Sandra die Detektivin in Jeans
ganz anders jammern, wenn Hortense dich vornimmt.“
„Ich hab ja das Geld! Ich habe es zu Hause, ehrlich!“ versicherte Gesine voller Angst.
Ruth ließ von ihr ab. „Gut. Morgen bringst du es mit in die Schule. Ich treffe Fedor morgen abend und gebe es ihm.“
Gesine hatte gehorcht. Sie war froh, so glimpflich davonzukommen.
Doch nun war wieder eine Woche fast zu Ende. Am Montag sollte Gesine mit einer neuen Zahlung in der Laube erscheinen. Doch sie hatte den Betrag nicht beisammen. So kurz vor Monatsende besaß ihre Großmutter nicht mehr viel Wirtschaftsgeld. Da wurde nur noch das Nötigste gekauft, und es gab keine Möglichkeit für Gesine, etwas beiseite zu bringen.
Sie wagte nicht auszudenken, was mit ihr geschah, wenn sie das Geld wieder nicht pünktlich ablieferte.
Sie blickte ihre beiden Mitschülerinnen an. Und plötzlich brach es aus ihr heraus: „Ich habe Angst!“
„Angst?“ Doris und Sandra starrten sie verständnislos an. „Wovor hast du Angst? Die Klabusch ist in Ordnung. Die trägt es dir nicht nach, daß du zusammengeklappt bist.“ Sie hatten keine Ahnung von Gesines tatsächlicher Situation.
Gesine hörte sie nicht. Sie war so in ihrem Elend gefangen, daß sie nicht mitbekam, was die Mädchen sagten.
„Ich bin ein Pechvogel. Ich wünschte, ich wäre tot“, jammerte sie.
„Hör schon auf, Gesine!“ sagte Sandra ungeduldig.
„War viel Geld in deiner Börse?“ fragte Doris.
„Ihre Großmutter wird ihr deshalb nicht gleich den Kopf abreißen“, meinte Sandra. „Kann jeder mal was verlieren. Außerdem war es ja ihr eigenes Geld.“
„Wo hast du es denn verloren? Kannst du dich nicht daran erinnern, wann du es zuletzt noch hattest?“ fragte Doris.
„Vielleicht liegt die Börse zu Hause in deinem Zimmer und du regst dich ganz umsonst auf“, sagte Sandra.
„Wir könnten eine Sammlung veranstalten“, schlug Doris hilfsbereit vor.
„Nein, ich... Oh, ich weiß nicht, was ich tun soll“, schluchzte Gesine.
„Was du tun sollst? — Du reißt dich jetzt zusammen und gehst mit uns runter. Machst ein Theater wegen einer verlorenen Geldbörse, also weißt du!“ Sandra spürte, wie sie langsam wütend auf Gesine wurde.
„Ja, los! Der Geisler jault bestimmt schon nach uns. Es ist gleich halb vier. Wir müssen zum Bahnhof. Das mit der Sammlung kläre ich mit den anderen“, sagte Doris und reichte Gesine ihre Hand, um sie hochzuziehen.
„Du bist ja wohl ständig in Geldschwierigkeiten, was?“ sagte Sandra hitzig.
Gesine wurde rot. Sie hörte auf zu weinen. Mit Erschrecken wurde ihr bewußt, daß sie sich fast verraten hätte.
Sie stand auf und klopfte die Fichtennadeln von ihrem Hosenboden.
„Ihr braucht für mich nicht zu sammeln. War ja nicht soviel. Ich komme immer über die Runden, bis das Taschengeld von meiner Mutter eintrifft. Meine Oma legt es aus“, sagte sie trotzig.
Sie gingen durch den Viadukt und über die alte Holzbohlenbrücke zum Schloßhof.
Von weitem schon sahen sie Herrn Geisler wild mit den Armen fuchteln. Die Klasse stand zum Abmarsch bereit.
Herr Barth kam ihnen entgegengelaufen. „Wo bleibt ihr denn? Wir versäumen den Zug. Herr Geisler hat ausdrücklich befohlen, pünktlich zu sein. Aber ein paar von euch müssen ja wohl immer Ärger machen.“
„Am liebsten würde ich mir das Leben nehmen“, sagte Gesine, mehr zu sich selbst.
Doris, die neben ihr ging, hörte es. Sie lachte belustigt. „Wegen dem Geld? Oder wegen Geisler? Du hast Probleme! Laß ihn toben. Er beruhigt sich auch wieder. Geisler hat mit uns schon ganz andere Sachen erlebt als einen versäumten Zug, was, Sandra?“ Sie stieß Sandra an.
„Worum geht‚s denn?“ fragte Sandra.
„Gesine will sich das Leben nehmen.“
„Wer‚s sagt, tut‚s nicht“, erwiderte Sandra gleichmütig.
Am nächsten Morgen war Gesine verschwunden.
Aufregung um Gesine
Gesine fehlte unentschuldigt im Unterricht, und jeder in der Klasse nahm an, daß sie sich noch immer nicht wohlfühlte.
Doch als Sandra am Mittag aus der Schule nach Hause kam, erwartete sie eine schlimme Überraschung.
Ihre Mutter stürzte aufgeregt in den Flur, als sie Sandra eintreten hörte.
„Es ist etwas Furchtbares passiert!“ sagte sie. „Gesine ist fort. Hast du eine Ahnung, was da los ist? Sie hat einen Brief für dich hinterlassen. Wir haben ihn geöffnet. Aber wir werden nicht klug daraus.“
Sandra faßte sich unter dem Stakkato von Worten, die ihre Mutter wie eine Gewehrsalve auf sie abfeuerte,
Weitere Kostenlose Bücher