Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe
sollte, als Charlie sich neben ihm bewegte und damit auf sich aufmerksam machte. Da erinnerte er sich wieder an den eigentlichen Zweck dieses Besuches. Er straffte die Schultern und nickte. Schließlich tat er dieses ja für den Jungen.
Charlie sah die Frau, die vor ihnen stand, verwundert an. Nie zuvor war ihr so jemand begegnet. Die Frau trug ein knallrotes Seidengewand, wobei man kaum von „tragen“ reden konnte. Es sah eher so aus, als hätte man ihr den Stoff angegossen.
Hatte Radcliffe sich etwa geirrt? Er wollte doch ganz sicher nicht hierher kommen! Der Kutscher musste die Adresse falsch verstanden haben!
In den Räumen hinter Aggie bewegte sich etwas, das Charlies Aufmerksamkeit erregte, und sie versuchte, um die Frau herumzuspähen. Unmöglich. Die Rotgewandete füllte den ganzen Türrahmen aus wie ein Napfkuchen eine Backform.
Als spürte sie Charlies Versuch, an ihr vorbeizuschauen, bewegte sie sich zur Seite und gewährte dem vermeintlichen Burschen einen Blick in den beleuchteten Raum. Was Charlie dort entdeckte, schockierte sie noch mehr als die Frau selbst.
Sie sah zehn bis zwölf Frauen und ebenso viele Männer.
Alle bewegten sich umher, lachten laut und tranken, und -gütiger Himmel – die Frauen waren fast nackt! Und ganz offensichtlich von loser Moral. Wie sollte man auch sonst eine Frau bezeichnen, die sich von einem Mann vorn an ihrem durchsichtigen Gewand betasten ließ, als suchte er dort nach einem Monokel, das ihm aus dem Auge und direkt in ihr Mieder gefallen war?
Charlie sagte sich, dass sie sich hier ganz eindeutig am falschen Ort befanden. Benommen schaute sie auf Radcliffe, während die entsetzliche Aggie sie hereinwinkte.
„Komm schon, mein Junge. Du wirst es hier ungemein erbaulich finden.“
Charlie blieb nichts anderes übrig, denn Radcliffe fasste sie beim Arm und zog sie mit sich. Sie kam sich vor wie Naschwerk bei einer Teegesellschaft. Sobald sie in den Raum gezerrt wurde, fiel die Hälfte der „Damen“ über sie her, gurrten und raunten süß, was für ein hübscher Junge sie doch sei und dass aus ihr einmal ein starker und schöner Mann werden würde. Auch mit den Händen waren sie sehr freizügig. Sie ließen sie über Charlies Wangen, ihre Schultern und ihre gebundene Brust gleiten. Eine Frau kniff ihr sogar in den Po und lobte dann dessen Festigkeit.
Dieser Griff weckte Charlie aus ihrer Benommenheit. Unvermittelt fuhr sie herum und wollte zur Tür laufen, doch Radcliffe packte sie sofort beim Kragen und zog sie zu sich heran.
„Nun mal langsam“, befahl er. Irgendwie schien ihn ihr Fluchtversuch sogar zu amüsieren. Anscheinend war er selbst ein wenig überwältigt, doch das interessierte Charlie jetzt nicht. Während die Frauen sich auf sie stürzten wie ein Wolfsrudel auf ein Lamm, suchte sie nur nach einem Ausgang.
Radcliffe deutete auf eine leere Couch an der Wand, zu der er Charlie zog. Kaum hatte er sie darauf gedrückt, brachte ihm eine der Frauen schon ein gefülltes Glas. Das reichte er sofort an Charlie weiter und richtete sich dann auf.
„Bleib hier ruhig sitzen. Ich will einmal mit Aggie reden.“
Ehe Charlie dagegen protestieren konnte, allein gelassen zu werden, war Radcliffe schon fort, und das Wolfsrudel kam zurück. Die beiden Jüngeren waren am schnellsten.
Charlie würde sie jünger als sich selbst geschätzt haben, wenn es sie denn interessiert hätte, was allerdings nicht der Fall war. Die beiden Mädchen eilten herbei, jedes fasste einen ihrer Arme und zog ihn sich an die Brust. Mit finsterer Miene konzentrierte sich Charlie darauf, zu verhindern, dass ihr Glas nicht überschwappte und der Inhalt sich über eine dritte Frau ergoss, die sich auf ihren Schoß gesetzt hatte.
„Na, du?“ gurrte diese und schlang ihre Arme fest um Charlies Nacken. „Ich glaube, wir beide könnten gute Freunde werden.“
„Dann glaubst du falsch“, stieß das Mädchen zu Charlies Rechter bitter hervor. „Du weißt doch ganz genau, dass Aggie kleine, unschuldige Jungen immer für sich behält.“
„Aggie ist ein ekelhaftes altes Schrapnell“, erklärte die Frau auf ihrem Schoß gereizt und lächelte Charlie dann süß an. „Ich wäre dir doch bestimmt lieber als diese dicke, alte Kuh, nicht wahr? Schau dir nur an, was ich dir zu bieten habe. So etwas Köstliches wie das hier findest du bei Aggie nicht.“ Mit einer Hand zog die Frau ihr fast durchsichtiges Mieder herunter, entblößte ihre Brüste und drückte ihre andere Hand sanft, doch
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