Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
später fuhr er davon. Als er das Haus passierte, hob er noch einmal grüßend die Hand.
Automatisch winkte sie zurück und rührte sich nicht von der Stelle, bis seine roten Rücklichter hinter dem Tor im Dämmerlicht verschwanden.
Jenna fröstelte und fühlte sich so einsam wie noch nie seit ihrem Umzug nach Falls Crossing. Es war immer noch stockdunkel draußen; kein Schimmer des Morgengrauens erhellte den Himmel im Osten.
Nichts als Kälte und Dunkelheit umgab sie.
20. Kapitel
D u kennst doch das Sprichwort über Lehrers Kinder und Pastors Vieh«, knurrte BJ am nächsten Morgen. Sie sah müde aus. Ihre Augen waren dunkel gerändert, ihr Haar schlecht frisiert, sie ließ die Schultern hängen. Eine Aura der Erschöpfung umgab sie. »Das trifft wohl auch auf die Kinder von Bullen zu: Sie geraten selten oder nie. Meines zumindest nicht.« Angewidert warf sie sich in den Sessel neben Shanes Schreibtisch.
»Vielleicht ist es ganz gut, dass Megan erwischt wurde, solange sie noch minderjährig ist.«
»Ach ja? Und warum? Meinst du nicht, dass das erst der Anfang ist?« BJs sonst so lebhafte Miene war starr und gereizt, der Mund schmal vor Sorge. »Weißt du, wenn ich sie in eine Kadettenschule schicken könnte, würde ich’s tun.«
»Übertreibst du nicht ein bisschen?«
»Sicher.« BJ lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Herrgott, gib mir Kraft.«
»Megan wird schon werden.«
»Wann? Wenn sie fünfundzwanzig ist? Dreißig? Bis dahin bin ich längst tot. Ich sag dir, die bringt mich noch ins Grab. Sie bringt mich buchstäblich ins Grab.«
Carter lachte. »Ich glaube nicht, dass sie eine Chance gegen dich hat.«
»Verdammt, ich hoffe, du hast Recht.« BJ öffnete die Augen und straffte sich. »Hast du die Jungs verhört?«
»Ja. Mit Sparks und einem anderen Officer von der Staatspolizei von Oregon.« Er dachte an die missmutigen Gesichter von Josh Sykes, Ian Swaggart, Anthony Perez und Cal Walters, die sämtlich stundenlang ihre großspurige Haltung aufrechterhalten hatten, bis sie an diesem Morgen zu ihren Eltern entlassen worden waren. Erst als sie ihren schwer enttäuschten Müttern oder wütenden Vätern gegenüberstanden, zeigten sich Risse in den harten Fassaden der Jungen. Wenn die Verhaftung ihnen Angst gemacht hatte, so hatten sie es gut verborgen. »Es würde mich wundern, wenn zwischen irgendeinem von ihnen und der Toten ein Zusammenhang bestünde. Ich glaube, es war einfach nur ein Fall von Großtuerei, nachts zu der Stelle zu fahren, an der ein Mordopfer gefunden wurde. Eine Art Mutprobe oder so.« Er ließ den Bleistift zwischen seinen Fingern kreisen.
»Ich würde ihnen allen am liebsten den Kopf abreißen. Besonders diesem Swaggart, dem kleinen Mistkerl.«
»Lass es lieber. Könnte als brutaler Übergriff der Polizei gewertet werden.«
»Er hätte es verdient. Sie alle hätten es verdient.« Ein Muskel zuckte an ihrem Kinn, und sie blinzelte mehrmals in rascher Folge. »Die kleinen Biester. Sex, Drogen und Alkohol … mehr haben sie nicht im Kopf.«
»Es gibt Gesetze zum Schutz minderjähriger Mädchen.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber alles, was passiert ist, geschah mit ihrem Einverständnis.«
»Sie ist erst sechzehn.«
»Ja, und die Jungs? Siebzehn, achtzehn? Haben alle zusammen nicht einen Funken Verstand.«
»Geht’s Megan gut?«
»Sie sagt, ja. Ihr einziges Problem ist ihre … wie war das? … Mal sehen, ob ich es noch zusammenkriege … Ihr einziges Problem ist ihre ›blöde, anmaßende, neugierige, ewiggestrige, nichts begreifende Bullin von Mutter‹ – damit meint sie mich –, die sie nicht machen lässt, was sie will.« BJ schloss wieder die Augen und presste die Fingerspitzen an die Stirn. »Ich habe es Jim noch nicht gesagt. Er würde die Jungs in der Luft zerreißen, und ich kann dir sagen, das täte ich selbst im Augenblick auch am liebsten.«
»Wie kommt es, dass er nichts von der Sache weiß?«
»Hat alles verschlafen. Kannst du dir das vorstellen? Er hat so ein Atemgerät wegen seiner Apnoe, und er schlief in einem der Gästezimmer ohne Telefon. Hat nicht gehört, wie es klingelte, wie ich geschrien habe, wie Megan die Tür geknallt hat. Heute Morgen gegen sechs ist er ganz normal zur Arbeit gegangen, und ich dachte mir, ich spare die schlechten Nachrichten bis heute Abend auf. Vielleicht habe ich selbst mich bis dahin wenigstens ein bisschen mehr beruhigt und weiß Näheres darüber, was diese Kids getrieben haben.« Sie stieß so heftig den
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