Sanft sollst du brennen
sommersprossigen Models, heute allerdings wirkte sie blass. Selbst ihre Sommersprossen waren farblos.
»Kein Wunder, dass wir beste Freundinnen sind. Wir sagen beide unverblümt, was wir denken.«
Konzentriert fädelte sie sich in den laufenden Verkehr ein. »Ich wünschte, du wärst hierher gezogen.«
»Ich liebe Boston ja auch, aber …«
»Ich weiß. Du musst dich um deine Schwestern kümmern.«
»Hauptsächlich um Isabel, und das auch nur noch kurze Zeit. Sie braucht ein bisschen Familienleben. Von uns dreien hat sie Mom am nächsten gestanden, für sie war es am schwierigsten.«
»Will sie immer noch nach Winthrop gehen?«
»Ja«, antwortete Kate. »Sie ist schon ganz aufgeregt. Es ist aber auch die perfekte Schule für sie.« Wenn ich genügend Geld für das Schulgeld aufbringe, ergänzte sie im Stillen. »Ich hoffe, dass sie auf dem College ein bisschen erwachsener wird. Mom hat sie immer wie ein Baby behandelt.«
Jordan nickte. »Sie ist ja auch die Jüngste in eurer Familie, aber sie ist clever. Sie schafft das schon.«
»Hast du Angst, Jordan?«
Der abrupte Themenwechsel störte ihre Freundin nicht. »Ja, große Angst«, erwiderte sie.
»Was hat der Spezialist gesagt?«
»Ich habe drei verschiedene Ärzte konsultiert, und alle drei haben gedrückt, gestochert und so viel Blut abgezapft, dass man eine Badewanne damit hätte füllen können.«
»Schönes Bild.«
»Sie müssen mich eben auf das Schlimmste vorbereiten.«
Kate nickte. »Und was passiert morgen?«
»Dr. Cooper operiert mich. Er hat sämtliche Optionen mit mir besprochen. Er macht die Biopsie, und dann sehen wir weiter.«
Kate holte tief Luft. Sie musste sich zusammenreißen. Ihre Freunde brauchte ihre Stärke.
Sie waren mittlerweile auf dem Storrow Drive angelangt, und Kate starrte aus dem Fenster auf den Charles River. Das Wasser glitzerte in der Sonne.
»Wir stehen das durch«, sagte sie zu Jordan.
»Ja.«
»Um wie viel Uhr müssen wir im Krankenhaus sein?«
»Um sechs.«
»Wir werden pünktlich sein, und wenn ich dich mit einem Elektroschocker aus dem Bett holen muss.«
Jordan lachte. »Das würdest du glatt fertigbringen. Dylan hat mir einmal ein klatschnasses Handtuch ins Gesicht geworfen, um mich aufzuwecken.«
»Hat es funktioniert?«
»Oh ja.«
»Aber besonders glücklich warst du wahrscheinlich nicht darüber.«
»Nein, das stimmt. Am nächsten Morgen habe ich ihm ein Glas kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet, um mich zu rächen. Er schlief in einem Zimmer mit Alec, und du weißt ja, wie schlampig er ist. Vermutlich habe ich daran einfach nicht gedacht. Auf jeden Fall stand Dylan senkrecht im Bett, als das Wasser ihn traf. Mir läuft es heute noch kalt über den Rücken, wenn ich daran denke. Er war wie der Blitz aus dem Bett, und als ich wegrennen wollte, fiel ich über einen von Alecs Schuhen und prallte gegen den Nachttisch. Ich habe mir das Knie aufgeschlagen und angefangen zu brüllen. Ich glaube, Alec schlief die ganze Zeit über einfach weiter, aber der arme Dylan hat mich schließlich die Treppe zu Mom heruntergetragen. Die Wunde musste genäht werden.«
»Wie alt warst du da?«
»Zehn oder elf.«
»Der reinste Satansbraten.«
»Ja, ja, ich hatte so meine Sternstunden, das kann ich dir sagen. Warum sollte Dylan eigentlich nicht wissen, dass du im Krankenhaus an seinem Bett gesessen hast?«
»Weil ich wegen dir da war, nicht wegen ihm.«
»Ach so, ja.«
»Und wenn er es wüsste«, fuhr Kate fort, »würde er keine Ruhe mehr geben. Dein Bruder nimmt einen gerne auf den Arm!«
»Ja, das stimmt. Aber da wir gerade von Dylan sprechen … Ich glaube, er hat was für dich übrig«, meinte Jordan.
»Dylan hat für alle Frauen was übrig.«
»Ja, er liebt die Frauen«, gab Jordan zu, »aber dich neckt er besonders gerne, weil du so leicht in Verlegenheit zu bringen bist.«
»Dass er zufällig ins Badezimmer gekommen ist, als ich bei meinem ersten Besuch in Nathans Bay geduscht habe, hat alles nur noch schlimmer gemacht. Ich glaube, das überwinde ich nie.«
»Oh ja, das habe ich ganz vergessen.« Jordan lachte. »Kein Wunder, dass er immer übers ganze Gesicht strahlt, wenn dein Name fällt.«
Sie bog um eine Ecke und steuerte einen Parkplatz genau vor ihrem Sandsteinhaus an. Das kam äußerst selten vor, und da sie einen schwarzen Geländewagen sah, der von der anderen Seite kam und anscheinend ebenfalls in die Parklücke wollte, gab sie Gas, um ihm zuvorzukommen. Wie ein Profi parkte sie ein.
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