Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
gab Rinda zurück.
»Vielleicht kann ich noch was anderes ausprobieren …« Wieder flogen seine Finger über die Tastatur, und er starrte wie hypnotisiert auf die Zeilen von Symbolen, die über den Bildschirm liefen.
Die Eingangstür öffnete sich geräuschvoll und fiel mit einem Klack wieder ins Schloss. Unvermittelt setzte die Klaviermusik aus. Sekunden später schlenderte Wes in Jeans und dicker Jacke in das kleine Büro.
»Probleme?«, fragte er mit einem Blick auf Scott, der vor dem Rechner kniete. »Lass mich raten – die Festplatte.«
»Das dürfte es sein, ja.« Rinda verschränkte die Arme vor der Brust. »Es treibt mich in den Wahnsinn.«
»Sekunde noch.« Scott starrte immer noch auf den Monitor, der flackernd wieder zum Leben erwachte. »Okay … das funktioniert jetzt. Aber wahrscheinlich nur vorübergehend. Ihr solltet wirklich mal ein bisschen aufrüsten.«
Wes zog seine Handschuhe aus. »Lass sehen.«
Scott biss die Zähne zusammen. »Ich sagte doch, es funktioniert jetzt.«
»Ja, aber trotzdem möchte ich es mir ansehen.« Wes drängte den jungen Mann zur Seite, rieb sich die Hände und bedeutete Rinda, ihm ihren Stuhl zu überlassen, was sie widerwillig tat. Er setzte sich, begann zu tippen, fluchte und fing von vorn an. »Meine Finger sind starr vor Kälte, verdammt noch mal.« Er warf Jenna einen Blick zu. »Die letzten paar Stunden hab ich mit den anderen Freiwilligen zusammen nach Sonja Hatchell gesucht.«
»Und? Fündig geworden?«, fragte Rinda, die an einer Säule lehnte, doch Wes’ Gesichtsausdruck verriet unmissverständlich, dass die Frau nicht gefunden worden war.
»Nein. Bei diesem Wetter ist es unmöglich, aber die Polizei gibt nicht auf.«
Rinda rieb sich die Arme. »Was ihr wohl zugestoßen ist?«
Nichts Erfreuliches , dachte Jenna, sprach aber nicht aus, was ihnen allen klar war.
»Ich habe gehört, sie und ihr Alter haben sich nicht so gut verstanden.« Scott zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Möchte wetten, sie ist einfach abgehauen.«
»Warum sagst du so was?«, wollte Rinda wissen.
»Weil ich sie manchmal in diesem Imbiss gesehen habe. Immerzu hat sie sich über die Kälte beschwert. Sie kommt wohl aus Südkalifornien und wollte zurück. Möchte wetten, sie hatte Krach mit Lester, hat sich gedacht, ›Was soll’s?‹, und ist einfach nach Süden abgehauen.«
»Und hat ihre Kinder zurückgelassen?«
»Manche Eltern machen das so«, sagte Scott sarkastisch. In diesem Moment steckte Blanche Johnson den mit einer gestrickten Baskenmütze bedeckten Kopf durch die Tür. »Ich gehe jetzt. Falls ihr noch was braucht, ruft einfach an«, sagte sie. Dann erst schien sie die ernsten Gesichter zu bemerken. »Ist etwas passiert?«
Rinda erklärte: »Wir haben gerade über Sonja Hatchell geredet.«
Blanche legte die Stirn in tiefe Falten. »Ich bin überzeugt, dass sie wieder auftaucht. Oder von irgendwoher anruft. Oder … so ähnlich.«
»Das glaube ich auch«, pflichtete Scott ihr bei.
»So rücksichtslos würde Sonja niemals handeln.« Rinda schüttelte den Kopf. »Ich kenne sie. Selbst wenn sie sauer auf Lester gewesen wäre, hätte sie doch ihre Kinder nicht im Ungewissen gelassen.«
»Mag sein.« Scott war nicht überzeugt.
»Wie auch immer, am besten wäre es ja, wenn sie einfach nur abgehauen wäre«, flüsterte Rinda und griff sich an die Kehle. »Es ist so unheimlich. Zuerst diese Frau, die sie am Catwalk Point gefunden haben, und dann ist Sonja verschwunden. Man fragt sich doch, ob beide Fälle etwas miteinander zu tun haben.«
»Die Polizei beschäftigt sich bestimmt mit dieser Frage«, versetzte Blanche und kramte in ihrer Handtasche nach den Schlüsseln. »Ich muss jetzt wirklich los.« Nachdem sie endlich ihren riesengroßen Schlüsselring gefunden hatte, wandte sie sich noch einmal kurz an Jenna. »Ich habe meine Privatstunden für diese Woche wegen des Wetters abgesagt. Sag Allie bitte, sie möchte trotzdem fleißig üben. Wir holen alles nach, wenn das Unwetter vorbei ist und die Straßen wieder frei sind.« Ihr Blick wanderte zu einem der vereisten Fenster. »Ich hoffe, es ist bald soweit. Ich hasse dieses Wetter.«
»Tun wir das nicht alle?«, fragte Rinda über die Schulter und sah dann wieder Wes zu, der am Computer arbeitete.
Jenna versprach: »Ich werde dafür sorgen, dass Allie wenigstens hin und wieder Klavier spielt.«
»Dafür wird sie dich hassen. Bei solchem Wetter zieht es die meisten Kinder unwiderstehlich nach draußen.
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