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Sandkönige - Geschichten

Sandkönige - Geschichten

Titel: Sandkönige - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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der Sandkönige. »Du liebst doch diese kleinen charmanten Kerlchen so sehr, Simon. Dann kannst du auch mit ihnen leben!«
    »Cath!« schrie er.
    Den Hammerstiel mit beiden Händen umgreifend, hieb sie so fest sie konnte gegen eine Seite des Beckens. Das Geräusch des Aufschlags ließ Kress' Kopf dröhnen, und er gab einen tiefen, heulenden Ton der Verzweiflung von sich. Aber das Plastik hielt.
    Sie schwang den Hammer erneut. Diesmal hörte man ein Krachen, und ein Netz aus dünnen Linien erschien auf der Beckenwand.
    Kress warf sich auf sie, als sie zu einem dritten Schlag ausholte. Sie fielen um und rollten übereinander. Sie verlor ihren Hammer und versuchte, Kress zu würgen, doch er machte sich frei und biß ihr in den Arm, bis Blut floß. Beide standen keuchend auf.
    »Du solltest dich sehen, Simon«, sagte sie grimmig. »Blut tröpfelt aus deinem Mund. Du siehst aus wie einer deiner Lieblinge. Magst du den Geschmack?«
»Verschwinde!« erwiderte er. Er sah das Wurfschwert, wo er es vergangene Nacht fallen gelassen hatte, und hob es auf. »Verschwinde!« wiederholte er und fuchtelte drohend mit dem Schwert. »Komm bloß nicht in die  Nähe des Beckens!«
    Sie lachte ihn aus. »Das wagst du nicht«, sagte sie. Sie bückte sich und hob ihren Hammer auf.
    Kress schrie sie an und stieß vor. Bevor er überhaupt genau wußte, was geschah, hatte sich die Eisenspitze schon durch ihren Bauch gebohrt. Cath m'Lane blickte ihn und das Schwert in ihrem Bauch überrascht an. Kress stolperte zurück und wimmerte: »Das wollte ich nicht... Ich wollte nur...«
    Sie war durchbohrt, blutete entsetzlich und war dem Tode nahe, aber trotzdem fiel sie nicht hin. »Du Monster«, konnte sie noch sagen, obwohl ihr Mund voller Blut war. Und sie drehte sich, trotz des Schwertes in sich, herum und warf sich mit letzter Kraft gegen das Becken. Die beschädigte Wand zerbrach, und Cath m'Lane stürzte in einer Lawine von Plastik, Sand und Unrat ins Becken.
    Kress gab kurze, hysterische Laute von sich und sprang auf die Couch.
    Sandkönige krochen aus dem Unrat auf den Wohnzimmerboden. Sie krabbelten über den Leichnam von Cath. Ein paar krochen versuchsweise wagemutig über den Teppich. Bald folgten ihnen mehr.
    Er beobachtete, wie eine Kolonne erschien, ein lebendes, sich windendes Karree aus Sandkönigen, die etwas trugen — etwas Schleimiges und Gesichtsloses, einen Klumpen rohes Fleisch, so groß wie ein Menschenkopf. Sie trugen es aus dem Becken. Es pulsierte.
    Da verlor Kress den Kopf und rannte davon.
    Es war schon später Nachmittag, ehe er den Mut fand, nach Hause zurückzukehren. Er war zu seinem Gleiter gerannt und in die nächste Stadt geflogen, die fast fünfzig Kilometer entfernt war, noch immer ganz krank vor Angst. Aber einmal in Sicherheit, fand er ein kleines Restaurant, trank mehrere Tassen Kaffee und schluckte zwei Tabletten gegen seinen Kater, frühstückte und gewann schließlich seine Fassung wieder.
    Es war ein schrecklicher Morgen gewesen, aber darüber nachzubrüten, würde keine Lösung bringen. Er bestellte noch einen Kaffee und bedachte seine Situation mit kühler Vernunft.
    Cath m'Lane war durch seine Hand gestorben. Konnte er es melden und behaupten, daß es ein Unfall gewesen sei? Unwahrscheinlich. Schließlich hatte er sie selbst soweit getrieben und die Polizistin gebeten, sie ihm zu überlassen. Er mußte sich von den Indizien befreien und konnte nur hoffen, daß Cath niemandem ihre Pläne für den heutigen Tag mitgeteilt hatte. Es war sehr unwahrscheinlich, daß sie das getan hatte. Sie konnte sein Geschenk erst am Abend zuvor erhalten haben. Sie hatte gesagt, daß sie die ganze Nacht geheult hätte, und sie war allein gewesen, als sie angekommen war. Nun gut, er mußte nur eine Leiche und einen Gleiter loswerden.
    Blieben noch die Sandkönige. Sie stellten eine größere Schwierigkeit dar. Kein Zweifel, sie waren bestimmt alle entkommen. Er stellte sich vor, wie sie in seinem Haus herumkrabbelten, in seinem Bett, seinen Kleidern und von seinen Nahrungsmitteln Besitz ergriffen — das ließ ihn frösteln. Es sollte nicht so schwierig sein, sie zu töten, dachte er. Er mußte nicht auf alle Mobilen achten. Nur auf die vier Maws, das war alles. Das konnte er tun. Wie er selbst gesehen hatte, waren sie groß. Er würde sie finden und sie töten. Er war ihr Gott gewesen, nun würde er ihr Zerstörer sein.
    Er ging zuerst einkaufen, bevor er nach Hause flog. Er kaufte sich einen eng anliegenden Schutzanzug,

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