Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
sollen. Wenn tatsächlich jemand mit bösen Absichten in der Dunkelheit lauerte, wusste er jetzt ganz genau, wo sie sich aufhielt, und sie saß im Kellergeschoss in der Falle. Es sei denn, sie nahm die Treppe zum Küchenbereich, wo es einen weiteren Ausgang gab. Aber das war zu weit, der Weg führte einen langen, gewundenen, dunklen Korridor entlang. Es war besser, die Haupttreppe zu benutzen.
Vor Nervosität brach ihr der Schweiß aus; kalte Angst schnürte ihr die Kehle zu.
Zum Teufel mit dem verdammten Rucksack. Sie umklammerte die Pfefferspraydose, als sei sie ein silbernes Kreuz zur Abwehr von Vampiren, und schlich behutsam die Treppe hinauf. Im Gehen zog sie ihr Handy aus der Tasche und klappte es auf. Es piepte. O Gott, wie schaltete man bei dem verdammten Ding den Ton aus, damit der Eindringling im Theater sie nicht hörte? Das Blut rauschte ihr in den Ohren. Sie wagte kaum zu atmen, ihr Mund wurde trocken. Sie schluckte krampfhaft. Drückte die Kurzwahltaste für zu Hause auf ihrem Handy und hörte das Rufzeichen. Bitte, melde dich. Bitte. Vorsichtig drehte sie sich auf dem Treppenabsatz um und lauschte.
Krach!
»O nein!« Jenna fuhr herum, den Finger auf dem Sprühknopf des Pfeffersprays. Das Handy entglitt ihr und fiel klappernd zu Boden.
Irgendetwas streifte ihre Waden.
Sie fuhr zusammen und hätte beinahe vor Angst aufgeschrien, doch dann sah sie Oliver. Die Katze blickte mit großen grünen Augen zu ihr auf. Ein alter Schirmständer war umgefallen und rollte über den Boden. »Himmel, Oliver, du hast mir einen Heidenschrecken eingejagt!«
Der Kater miaute klagend zu ihr auf, und sie verzieh ihm auf der Stelle. Erleichterung ließ sie aufatmen, sie tätschelte seinen samtigen Kopf und stellte den Schirmständer wieder auf. »Entschuldige«, sagte sie sanft, während er schnurrte wie der Motor eines Segelflugzeugs. »Ach, was freue ich mich, dich zu sehen. Du kannst dir ja nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue.«
Sie hob ihr Handy auf und schob es in die Tasche. »Es ist wohl nicht zu übersehen, dass ich in letzter Zeit reichlich nervös bin, wie?«
Das war stark untertrieben – ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, so sehr, dass sie gar nicht mehr an den Kater gedacht hatte.
Als sei er stolz darauf, sie zu Tode erschreckt zu haben, rieb Oliver sich an ihrem Bein, während sie beruhigt ihr Pfefferspray einsteckte. »Du bleibst hier und hältst Wache«, befahl sie dem Kater, der sich gleichmütig in Rindas Büro verzog, auf den Schreibtisch sprang und anfing sich zu putzen. »Gut. So ist’s recht. An dir kommt kein Bösewicht vorbei«, schmeichelte sie ihm.
Bamm! Bamm! Bamm!
Ein heftiges Klopfen ließ die Fenster scheppern und hallte durch das Theater.
Jenna fuhr erschrocken zusammen.
»Jenna? Hier ist Shane Carter«, dröhnte die Stimme des Sheriffs durch die Tür.
Ihre Knie wurden weich. Carter? Hier? Erleichtert lief sie zur Tür und schloss sie auf.
Mit einer Miene, die finster war wie die Nacht, stand er dort unter dem vorgezogenen Dach.
Tränen der Erleichterung traten ihr in die Augen, als er eintrat.
»Ist alles in Ordnung?«
Nein! Was denken Sie denn? Nichts ist in Ordnung, seit ich diesen ersten Brief bekommen habe! Sie schluckte krampfhaft und riss sich zusammen. »Ja … Ich glaube schon«, log sie
»Bestimmt?«
»Ja, das heißt, ich … Mir geht’s gleich wieder besser.« Sie kam sich idiotisch vor, kämpfte gegen die Tränen an, damit er nicht sah, dass sie kurz vor dem Nervenzusammenbruch stand. »Aber ich bin erleichtert. Und froh, dass Sie hier sind.«
Er legte den Arm um ihre Schultern, und sie hätte sich am liebsten an ihn geschmiegt und ihren Tränen freien Lauf gelassen, sich völlig gehen lassen, gleich hier im Vorraum des Theaters. »Ist ja gut«, sagte er sanft, und ihr wollte schier das Herz brechen, als seine Lippen ihre Stirn streiften. »Ihnen fehlt nichts.«
Sie lachte. »Wie können Sie das sagen?« Dass ihr nichts fehlte, traf nicht zu, und gut war ganz eindeutig überhaupt nichts.
Er blickte an ihr vorbei und suchte das Innere der alten Kirche ab. »Sonst noch jemand hier?«
»Nur Oliver.«
»Wer? Ach so, Rindas Katze.«
»Ja, seinetwegen hatte ich fast einen Herzinfarkt. In Anbetracht meines Zustands in letzter Zeit ist das wohl nichts Ungewöhnliches.«
Carter drückte kurz ihre Schultern und ließ sie dann los. »Schließen wir ab und sehen wir zu, dass Sie nach Hause kommen. Gesund und wohlbehalten.«
»Klingt gut.« Mehr
Weitere Kostenlose Bücher