Sanft kommt der Tod
wahr?«
»Ich habe niemanden umgebracht. Ich wurde vergewaltigt. Und als Opfer einer Vergewaltigung habe ich das Recht, meine Privatsphäre zu schützen und mich psychologisch betreuen zu lassen. Von diesen beiden Rechten mache ich Gebrauch. Falls Sie meine Vergewaltigung unter Verwendung meines Namens ins Protokoll aufnehmen, kann und werde ich Sie deswegen verklagen. Solange Sie mich keines Verbrechens im Zusammenhang mit dieser Vergewaltigung beschuldigen, sind Sie verpflichtet, meine Anonymität zu wahren. Ich will zu einer Psychologin. Ich kann jetzt keine Fragen mehr beantworten. Dafür bin ich zu erregt.«
»Auf Verlangen der vernommenen Person wird die Vernehmung beendet. Peabody.«
»Ich werde eine Psychologin einbestellen.« Peabody bleckte die Zähne, wandte sich zum Gehen, blieb dann aber noch einmal stehen. »Da der offizielle Teil unseres Gesprächs beendet ist, kann ich jetzt sagen, was ich will. Sie sind eine Schande für unser Geschlecht«, sagte sie zu Mosebly. »Sie sind eine Beleidigung für jede Frau, die jemals das Opfer eines sexuellen Übergriffes war. Aber wir werden Sie auf alle Fälle drankriegen.«
Als Peabody aus dem Vernehmungszimmer stürmte, reckte Mosebly empört den Kopf. »Es ist einfach entsetzlich, dass ein Opfer sexueller Gewalt immer noch die Schuld in die Schuhe geschoben bekommt.«
Eve dachte an das Kind, das sie gewesen war, und an die fürchterlichen Träume, unter denen sie zeit ihres Lebens litt. »Sie sind ganz bestimmt kein Opfer«, meinte sie, bevor sie ebenfalls den Raum verließ.
»Diese widerliche Hexe. Diese widerliche, verlogene Hexe«, schnaubte Peabody. »Aber wir werden sie am Arsch kriegen.« Als Peabody vor einem Getränkeautomaten stehen blieb, rechnete Eve damit, dass sie vor lauter Zorn gegen die Kiste treten würde. Hoffte es sogar.
Am Ende aber fischte ihre Partnerin nur ein paar Münzen aus der Tasche, bestellte für sich selbst eine kalorienfreie Pepsi und drückte Eve eine normale Pepsi in die Hand.
»Warum ist sie eine verlogene Hexe?«, fragte Eve.
»Also bitte!«
»Nein, sagen Sie es mir.«
Peabody nahm einen Schluck aus ihrer Dose und lehnte sich an das Gerät. »Sie haben sie erschreckt, als Sie verkündet haben, dass sie Sex mit Williams hatte. Sie dachte, dass das niemand weiß. Und dann haben sich die Rädchen in ihrem Hirn in Bewegung gesetzt. Himmel, man konnte es praktisch sehen. Klack, klack, klack. Hexe«, wiederholte sie und nahm den nächsten großen Schluck. »Sie hat die Tatsache ausgenutzt, dass Williams wegen der Drogen in seiner Wohnung hochgenommen worden ist. Aber ihre Reaktionen waren grundverkehrt. Sie ist nicht das Opfer einer Vergewaltigung. Sie hat weder falsche Scham oder Schuldgefühle, weder Zorn noch Furcht noch sonst etwas gezeigt, was darauf schließen lässt. Ihre Körpersprache, ihre Stimme, ihr Gesichtsausdruck - vielleicht lässt sich ihr toller Verwaltungsrat damit beeindrucken, aber die Geschichte ist totaler Müll.«
Peabody holte tief Luft und atmete langsam wieder aus, bevor sie einen erneuten Schluck von ihrer Pepsi trank. »Williams war ein Widerling, aber das ist diese Mosebly auch. Sie ist jemand, der andere benutzt und manipuliert, sie ist eine feige Heuchlerin. Einfach ein ekelhaftes Weib.«
»Sie machen mich wirklich stolz.« Eve legte eine Hand auf ihre Schulter und nickte anerkennend mit dem Kopf. »Ja, sie ist ein ekelhaftes Weib. Sie hat freiwillig beim Synchronschwimmen mit diesem Typen mitgemacht. Auch wenn wir ihr kaum das Gegenteil beweisen können, weil ihr Partner aus dem Wettbewerb inzwischen ausgeschieden ist, wissen wir das genau. Aber ist dieses ekelhafte Weib auch eine Mörderin?«
»Wahrscheinlich. Sie hätte in beiden Fällen ein Motiv und die Gelegenheit zur Tat gehabt.«
»Wir hätten einfach gern, dass sie es ist. Als selbstgerechte Weiber würden wir das ekelhafte Weib gern wegen zweier Morde hinter Gittern sehen. Aber wir haben nicht einmal einen Beweis für einen Mord gegen diese Ziege in der Hand. Vor allem müssen wir erst mal sehen, ob unser untrüglicher Instinkt wirklich untrüglich ist und Williams tatsächlich ermordet worden ist.«
»Oh, ja.« Peabody ließ die Schultern sinken. »Diese Kleinigkeit hatte ich kurzfristig vergessen.«
»Es sind die kleinen Schritte, die den Menschen stolpern lassen, sodass er mit dem Gesicht zuerst auf den Gehweg knallt. Los, fahren wir in die Pathologie.«
14
Sie marschierte durch ihre Abteilung bis in ihr Büro,
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