Sanft sollst du brennen
Namen. Aber Kate ließ sich nicht so schnell wegdrängen.
»Wenn Sie nicht sofort gehen, rufe ich die Polizei«, warnte sie ihn.
»Sie kapieren es wohl nicht, was? Sie gehört mir. Wir fahren nächste Woche nach Europa und werden dort heiraten. Ich habe zu viel Zeit in ihre Gesangskarriere gesteckt, um sie jetzt ziehen zu lassen.«
Erneut kam er auf sie zu, aber dieses Mal war Kate schneller. Sie warf sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Tür und schloss sie. Dann schob sie den Riegel vor. Sie lehnte sich an die Tür.
Reece hämmerte dagegen und schrie Obszönitäten. Zwischendurch hielt er kurz inne, als erwarte er, dass sich die Tür plötzlich öffnen würde, aber dann schrie und hämmerte er weiter. Kate bekam Angst, dass er die Tür einschlagen würde.
Plötzlich wurde es still, und dann brüllte Reece, so laut er konnte: »Es ist noch nicht vorbei, du Luder!« Danach war es unheimlich still.
Kate wartete einen Augenblick, bis sie durch das Seitenfenster spähte. Reece torkelte über den Rasen. Am Bürgersteig bog er ab und ging weg.
Kates Herz raste. Sie rannte ans Telefon, um die Polizei anzurufen, hielt aber dann inne. Was sollte sie ihnen erzählen? Reece war zwar betrunken und lästig gewesen, aber er hatte sie nicht durch sein gewalttätiges Verhalten bedroht oder sonst einen Schaden angerichtet.
Vielleicht kam er ja zu Verstand, wenn er erst wieder nüchtern war.
Aber seine Abschiedsworte: »Es ist noch nicht vorbei!«, hallten in ihrem Kopf wider.
7
Mitten in der Nacht klingelte das Telefon.
Kate lag wach. Sie konnte einfach nicht schlafen. Als Kiera und Isabel wieder zu Hause waren, hatte sie ihnen von dem Vorfall mit Reece erzählt. Als sie die Sorge und die Angst auf ihren Gesichtern sah, hatte sie es nicht übers Herz gebracht, auch noch die finanziellen Probleme anzusprechen. Für einen Abend reichte es erst einmal. Mehr wollte sie ihnen nicht aufbürden.
Zahllose Male hatte sie über den Zahlen gebrütet, in der Hoffnung, eine Lösung zu finden, bevor sie das Problem ihren Schwestern enthüllen musste. Das Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Gedanken, und sie nahm rasch ab, damit die übrigen Hausbewohner nicht wach wurden. Gute Nachrichten waren um zwei Uhr morgens nicht zu erwarten. Hoffentlich war nicht Reece am Telefon.
»Habe ich dich geweckt?«, fragte Jordan.
Erleichtert stieß Kate die Luft aus. »Nein, ich bin hellwach. Was ist los?«
»Warum antwortest du nicht auf deine E-Mails? Ich sitze seit neun Uhr vor meinem Computer.«
»Tut mir leid. Ich bin mit den Rechnungen beschäftigt.« Jordans Stimme klang nervös, und Kate wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Irgendetwas Schreckliches musste passiert sein, sonst würde sie nicht mitten in der Nacht anrufen. Gute Nachrichten hatten immer Zeit bis zum nächsten Morgen.
Aber Kate hütete sich, sofort nach dem Problem zu fragen. Sie und Jordan waren schon sehr lange beste Freundinnen, und Kate wusste ganz genau, wie sie funktionierte. Unter Druck machte Jordan dicht.
»Was ist bei dir so los?«, fragte Jordan jetzt.
»Nichts Besonderes. Nur das Übliche.«
»Was denn? Kate, lass uns einen Moment lang über alltägliche Dinge sprechen, ja?«
Oh Gott, es mussten wohl ganz schlechte Neuigkeiten sein. Kate zog sich der Magen zusammen.
»Okay«, sagte sie. »Ich bin die Rechnungen durchgegangen, und weißt du, was ich herausgefunden habe? Nein, du brauchst nicht zu raten, darauf kommst du nie. Mom hat vor ihrem Tod einen Kredit in der Höhe des Empire State Building aufgenommen und in den letzten drei Jahren nur Zinsen dafür bezahlt. Die Schlussrate ist in einem Monat fällig, und damit gehen das Haus, das Auto und unser gesamtes Vermögen drauf, einschließlich meiner Firma und meines Namens. Ach, und gestern Abend bin ich beinahe in die Luft geflogen.«
»Du fehlst mir so.«
»Du hast mir überhaupt nicht zugehört, was?«
»Oh, tut mir leid. Was hast du gesagt?«
Das war kein Witz. Jordan hörte sich so an, als sei sie meilenweit weg. Der Druck auf Kates Magen verstärkte sich.
»Ich habe gesagt, es ist heiß hier, heiß und feucht. Was ist bei dir?«
»Ich habe einen Knoten.«
Auf einmal war alles anders. Die Sorgen um das Haus, die Rechnungen und das Schulgeld waren vergessen, und nur noch ihre Freundin war wichtig.
»Wo? Wo denn?« Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben.
»In der linken Brust.«
»Warst du schon bei einem Spezialisten? Bist du richtig untersucht worden?«
»Ja«, antwortete Jordan.
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