Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
denken uns lieber etwas Einfacheres aus.«
Whitaker zuckte mit den Schultern und schlürfte seinen Kaffee. »Hauptsache, Sie vergessen es nicht.«
»Alles verstanden?«, fragte Harrison, schleppte die Kabelrolle zum Zaun und gesellte sich zu ihnen.
Jenna kehrte dem Wind den Rücken und griff in ihre Tasche. »Nie.« Sie holte einen kleinen Becher hervor. »Ich dachte, du könntest etwas zum Aufwärmen gebrauchen.«
Harrison sah sie aus seinen blauen Augen an, und in seinen Mundwinkeln spielte ein leises Lächeln, kaum sichtbar unter seiner Strumpfmütze. Als rührte ihn ihre Freundlichkeit. In letzter Zeit hatte ein ziemlich scharfer Ton zwischen ihnen geherrscht. »Danke«, sagte er und nahm den Becher entgegen. »Es ist wirklich ein bisschen kalt hier draußen.«
»Etwa minus fünfundzwanzig Grad«, pflichtete Whitaker ihm bei. »Nimmt man den Wind hinzu, wird’s noch schlimmer.«
Umwirbelt vom Schnee reichte Whitaker ihm lächelnd die Thermoskanne. »Und Sie?«, fragte er Jenna.
»Ich habe meinen Kaffee im Haus. Ich lasse Sie beide jetzt hier draußen frieren und trinke meinen am Feuer«, scherzte sie.
»Wie reizend«, spottete Whitaker.
»Kommen Sie rein, wenn Sie fertig sind, und wärmen Sie sich auf.«
»Nachher«, brummte Whitaker. »Wir sind hier beinahe durch.«
»Gott sei Dank – es ist wirklich kalt wie in Sibirien.« Brennan sah Jenna abschätzend an. »Nicht dass du mich falsch verstehst, ich will mich keineswegs beklagen. Kälte hat mir nie was ausgemacht. Gewöhnlich ist der Winter meine liebste Jahreszeit.«
35. Kapitel
I m Büro des Sheriffs ging es zu wie in einem Irrenhaus. Obwohl das FBI und die Staatspolizei von Oregon sich an der Aufklärung der Entführungsfälle und des Mordes beteiligten, herrschte in der Behörde Personalmangel, denn es waren bereits wieder neue Probleme hinzugekommen. Mit den Sturmschäden, vereisten Straßen, Eingeschneiten, Stromausfällen und Idioten wie dem Jungen, der sich beim Versuch, die Pious Falls zu ersteigen, an acht Stellen das Becken gebrochen hatte, waren Carters Leute vollauf beschäftigt. Obwohl die Straßen noch immer kaum befahrbar waren, fiel die Presse en masse in Falls Crossing ein.
Ein Suchtrupp forschte nach Lynnetta Swaggart. Die Gruppe bestand zum größten Teil aus Freiwilligen – Nachbarn, Freunden, Gemeindemitgliedern –, die ohnehin schon erschöpft waren, nachdem sie auf der Suche nach Sonja Hatchell und Roxie Olmstead durch die verschneiten Wälder und Felder gestapft waren. Sogar die »Explorer Scouts«, junge Leute, die eine Laufbahn bei der Polizei anstrebten und oft zu Suchtrupps herangezogen wurden, waren müde, gereizt und durchgefroren bis auf die Knochen. Die sonst so eifrige Gruppe nahm diese neuerliche Suche sichtlich lustlos in Angriff.
Carter saß hinter einem wachsenden Berg von Papieren, leeren Kaffeebechern und einem Stapel von Telefonnummern, die er noch anrufen musste, an seinem Schreibtisch. Der Großteil des Papierkrams würde warten müssen – die verschwundenen Frauen hatten höchste Priorität. Lynnettas Mann machte indessen das Beste aus der schrecklichen Situation.
Reverend Derwin Swaggart war im Fernsehen aufgetreten und hatte trockenen Auges, wenn auch sichtlich erschüttert, vom Willen Gottes gefaselt und um Gebete für seine Frau ersucht. Für diesen Abend war eine Mahnwache mit Kerzenlicht geplant, und der Reverend forderte die Bevölkerung auf, nicht nur für Lynnetta, sondern auch für die anderen verschwundenen Frauen zu beten.
Die Stimmung war auf dem Tiefpunkt.
Deputys wie auch Büroangestellte benötigten dringend eine Pause.
Sogar BJ war nicht mehr sie selbst.
Sie kam zu Carter ins Büro und schloss die Tür hinter sich. »Du weißt ja, ich habe ein Problem mit Ian Swaggart, ein großes Problem sogar. Er hängt immer noch mit Megan ab, und der Junge bedeutet Ärger, aber das hier …« Sie hob eine Hand und ließ sie mutlos wieder sinken. »Das hier ist wirklich schrecklich.«
»Noch besteht Hoffnung, sie zu finden.«
»Lebendig!«, fuhr BJ auf. »Wir müssen sie lebendig finden.«
Jerri klopfte kurz an und legte zwei Blätter Papier auf Carters Schreibtisch. »Fax für dich«, sagte sie. »Von Jenna Hughes.«
Nachdem die Sekretärin wieder gegangen war, erkundigte sich BJ: »Was für ein Fax?«
»Eine Liste von Maskenbildnern, die sich auf Monster spezialisiert haben.« Rasch überflog Carter die Liste. »Firmen, die möglicherweise Alginat für ihre Abdrücke
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