Sandrine
an.
Sie wurde sogleich unsicher, als sie den Ernst in meiner Miene sah. Aber sie fragte nichts, sondern wartete ab, ob ich ihr noch etwas zu sagen hatte, was sie noch nicht wußte.
Ich ließ sie sekundenlang zappeln und spürte dabei, wie sich ihre Haltung versteifte. Ich hatte sie aufgemuntert, aber dieser Effekt war jetzt wie verflogen. Dafür hatte ich etwas erreicht, was jetzt verstärkt anhalten würde: Ich hatte vollends ihr Vertrauen gewonnen - ich, als beste Freundin, die ihr in höchster Not beistand...
"Dein Mann...", begann ich zögernd.
"Was ist mit ihm?" stieß sie alarmiert hervor. Ihre Lippen preßten sich zusammen, bis sie zu einem schmalen, roten Strich wurden. Ihre Augen flackerten nervös. Die Tränen waren getrocknet. Sie wich meinem Blick nicht aus.
"Wo ist dein Mann?" fragte ich eindringlich.
"Bei - bei deinem Mann?" antwortete sie vorsichtig, und es klang tatsächlich eher wie eine Frage.
"Das hat er gesagt?"
"Ja, was...?" Ihre Stimme versagte. Aber sie fing sich wieder: "Was denn sonst?"
"Ich weiß, daß er mit meinem Mann telefoniert hat. Der wunderte sich nämlich und sagte es mir: Dein Mann hat ihn gebeten, er solle behaupten, sie hätten eine geschäftliche Besprechung."
"Behaupten?"
"Ja, so hat sich mein Mann ausgedrückt. Er fügte noch hinzu: >Eigentlich schade, daß ich keine Zeit für ihn habe, denn es gäbe tatsächlich noch eine Menge zu besprechen. Aber seltsam ist das schon. Vielleicht geht er sogar fremd?< Ich ging nicht darauf ein, und er schaute nachdenklich drein. Dann aber machte er eine wegwerfende Handbewegung und meinte leichthin: >Nun, man muß ja nicht immer gleich das Schlimmste annehmen. Vielleicht nur eine Überraschung für seine liebe Frau? Vielleicht hat sie Geburtstag oder so ähnlich, und er muß entsprechende Vorbereitungen treffen - natürlich in aller Heimlichkeit, versteht sich, sonst wäre es ja keine Überraschung mehr? Mich sollte das nun wirklich nicht kümmern. Er ist ein guter Geschäftsfreund. Ich sollte seinem Wunsch entsprechen.< Nein, ich sagte nichts, obwohl ich es liebend gern getan hätte. Aber sollte ich ihm denn tatsächlich verraten, daß dein Mann ein Verhältnis mit meiner Zwillingsschwester hat? Würde er das denn verstehen? Wohl kaum. Es würde einen Skandal heraufbeschwören: Meine Zwillingsschwester im Bett mit einem seiner besten Geschäftsfreunde. Er würde nicht nur an die moralische Dimension dabei denken, sondern sicher auch an die geschäftliche: Wenn deine Ehe zerstört wurde, was war dann mit ihren gemeinsamen Geschäften? Welche Folgen also hätte das sogar für ihn?«
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Die letzten Sätze hatte sie nur mit halbem Ohr vernommen. Sie wankte, als würde sie jeden Augenblick zusammenbrechen.
Ich nahm sie fest in die Arme. Jetzt sehr bestimmend, nicht nur einfach wie eine tröstende Freundin. Ich drückte sie und sagte sehr ernst: "Es ist die bittere Wahrheit, aber die sagte ich dir nicht, damit du dich jetzt aufgibst, Liebes, sondern ganz im Gegenteil: Du mußt erkennen, daß es Dinge gibt, die nur so lange wehtun, wie du es zuläßt!"
"Wie?" fragte sie verwirrt, und sie erholte sich tatsächlich wieder.
Ich drückte sie auf halbe Armlänge von mir weg und schaute sie forschend an. Mein Gesicht kam etwas näher, und als ich sprach, mußte sie meinen Atem riechen.
"Es ist eine unverrückbare Tatsache, daß in diesem Augenblick dein Mann und meine Zwillingsschwester zusammen sind. Sie schlafen miteinander. Es ist keine Liebe zwischen ihnen. Meine Schwester weiß gar nicht, was Liebe ist, aber sie weiß sehr wohl, wie man einen Mann verrückt nach ihrem Sex macht. Sie ist die absolute Expertin darin. Dein Mann hat nicht die geringste Chance, ihr zu widerstehen. Aber du solltest jetzt nicht dich und damit auch deine Ehe vollends aufgeben, sondern du solltest etwas tun, um dein inneres Gleichgewicht wiederzufinden. Nur so wirst du genügend Kraft haben, dieses Tief in eurer Ehe erfolgreich zu überwinden. Dein Mann liebt dich noch immer, glaube mir, und deshalb lohnt es sich doppelt."
"Ich weiß immer noch nicht, wie ich dies alles schaffen soll!" sagte sie resignierend.
Ich lächelte sanft und streichelte ihr spontan über das Gesicht. "Ganz einfach, Liebes: Indem du lernst! Ja, gewiß, du mußt noch viel lernen, wenn du einer Person wie meiner Zwillingsschwester Konkurrenz bieten willst."
"Lernen?" echote sie verblüfft. "Wie und wo?"
"Sie ist meine Zwillingsschwester, vergiß das
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