Sandrine
Hausherrn zu.
Ja, tatsächlich, er verhielt sich völlig neutral. Als sei wirklich absolut nichts geschehen.
"Schade, daß der Abend so enden mußte - dadurch, daß mein Mann überraschend abberufen wurde. Es stellt sich mir natürlich die Frage, wie ich nun nach Hause kommen kann. Wäre es zuviel verlangt von Ihnen, wenn Sie mich bringen würden?"
"Jetzt schon?" wunderte sich der Hausherr.
Ich zuckte bedauernd mit den Achseln. "Die Abberufung meines Mannes ist wie ein Omen.
Wir kamen zu zweit, also sollten wir möglichst auch gleichzeitig gehen. Finden Sie nicht auch? Ich meine, wir begannen ja schließlich den Abend zu viert und sollten ihn nicht zu dritt enden lassen. Nein, es gibt keinen anderen Grund außer dem einen: Ich bin ein wenig abergläubisch."
"Tatsächlich?" wunderte sich die Hausherrin.
Ich lächelte sie wieder an. "Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn mich Ihr Mann persönlich nach Hause bringt, werte Freundin?"
"Warum sollte ich?" Ihr Blick huschte kurz zwischen ihrem Mann und mir hin und her, aber sie sah offensichtlich immer noch keinen Grund für ein erneutes Mißtrauen. Jetzt war es an ihr, mit den Achseln zu zucken. "Ja, wenn Sie wirklich schon gehen wollen... Ich bedauere es zwar zutiefst, weil der nette Abend ja erst begonnen hat, aber..."
"Wir holen den Rest mit absoluter Bestimmtheit nach!" versprach ich herzlich und drückte mal wieder ihre zierlich erscheinenden Schultern. Abermals ein Kuß auf ihre Wange.
"Danke!"
"Wozu bedanken Sie sich?"
"Für alles! Den freundlichen Empfang, die Herzlichkeit der Gastgeber, den netten Abend, dieses herrliche Studio hier unten, wo es kein Mensch vermuten würde... Ja, einfach für alles: Danke!"
Ich wandte mich an den Hausherrn. "Und danke auch an Sie, weil sie mich heimbringen wollen!"
Dabei hatte er mit keinem Wort erwähnt, was er überhaupt von dieser Idee hielt.
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Ich wandte mich wieder der Hausherrin zu, nickte lächelnd und schritt an ihr vorbei, allerdings so, daß ich über die Anordnung der Spiegel gerade noch sehen konnte, daß er gegenüber seiner Frau eine Geste des Bedauerns zeigte. Als müßte er sich bei ihr dafür entschuldigen, daß er sich allein mit mir auf den Weg machen würde.
Hoffentlich kam die Hausherrin jetzt nicht auf die Idee, uns begleiten zu wollen. Das wäre ganz und gar nicht in meinem Sinne gewesen.
Ich wartete nicht darauf, weil ich mich sonst vielleicht verdächtig gemacht hätte, und ging die Treppe hinauf ins Erdgeschoß.
Das traute Pärchen folgte mir sogleich, und er gab dem Diener zu verstehen, daß er gemeinsam mit ihrem weiblichen Gast gehen wolle.
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4
Wenig später schritten wir zu seinem Wagen, den der Diener vorgefahren hatte. Er hielt mir die Beifahrertür auf.
"Normalerweise bemühe ich meinen Chauffeur", erzählte er mir dabei, "aber es wäre wohl übertrieben, so spät abends den noch aus dem Bett zu holen."
"Außerdem wäre es dann unsinnig, wenn Sie mich nach Hause begleiten würden, nicht wahr?" bemerkte ich und winkte der Hausherrin zu, die in der Tür stehengeblieben war. Sie winkte ahnungslos zurück, während ihr Gatte plötzlich eine sehr verschlossen wirkende Miene zur Schau trug, nur noch wartete, bis ich endlich eingestiegen war, dann viel zu heftig die Tür zuknallte und den Wagen umrundete.
Er war die personifizierte Absicht, absolut standhaft zu bleiben und meine sämtlichen Bemühungen in erotischer Beziehung absolut kühl und gelassen zu kontern.
Ich hätte beinahe laut losgelacht. Es ist schon seltsam, daß ich als Frau die Männer wesentlich besser kenne als die Männer sich selber. Aber bitte, Iris, das müssen die Männer nicht unbedingt wissen, daß wir Frauen sie eigentlich besser kennen als sie sich selber jemals kennen könnten. Versprichst du mir das?
Naja, auch gut. Ich habe mich nun einmal angeboten, dir aus meinem Leben zu berichten, und schließlich bist du Schriftstellerin und wirst nichts eiligeres zu tun haben, als alles dies, was ich dir berichte, gleich an die große Glocke zu hängen. Also auch das Ausplaudern solch wichtiger Frauengeheimnisse... Ich habe es ja nicht anders gewollt. Wie käme ich denn dazu, dir jetzt auch noch dessentwegen Vorwürfe machen zu wollen...
Doch weiter im Text: Auch er stieg ein, nicht ohne seiner Frau zuzuwinken, und sie blieb in der Tür stehen, bis wir ihren Blicken entschwunden waren.
So lange hielt ich die Hände bei mir. Dann tätschelte ich
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