Sanft kommt der Tod
draußen gehen und die beiden ... Maman, jemand hat Craig umgebracht. Maman.«
Eve hielt sich ein wenig abseits, während Cicely die trauernde junge Witwe tröstete und ihr fürsorglich in ihre Stiefel, ihren Schal und ihren Mantel half.
»Ich gehe mit ihr frühstücken«, sagte Cicely zu Eve. »Ein paar Häuser weiter gibt es ein Cafe. Falls Sie uns brauchen, finden Sie uns dort.«
»Danke.« Eve wartete, bis die Tür hinter den beiden Frauen ins Schloss gefallen war. »Er hatte also jeden Tag dieselbe Thermoskanne dabei.«
»Er war anscheinend ein Gewohnheitsmensch«, stellte Peabody fest.
»Ja, und zwar hat er nicht nur gewohnheitsmäßig jeden Tag Kakao getrunken, sondern auch noch immer dieselbe Kanne dafür benutzt. Seit über einem Jahr. Vielleicht hat der Mörder die gleiche Kanne irgendwo gekauft und sie einfach ausgetauscht.«
»Wir können überprüfen, wo und an wen die Marke und das Modell in den letzten Monaten verkauft worden sind.«
»Ja, das können wir. Aber erst mal sehen wir uns hier um. Los, machen wir uns an die Arbeit, Peabody.«
5
Es gab nichts in der Wohnung, was auf einen Mord hinwies. Kein in einem geheimen Fach verstecktes Gift, keine Drohbriefe und keine belastenden Fotografien.
Soweit Eve es sah und spürte, zeugte das Apartment einzig von dem Leben eines ganz normalen Paars, dessen Ehe noch frisch und ungetrübt gewesen war.
Auf dem Schreibtisch, den sich beide teilten, lagen beider Arbeitsmaterialien sowie jede Menge amüsanter, aufreizender E-Mails, die sie sich gegenseitig geschickt hatten. Zeichen der ersten stürmischen Verliebtheit und Zusammengehörigkeit, neben der nichts anderes mehr wichtig war. Außerdem gab es Aufzeichnungen von Gesprächen zwischen Lissy und ihrer Mutter sowie eines Anrufs von Mirri Hallywell, in dem sie mit den beiden Fosters sprach, einen Termin zum Lernen mit Craig bestätigte und mit Lissy über ein Date mit einem gewissen Ben plauderte.
Am Abend vor seinem Tod hatte Craig Foster die Fragen des Geschichtstests formuliert, den seine Schüler nie mehr schreiben würden, und fast eine Stunde über einem Aufsatz über die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen der Staaten nach den Innerstädtischen Revolten zugebracht.
Als Bildschirmschoner hatte er ein Hochzeitsfoto ausgewählt - Lissette in einem fließenden, weißen Kleid, er selbst in strengem Schwarz bei ihrem ersten Kuss als Ehefrau und Ehemann.
»Das geht einem wirklich an die Nieren«, meinte Peabody, als sie wieder in Eves Wagen saßen. »Wenn man sich in der Wohnung umguckt, sieht man lauter neue Sachen. Alles fing gerade erst an. Und jetzt ist es vorbei. Die guten, kaum benutzten Weingläser - bestimmt ein Geschenk zu ihrer Hochzeit -, die neuen Handtücher und der dazu passende Duschvorhang, die getrockneten Blumen aus dem Brautstrauß, der Film von der Trauung und der anschließenden Party. Das geht einem wirklich an die Nieren«, wiederholte sie.
»Es geht einem vor allem deshalb an die Nieren, weil man kein Motiv erkennen kann. Sie hatten nicht viel Geld, haben keine Drogen genommen, und die Wahrscheinlichkeit, dass einer von den beiden ein Verhältnis hatte, ist gleich null. Was also hatte er für ein Geheimnis?«
»Was er für ein Geheimnis hatte?«, fragte Peabody verständnislos.
»Alle Menschen haben Geheimnisse. Sachen, über die sie mit keinem Menschen reden. Alle Männer haben irgendwelche Dinge, die sie ihren Ehefrauen verschweigen.«
Peabody schüttelte den Kopf. »Die beiden waren frisch verheiratet, und so gut, wie die Beziehung offensichtlich war, kann ich mir nicht vorstellen, dass es irgendwelche Geheimnisse zwischen den beiden gab.«
»Deshalb sind es ja Geheimnisse«, murmelte Eve, während sie sich auf die Suche nach einem Parkplatz in der Nähe der Schule begab.
An der Schultür gab es eine Sicherheitskontrolle, und während die beiden darauf warteten, dass jemand ihnen die Erlaubnis zum Betreten des Gebäudes gab, sah Eve, wie eine Gruppe Lehrer - alle mit schwarzen Armbinden - durch die Aula lief. »Gehen wir noch mal das Timing und Fosters Aktivitäten durch. Wenn das Rizin nicht von zu Hause kam, kam es eindeutig von hier.«
Peabody zog ihren Notizblock aus der Tasche und blätterte darin herum. »Das Opfer war um sechs Uhr zweiundvierzig hier. Nach Aussage der Ehefrau hat es die Wohnung gegen sechs Uhr dreißig verlassen.«
»Er ist zu Fuß gegangen. Hat sich extra eine Wohnung in der Nähe der Schule gesucht, damit er seinen Arbeitsplatz
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