Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Medienrummel. Trotz des schlechten Wetters hatte sich die Hälfte der Einwohnerschaft von Falls Crossing mit Kerzen auf dem Platz versammelt und strömte nun in die Kirche, wo Reverend Swaggart sie aufforderte zu beten, eine kurze Predigt hielt und anscheinend darauf bedacht war, sich vor den Kameras zu präsentieren. Jenna sagte sich, dass sie ihn übertrieben skeptisch beobachtete, doch sie wurde das Gefühl nicht los, dass der Gottesdienst, wenn nicht gerade gekünstelt, so doch ein wenig auf Show ausgerichtet schien. Der Prediger vergoss ein paar Tränen, behauptete, Lynnetta sei »sein ihm persönlich vom Himmel geschickter Engel«, und betete inbrünstig auch für die anderen Frauen. Der Altar war mit Blumen geschmückt, von großen Postern, die auf Staffeleien angebracht waren, blickten die Gesichter der vermissten Frauen der Gemeinde entgegen. Jenna betrachtete diese Dekoration verstohlen mit gesenktem Kopf, während Derwin Swaggart mit geschlossenen Augen und schweißüberströmtem rotem Gesicht das Pult auf der Kanzel so heftig umklammerte, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
Das Licht flackerte.
Die Leute hoben mitten im Gebet die Köpfe, während die Stimme des Reverend voller Ehrfurcht und Demut weiter dröhnte. Jenna versuchte, sich auf seine Worte zu konzentrieren, doch der Wind hatte wieder aufgefrischt und pfiff um das Gebäude herum.
Erneut flackerte das Licht.
Carters Hand lag unter ihrem Ellenbogen.
»Man möchte meinen, Gott hört zu«, sagte Rinda in dem Moment, als das Licht verlosch. Doch wegen der vielen Kerzen, die die Gemeindemitglieder in den Händen hielten, wurde es nicht dunkel.
Der Reverend schlug die Augen auf und hob die Hände, um die Gemeinde zu beruhigen, die anfing zu flüstern und mit den Füßen zu scharren. »Gott der Vater ist bei uns«, verkündete er, »und wir beten darum, dass er auch bei Sonja, Roxie und meiner geliebten Lynnetta ist. Friede sei mit euch. Gute Nacht.«
Langsam verließen die Leute nacheinander die Kirche, man drängte sich zusammen und tuschelte auf dem Weg nach draußen und die Treppen hinunter, hinaus auf die dunklen Straßen. Rinda hielt inne, stellte sich mit dem Rücken zum Wind und rief nach ihrem Sohn, gab es aber bald frustriert auf. Die Fenster der Häuser in der Umgebung waren dunkel, die Straßenlaternen verloschen, die einzige Beleuchtung stammte von Kerzen, Taschenlampen und den Scheinwerfern vorbeifahrender Autos und Lastwagen.
Carters Handy klingelte; er blieb stehen und zog das kleine Gerät aus seiner Tasche. »Carter … Was? Na prima; hier in der Stadt ist auch der Strom ausgefallen. Ja …« Das Gespräch war nur noch gedämpft zu hören.
»Jenna!«
Sie drehte sich um und sah Travis Settler, der sich durch die Menschenmenge einen Weg zu ihr bahnte, seine Tochter fest an der Hand. In der freien Hand trug er eine Votivkerze.
»Ist Allie hier?«, fragte Dani. Ihre krausen braunen Locken ringelten sich ungezähmt unter ihrer Skimütze hervor.
»Sie ist heute Abend zu Hause geblieben. Fühlt sich nicht so gut.«
»Schade«, sagte Dani.
»Wir hatten gehofft, sie würde mitkommen und bei uns schlafen. Dani möchte gern auf dem Teich hinter unserem Haus Schlittschuh laufen.«
»Vielleicht morgen, falls es Allie dann besser geht … und wir wieder Strom haben«, erwiderte Jenna. Dabei spürte sie, dass Shane sich näherte.
Travis warf einen Blick auf Carter, dann auf Jenna. »Wir wollen hoffen, dass der Stromausfall nicht die ganze Nacht andauert.«
»Ich finde das cool«, verkündete Dani, und ihre nussbraunen Augen blitzten lebhaft im schwachen Schimmer ihrer Kerze. So war Dani, immer für ein Abenteuer zu haben.
»Aber nur, weil du nicht Holz hacken und das Feuer am Brennen halten musst und dir keine Sorgen zu machen brauchst, dass die Leitungen einfrieren könnten«, zog ihr Dad sie auf.
»Nein, weil wir Spiele machen und nicht nur immerzu Sport im Fernsehen anschauen müssen.«
Travis verzog den Mund zu einem halben Lächeln. »Sie liebt es, mich beim Schach oder beim Pokern zu schlagen.«
Dani verdrehte die Augen, grinste jedoch und zeigte ihre leicht vorstehenden Schneidezähne. »Er bildet sich ein, er lässt mich gewinnen.«
»Ausgeschlossen! Komm, Kleine, wir müssen nach Hause. Wir sehen uns«, sagte er zu Jenna und nickte Carter und Rinda zu. Carter klappte sein Handy zu und biss die Zähne zusammen.
»Allie soll mich anrufen!«, rief Dani noch über die Schulter zurück, während Travis sie zu
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