Sandra die Detektivin in Jeans
Da irrt ihre Großmutter. Jedenfalls war sie nicht in unserem. Ich habe sie nie da gesehen. — Du, heute ist Montag!“ rief Sandra alarmiert.
„Und sie hat das Geld nicht!“ ergänzte ihre Mutter, nicht minder besorgt.
Sandra sprang auf. „Ich muß zu Joschi. Vielleicht weiß er etwas. Könnte ja sein, daß er Gesine mal irgendwo mit jemandem beobachtet hat. Auf dem Schulhof oder außerhalb.“
„Iß erst!“
„Heb es mir für heute abend auf“, bat Sandra.
„Sag Joschi, er dürfe nicht darüber sprechen!“ rief Frau Faber ihrer Tochter nach.
Joschi öffnete Sandra mit dem Kochlöffel in der Hand die Tür.
Er war allein. Joschi war tagsüber immer allein. Seine berufstätigen Eltern sah er erst am Abend.
„Bist du schon fertig?“ wunderte er sich. Denn gewöhnlich erledigten sie nach dem Mittagessen zunächst ihre Schularbeiten, bevor sie sich trafen.
Sandra klärte ihn über den Grund ihres unplanmäßigen Besuches auf.
„Gesine ist fort? Einfach so? Einfach abgehauen? Hätte ich ihr nicht zugetraut“, sagte Joschi betroffen.
„Nicht einfach so, sondern weil sie erpreßt worden ist“, berichtigte ihn Sandra.
„Glaubst du das?“
„Du nicht?“
„Viele laufen von zu Hause fort.“
„Aber dann hinterlassen sie nicht solche Briefe. Wenn man bloß wüßte, wer dahintersteckt. Außerhalb der Schule habe ich sie nie mit jemandem zusammen gesehen. Und auf dem Schulhof stand sie höchstens mal bei Doris. Deshalb komme ich ja zu dir. Sie muß noch andere gekannt haben.“
„Ich habe sie einmal getroffen“, sagte Joschi aufgeregt.
„Wo? Wann?“
Joschi wurde verlegen.
Es war an dem zweiten Montag nach Frau Ansbachs Geburtstag gewesen. Er hatte es Sandra gegenüber nicht erwähnt, damit Sandra nicht dachte, die Begegnung mit Gesine sei ihm so wichtig, daß er darüber sprechen mußte. Vielleicht hätte Sandra noch geglaubt, er habe sich heimlich mit Gesine getroffen.
Er rührte verbissen in der Suppe. „Unter der Autobahn-Südbrücke. Es war noch ein Mädchen dabei. Eine aus unserer Schule.“
„Eine aus unserer Klasse?“
„Nein, aber ich habe sie etwa eine Woche später mit Gesine auf dem Schulhof sprechen sehen. Daher weiß ich, daß sie in die Gutenberg geht.“
„Zeig sie mir morgen.“
„Was willst du denn von ihr?“
„Das weiß ich noch nicht. Mit ihr reden halt.“
„Meinst du, sie hat etwas mit der Erpressung zu tun?“
„Irgend jemand muß es ja sein. Wir müssen allen Spuren nachgehen.“
„Sie wird bestimmt nichts zugeben.“
„Hm.“ Das mußte Sandra sich selbst sagen.
„Was hast du eigentlich unter der Südbrücke gemacht?“ fragte sie.
„Ich kam mit meinem Vater vom Angeln. Gesine kam mit dem Mädchen aus der ehemaligen Laubenkolonie. Ich habe nicht mit ihr gesprochen. Ich habe sie nicht mal gegrüßt“, versicherte er. „Gesine tat auch, als würde sie mich nicht kennen.“
Sandra glaubte es ihm. Nach der Geschichte mit dem Him-
beergeld war Gesine für sie erledigt gewesen. Und Gesine wußte das.
Das war es ja, was Sandra jetzt so bedrückte.
Wenn sie damals in einem anderen Ton mit Gesine gesprochen hätte und nicht gleich als Anklägerin aufgetreten wäre, vielleicht hätte Gesine ihr dann ihre Schwierigkeiten anvertraut, und sie wären gemeinsam gegen den oder die Erpresser vorgegangen.
Sandra sah sich in Gedanken nachträglich als Gesines Beschützerin. Mann, das wäre so richtig ein Fall für sie gewesen. Sandra hätte den Erpressern schon eingeheizt.
Aber das konnte sie ja immer noch. Jetzt erst recht. Nur mußte sie sich nun allein vortasten und zunächst einmal herausfinden, wer diese Erpresserbande war. Joschi hatte sich auch dafür ausgesprochen, daß es mehrere sein mußten. Nur eine Bande besaß soviel Macht, einen solchen Druck auszuüben, es sei denn, der Erpresser arbeitete mit anonymen Drohbriefen. Doch das hielt Joschi für unwahrscheinlich. Gesines Großeltern nahmen ihre Post in Empfang.
„Machst du mit?“ fragte Sandra.
„Wobei?“
„Wir finden heraus, wer Gesine erpreßt.“
Joschi verschluckte sich fast an seiner Suppe. „Du bist verrückt. Da haben wir doch nichts mit zu tun. Wozu gibt es die Polizei?“
„Und wenn Bollerheys sich nicht an die Polizei wenden können?“
„Weshalb nicht? Wollen sie Gesine nicht wiederhaben?“
„Denk doch mal nach: Wenn sie die Erpressung melden, müssen sie auch gestehen, daß Gesine eine Diebin ist. Dafür kann sie in den Knast kommen. Ab vierzehn ist man
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