Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
auf dem gerade eine Nachrichtensprecherin in einem roten Parka im Schneesturm an der Interstate stand. Dicke Schneeflocken wirbelten durchs Bild, und eine lange Schlange riesiger LKW stand am Straßenrand.
»… und die Temperaturen sinken noch weiter, sehr zum Missfallen dieser Fernfahrer …«, sagte sie, bevor sie im notdürftigen Schutz eines Neunachsers einen der unglücklichen Fahrer zu interviewen versuchte.
»Autofahren ist jetzt wirklich zu gefährlich«, entschied Jenna.
»Aber Mr Settler hat gesagt, er würde sie herbringen«, wandte Allie ein.
»Und woher weißt du das?« Jenna prüfte die erste Taschenlampe, die sie gefunden hatte. Der Lichtstrahl war schwach, aber beständig.
»Ich habe schon angerufen.«
Das Licht, der Fernseher sowie alle anderen Elektrogeräte versagten für ein paar Sekunden.
»Langsam wird’s unheimlich«, bemerkte Cassie.
»Ich finde es toll.« Allie ließ sich nicht abschrecken. »Kann Dani kommen, Mom, bitte bitte?«
Das Telefon klingelte, und Allie schnappte sich noch vor dem zweiten Klingeln den Hörer. »Hallo?«, meldete sie sich und wartete. »Ja … Augenblick bitte.« Sie streckte ihrer Mutter das schnurlose Gerät entgegen. »Mr Settler«, flüsterte sie hörbar. »Bitte, bitte, bitte.« Dabei faltete sie flehentlich die Hände unter dem Kinn.
Cassie verdrehte die Augen. Jenna ignorierte das Betteln ihrer Jüngsten. »Hallo?«
»Hi.« Wie erwartet war Travis in der Leitung. »Allie hat dich wahrscheinlich schon von ihren Plänen unterrichtet.«
»Dass Dani bei uns übernachten soll.«
»Ja. Sie lässt mir keine Ruhe, aber ich wollte zuerst mit dir sprechen.«
»Ich schätze, sie bearbeiten uns beide gleichermaßen, aber wenn du sie herbringen kannst, bin ich einverstanden«, sagte Jenna und hörte Allie hinter sich aufjubeln. »Allerdings war ich vor etwa einer Stunde noch draußen. Die Straßen sind nahezu unbefahrbar, und hier flackert schon das Licht. Außerdem haben wir kein fließendes Wasser, jedenfalls im Moment noch nicht. Ein paar Leute arbeiten an der Pumpe, und ich habe aus der Stadt Wasser in Flaschen mitgebracht. Es geht bei uns also ein bisschen so zu wie beim Camping.«
»Dani wird begeistert sein«, versicherte er, und in seiner Stimme schwang leiser Stolz auf seine sportliche Tochter mit. »Aber die Entscheidung liegt natürlich ganz bei dir.«
Jenna spürte Allies beschwörenden Blick im Rücken. »Sie ist uns immer willkommen.«
»Gut. Soll ich dir noch irgendwas mitbringen, wenn ich schon mal unterwegs bin?«
»Danke, aber wir sind versorgt. Ich habe heute schon unsere Vorräte aufgestockt. Für die nächsten paar Tage wird es reichen.«
»Wenn du wirklich keine Einwände hast, kann ich binnen einer Stunde da sein.«
»Prima. Ich richte es Allie aus.«
Sie legte auf und sah, dass ihre Tochter bereits die Treppe hinaufstürmte. »Hey, Allie, warte, willst du nicht erst mal ein Sandwich essen?«
»Später!«, rief Allie zurück.
Cassie verkündete: »Ich habe keinen Hunger.«
»Schön. Die Sandwiches sind ja haltbar«, entschied Jenna, die sich freute, ihre jüngere Tochter so glücklich zu sehen. Im Augenblick zumindest. Was man von Cassie nicht behaupten konnte, die ihren Joghurt inzwischen aufgegessen hatte und den leeren Becher nun in den Mülleimer unter der Spüle warf. Dann blieb sie mit unter der Brust verschränkten Armen vorm Fernseher stehen und verfolgte die Nachrichten. »Das ist so was von öde«, bemerkte sie, als der Wetterbericht für den Rest der Woche Minustemperaturen ankündigte.
»Wir werden es überleben.«
»Wenn man das hier als überleben bezeichnen kann.«
»Warte nur, bis ich dich Holz hacken schicke und dich in einem gusseisernen Topf überm Feuer das Essen zubereiten lasse, wenn der Strom ausfällt. Dann können wir alle zusammen in Schlafsäcken vor dem Kamin schlafen.«
»Ach, hör doch auf«, murrte Cassie.
»Stell dir das mal vor. Kein MTV, keine heiße Dusche, kein Fön, überhaupt keine Elektrogeräte. Wenn wir Glück haben, funktionieren vielleicht wenigstens die Handys.«
»Es macht dir wohl Spaß, mir die Laune zu verderben, wie?«, warf ihre Tochter ihr vor.
»Ich will dir nur vor Augen führen, dass alles gar nicht so schlimm ist.«
»Na klar.« Cassie verdrehte die Augen und stieg die Treppe hinauf. Jenna füllte den Kaffee in eine Thermoskanne und wollte ihn gerade zum Pumpenhäuschen bringen, als sie ein Klopfen an der Hintertür vernahm. Im nächsten Moment trat Harrison
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