Sandra die Detektivin in Jeans
Freunde fühlte sie sich stark. Nur dort! Denn von Natur aus war Hortense eher feige. Deshalb suchte sie sich für ihre Quälereien auch nur die schwachen, kleinen Kinder aus — es sei denn, die Anwesenheit ihrer Freunde, die ihr Rückendeckung gab, ermutigte sie dazu, sich mit jemandem anzulegen, der ihr körperlich ebenbürtig war.
„Ich möchte euren Boß sprechen“, sagte Sandra.
Fedor fuchtelte mit dem Messer vor ihrem Gesicht. „Es gibt hier keinen Boß. Also los, was willst du von uns?“
Es gab keinen Boß?
Diese vier Schwachköpfe — pickelige Jugendliche, nicht älter als sie selbst — sollten das allein durchziehen?
Sandra konnte es nicht glauben.
Sie lachte spöttisch. „Euer Boß ist sich wohl zu schade, um mit mir zu sprechen? Oder hat er Schiß? Dann tut es mir leid um ihn. Mit Kindern verhandele ich nicht.“
Hortense, die auf der Bankecke neben der Tür Platz genommen hatte, streckte ihr Bein aus, und trat Sandra mit Wucht seitlich gegen die Kniescheibe.
Sandra taumelte. Sie griff haltsuchend hinter sich an die Tür. Doch sie fand an den Latten keine Stütze und fiel auf Roland und Klaudia.
Die beiden stemmten ihre Hände gegen Sandras Schultern und schoben sie zurück.
Sandra richtete sich auf.
Sie hatte plötzlich Angst. Panische Angst.
Joschi! Hilf mir, Joschi! Hol mich hier raus! flehte sie stumm.
Sie wandte sich zur Tür, um wegzulaufen.
Doch Hortense war schneller. Trotz ihres schmerzenden Knöchels sprang sie blitzschnell auf und blockierte den Fluchtweg.
„Soll ich sie fesseln, Fedor?“ fragte Roland und drückte sich mit einem Schwung von der Matratze ab.
Doch Klaudia zog ihn zurück. „Idioten, denkt doch an den Brief von Gesine, den sie hat!“
„Wetten, daß sie keinen hat? Die will sich bloß wichtig machen. Guckt nur, wie sie zittert“, sagte Hortense verächtlich.
Diese Bemerkung half Sandra, ihrer Angst Herr zu werden.
Hortense hatte recht. Mit dem Trumpf, den Sandra angeblich in der Hand hatte, brauchte sie die Bande nicht zu fürchten. Es sollte eher umgekehrt sein.
Also, reiß dich zusammen, Sandra! befahl sie sich. Du darfst jetzt keine Schwäche zeigen.
Sie straffte ihre Schultern.
„Ich zittere vor Wut“, sagte sie. „Außerdem tut mir mein Knie weh. Dafür sollte ich dich skalpieren!“ sagte sie zu Hortense. Sie setzte sich auf die Bank. „Eigentlich sollte ich ja weggehen. Es gibt bestimmt genug andere Banden, die froh wären, eine Mitarbeiterin wie mich zu bekommen. Aber ich bin bereit, mit euch zu reden. Also, seid vernünftig, dann bleibe ich. Und du“, sie funkelte Hortense an, „mach so etwas nicht noch einmal, sonst lasse ich euch alle hochgehen.“
„Falls du hier herauskommst“, erwiderte Hortense höhnisch.
Doch Fedor, den Sandras Rede beeindruckt hatte, herrschte sie an: „Halt die Klappe, Hortense!“
Sandra lächelte hochmütig. „Jetzt will ich euch mal erzählen, wo‚s langgeht, damit ihr endlich begreift, mit wem ihr es zu tun habt.“ Sie schlug die Beine übereinander und lehnte sich, sich betont lässig gebend, in der Bank zurück. „Ich habe den bewußten Brief mit einem Zettel, auf dem steht, wo ich jetzt bin, auf unseren Küchentisch gelegt. Meine Mutter kommt gegen acht Uhr vom Dienst. Falls ich bis dahin nicht zurück bin, liest sie den Zettel und den Brief. Und dann rennt sie zur Polizei, darauf könnt ihr euch verlassen.“
Die Drohung schlug wie eine Bombe ein.
„Wenn sie nun früher zurückkommt?“ schrie Klaudia schrill.
„Bist du sicher, daß sie nicht schon zurück ist?“ fragte Fedor in Panik.
„Wir hauen besser hier ab“, schlug Roland aufgeregt vor.
Nur Hortense zeigte keine Panik.
Was immer auch passierte, es schien ihr egal zu sein. Vielleicht war sie auch die einzige, die Sandra durchschaute.
„Ihr braucht euch nicht in die Hosen zu machen. Beruhigt euch“, sagte Sandra. „Meine Mutter arbeitet auf dem Fernmeldeamt. Vor halb acht ist ihre Schicht nicht zu Ende. Ich wollte euch nur daran erinnern, daß ihr meine Zeit besser nicht vergeudet. Kommen wir also zur Sache: Ich will bei euch mitmachen.“
„Wie stellst du dir das vor?“ rief Roland. „Wir sind Leute genug, die...“
Hortense fiel ihm ins Wort. „Wobei mitmachen?“ fragte sie und machte Roland die „Vogel“-Bezeichnung für sein vorschnelles Eingeständnis, daß sie sich zu einem bestimmten Zweck zusammengeschlossen hatten.
„Ich weiß nicht, wovon du redest“, sagte sie zu Sandra. „Wir sind einfach nur
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