Sanft kommt der Tod
beschützen. Sie wollen das tun, was das Beste für sie ist.«
»Ja, natürlich. Ja.«
»Sie wollten auch Trevor beschützen. Auch für ihn wollen Sie tun, was das Beste für ihn ist. Und Sie müssen wissen, dass es für sie beide eindeutig das Beste ist, wenn Sie uns gegenüber ehrlich sind.«
»Meine Babys.«
»Was ist an dem Weihnachtsmorgen geschehen, Allika?«, fragte Eve. »Was ist mit Trevor passiert?«
»Kinder wachen am Weihnachtsmorgen immer früher auf«, murmelte Allika, während ihr ein neuer Tränenstrom über die Wangen rann. »Das ist ganz normal. Sie sind so voller Vorfreude, so furchtbar aufgeregt. Sie kam herein, Rayleen kam in unser Schlafzimmer, als es noch dunkel war, und sprang auf unser Bett. Sie war so glücklich und so aufgeregt. Also sind wir aufgestanden, Oliver und ich. Wir sind aufgestanden, und Oliver meinte, er würde Trev holen gehen.«
Sie presste eine Hand an ihren Mund. »Im Jahr davor, an seinem ersten Weihnachten, war Trevor noch so jung, noch nicht einmal ein Jahr. Er hatte nichts verstanden. Aber inzwischen war er fast zwei und ... es wäre sein erstes richtiges Weihnachtsfest gewesen. Oliver meinte, er würde ihn holen und dann würden wir alle zusammen runtergehen und gucken, ob der Weihnachtsmann schon da gewesen war.«
»Und wo war Rayleen?«
»Rayleen war bei mir, während ich meinen Bademantel angezogen habe. Sie sprang auf dem Bett herum und klatschte in die Hände. Sie war einfach glücklich und hat so gestrahlt, wie ein kleines Mädchen am Weihnachtsmorgen strahlen soll. Aber dann sah ich, dass sie die kleinen, rosafarbenen Pantoffeln trug, die ich am Vorabend in ihren Strumpf gesteckt hatte. Die Pantoffeln, die sie gesehen hatte und unbedingt hatte haben wollen, als ich einmal mit ihr einkaufen gegangen war.«
Allikas Miene wurde völlig ausdruckslos, als wäre alles in ihr ausgelöscht.
»Rayleen hatte die Pantoffeln an«, wiederholte Eve.
»Sie waren mit Glitzersteinen besetzt, mit lauter Glitzersteinen, die ihren Namen gebildet haben. Sie hat es geliebt, wenn ihr Name auf den Dingen stand. Ich wollte etwas sagen, wollte ihr erklären, dass sie nicht schon alleine hätte runtergehen sollen, dass Daddy und ich ihr versprochen hatten, gleich mit ihr runterzugehen, egal, wie früh sie wach wird. Aber dann hörte ich Oliver schreien. Er schrie, als hätte jemand ihm das Herz herausgerissen, und ich hörte, wie er die Treppe runterrannte. Also bin ich losgerannt, bin losgerannt und habe ... mein Baby ... Oliver stand unten an der Treppe und hatte unser Baby auf dem Arm. Ich bin runtergerannt. Er war schrecklich kalt. Mein süßer, kleiner Junge. Er hatte Blut im Gesicht und war ganz kalt.«
»Was hat Rayleen getan?«
»Ich weiß es nicht. Ich ... ich kann mich nur noch undeutlich erinnern. Oliver hat geweint, und ich glaube, ich habe versucht, ihm Trevor abzunehmen, aber Oliver hat ihn nicht losgelassen. Er hat ihn so fest gehalten, dass ... ja, dann bin ich zum Telefon gerannt, um Hilfe zu rufen, und Ray ...«
»Was hat sie getan?«
Allika schloss die Augen und erschauderte. »Sie hat bereits mit dem Puppenhaus gespielt, das Oliver und ich unter den Baum gestellt hatten. Sie saß einfach in ihrem Schlafanzug und den pinkfarbenen Glitzerpantoffeln da und spielte mit ihren Puppen, als wäre nichts geschehen.«
»Da war Ihnen klar, was geschehen war.«
»Nein. Nein. Sie war ein kleines Mädchen. Sie hat es nicht verstanden. Sie konnte es gar nicht verstehen. Es war ein Unfall.«
Nein, dachte Eve, das war es nicht gewesen. Und das wusste auch Allika, und es machte sie verrückt.
»Allika, Sie haben keinen Schallschutz hier in Ihrer Wohnung. Aber nicht, weil Sie Angst haben, dass Rayleen etwas passieren könnte, ohne dass Sie etwas davon mitbekommen, sondern weil Sie Angst vor Ihrer Tochter haben und deshalb immer hören wollen, was sie gerade macht.«
»Sie ist mein Kind. Sie ist auch mein Kind.«
»Sie haben vor ein paar Monaten Ihre Tante in New Mexiko besucht. Sie arbeitet mit Leder. Wofür sie Rizinussamen, Rizinusöl braucht.«
»Oh Gott, hören Sie auf. Sie müssen aufhören.«
»Hat Rayleen Zeit mit ihr verbracht? Hat sie ihr bei der Arbeit zugesehen und ihr Fragen dazu gestellt? Sie will immer alles wissen, stimmt's? Sie ist immer sehr an allen Dingen interessiert.«
»Craig Foster war ihr Lieblingslehrer. Sie hat ihn sehr gern gehabt.«
»Aber trotzdem haben Sie sich schon gefragt, ob sie es vielleicht war. Genau wie das mit Williams.
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