert. Prometheaner schüttelten den Kopf und grinsten. Die feinen Jungs in ihren Anzügen, die Rotschöpfe auf dem Strich, die schwatzenden Träumer und die Männer, die die Träume verkauften, die Zuhälter, die Leibwachen, die Tänzer und die Diebe, sie alle wußten, was vor sich ging. Eine Show fing an. Sie blieben stehen, um zuzusehen.
    Starlady sprach weiter. Starlady mit dem schimmernden dunklen Haar, in einem milchweißen Anzug, der die Farben der Strahler reflektierte.
    Starlady mit einem schwarzen Metallstab in der Hand. »Der Marquis hat mir meinen Liebhaber genommen!« rief sie der immer größer werdenden Menge zu. »Er hat Hal eingeschüchtert und Golden Boy gestohlen, aber mir hat er keine Angst eingejagt.« Jetzt begann der Lichtdolch in ihrer Hand zu leben, die Geisterklinge flackerte seltsam im violetten Licht. Starlady war in Purpur getaucht, ihr Gesicht war grimmig und finster.
    »Ich werde ihn töten, wenn er kommt«, sagte sie, als die Menge sich von ihr zurückzog, sie allein auf der Treppe lassend. »Ich, Starlady, und ich habe noch nie im Leben einen Lichtdolch benutzt.« Auf der Plaza wurde es still; Spannung verbreitete sich unter den Zuhörern. Hier hörten die Gespräche auf, dort hielten die Tänzer inne, in einer Ecke stellte ein Freudenrauchverkäufer seine Rauchmaschine ab. »Aber er wird nicht kommen, der Marquis nicht, und ich kann euch auch sagen, warum nicht: Er hat Angst.«
    In diesem Moment wechselte das Licht, so daß Starlady eine Vision in Grün war, die Geisterklinge ein zuckender, blauschwarzer Schatten.
    »Ihr habt ihn töten sehen, Starslumer!« rief sie und schüttelte ihr jetzt dunkelgrün schimmerndes Haar. »Ihr habt auch all seine großen Sprüche gehört, nicht wahr? Der Marquis, der auf Schmerzen steht. Der Marquis, Thisrocks größter Stachelstockschläger!« Sie warf den Kopf zurück und lachte. Auf der gegenüberliegenden Seite der Plaza verstummte die Musik, und man bahnte sich einen Weg zu ihr hin. »Na, denkt mal nach. Habt ihr ihn jemals wirklich kämpfen sehen? Ohne seine Schwarzschädel? Ohne Crawney ...«, sie deutete in die Richtung, in der ein Mann mit schimmerndem, gestreiftem Schädel stehenblieb, sie anstarrte und dann in den nächsten Korridor rannte, » .. .und Stumblecat...«, sie wirbelte herum und zeigte auf ihn, der an der Imbißstube stand (Stumblecat lächelte sie an und winkte mit seinem Stachel stock), » ... um die Arme seiner Opfer festzuhalten?«
    Wiederum wechselte das Licht, und nun war sie leuchtend blau, der Lichtdolch plötzlich unsichtbar. Die Plaza war totenstill, gefangen von Starlady.
    »Nein«, rief sie, »das habt ihr nicht, niemand! Das ist die Wahrheit! Vergeßt nie, was ihr heute abend seht!

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