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Sanfte Eroberung

Sanfte Eroberung

Titel: Sanfte Eroberung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Jordan
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Knie, so dass sie sich am Treppengeländer festhalten musste.
    Mit wenigen Schritten war der Marquess die Treppe hinaufgesprungen und umfasste ihre Taille, um sie abzufangen.
    »Setzen Sie sich! «, sprach er ihr zu und half ihr, sich auf die oberste Stufe zu setzen.
    Weil sie ohnehin keine Kraft mehr hatte, befolgte sie seine Anweisung stumm, auch wenn sie protestieren wollte, als er sich neben sie hockte. Aber selbst dafür war sie viel zu kurzatmig. Und sie zitterte am ganzen Leib.
    Claybourne wartete, dass sie sich wieder erholte, nahm ihr behutsam die Statue aus der Hand und stellte sie auf den Teppich.
    Inzwischen hatten sich mehrere Leute in der Halle unten eingefunden, Mieterinnen und Bedienstete, die Claybourne streng ermahnte, sich wieder ihren Angelegenheiten zuzuwenden.
    Folgsam huschten sie alle von dannen, worauf Lily allein mit ihm war.
    »Was ist geschehen? «, fragte er sie sanft.
    »Er hat Fleur wehgetan«, hauchte Lily.
    Er murmelte ein wüstes Schimpfwort und sah zur Eingangstür hinunter, als wollte er auf der Stelle O'Rourke nacheilen. Aber er folgerte nur: »Und Sie kamen zu ihrer Rettung herbei.«
    »Ja.« Sie hatte Fleur eben genauso verteidigt wie Mutter vor vielen Jahren. Nur dass es damals ihr Vater gewesen war, der grausam seine überlegene Stärke gegen eine kleinere, schwächere Frau eingesetzt hatte.
    Als die furchtbaren Erinnerungen sie einholten, fröstelte Lily und schlang die Arme um ihren Körper. Fraglos hatte sie deshalb heute so kämpferisch reagiert.
    »Ich vermute, das war O'Rourke der herkam, um seine Spielschulden einzutreiben«, sagte Claybourne, da Lily schwieg.
    Sie stieß ein kurzes verbittertes Lachen aus. »Ich glaube schon. Ich gestehe, dass ich mir nicht die Zeit nahm, ihn zu fragen. Er bedrohte Fleur, und da konnte ich an nichts anderes denken, als ihn aufzuhalten,
    Claybourne sah sie an und seine Züge wurden sehr streng. »Ich möchte Sie dringend bitten, es künftig mir zu überlassen, mit O'Rourke fertigzuwerden.«
    Es rührte sie, dass er sie so bereitwillig schützen wollte. In seinem Blick erkannte sie Sorge und Wut, wovon Letztere gewiss ihr galt.
    Ihre eigene Wut war größtenteils verflogen, jedoch lastete noch ein weit erdrückenderes Gefühl auf ihrer Brust, das sie beinahe erstickte. Sie konnte die düsteren Erinnerungen an jenen Sommertag nicht verdrängen. Damals war sie sechzehn Jahre alt gewesen und hatte sich in den schlimmsten Streit ihrer Eltern eingemischt.
    Bis dahin war Lily meist in die Stallungen geflohen, wenn ihre Eltern stritten, doch an diesem Tag war sie unerwartet nach Hause gekommen. Auf die Schreie hin war sie in den Salon geeilt, wo sie ihren Vater vorfand, der in rasender Wut auf ihre Mutter einprügelte, ihr gegen die Brüste, die Rippen und in den Bauch hieb.
    Einen entsetzlichen Moment lang war Lily wie gelähmt gewesen, hatte kaum atmen können. Dann hörte sie einen weiteren hilflosen Schrei ihrer Mutter, stürmte blind los und griff nach der einzigen Waffe, die sie entdecken konnte - einem Messer, mit dem man Schreibfedern spitzte. Sie hatte die Klinge wütend gegen ihren Vater erhoben und geschworen, sie ihm in die Brust zu rammen, sollte er nicht von ihrer Mutter ablassen.
    Gott sei Dank hatte er sofort aufgehört.
    Bei allem Zorn schien Sir Charles ihre Warnung ernst zu nehmen. Er hatte auf dem Absatz kehrtgemacht und war aus dem Zimmer marschiert, und Lily hatte ihre bitterlichst schluchzende Mutter getröstet.
    Soweit Lily wusste, hatte ihr Vater nie wieder die Hand gegen ihre Mutter erhoben, und Lily schwor sich an jenem Tag, dass kein Mann sie jemals so misshandeln dürfte.
    Nun hockte sie auf der Treppe und kniff die Augen zu, während sie mit der schmerzlichen Erinnerung kämpfte. Das Entsetzen, das sie damals empfunden hatte, war sie nie wieder losgeworden. Die Hilflosigkeit, der Ekel und die Angst waren schrecklich gewesen. In jenen Momenten hatte sie ihren Vater gehasst. Sie konnte ihm seine Brutalität nie vergeben.
    Lily fühlte Claybournes Blick, noch ehe er sehr leise fragte: »Was haben Sie, meine Liebe? Etwas muss Sie furchtbar aufgewühlt haben, und ich glaube nicht, dass es allein der Umstand war, dass Sie einen Unhold aus dem Haus trieben.«
    Vielleicht sollte sie es ihm erklären ... Nein. Auf keinen Fall würde sie dem Marquess ihre intimsten Ängste anvertrauen!
    Außerdem hatte sie nicht einmal ihren Schwestern erzählt, dass sie gedroht hatte, ihren Vater umzubringen. Ihre Mutter hatte nicht

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