Sanfte Eroberung
Fanny und Lily einigen von ihnen die dringend nötigen Privatstunden.
Als hätte sie Lilys Gedanken gelesen, sagte Fanny, kaum dass sie allein waren: »Sally wird bis Montag gewiss so weit sein, aber bei den anderen bin ich mir nicht sicher.«
»Ich weiß«, stimmte Lily ihr zu. »Und dabei haben sie in den wenigen Wochen riesige Fortschritte gemacht. «
»Ja, das haben sie. Du hast bemerkenswerte Arbeit geleistet, Lily.«
»Vergessen wir nicht, wie viel du für sie getan hast, und auch Tess. Ebenso war Basil eine große Hilfe für sie, was die Aussprache und den Wortschatz anbelangt. «
Als Lily Basil Eddowes erwähnte, verzog Fanny sofort das Gesicht. »Gut möglich, allerdings hat er uns höchst widerwillig unterstützt. «
Lily kam nicht umhin, zu schmunzeln. »Das denkst du nur, weil ihr zwei euch ständig zankt.«
»Was nicht meine Schuld ist«, verteidigte Fanny sich. »Basil ist gegen alles eingenommen, was ich tue, wegen meines >sündigen< Lebenswandels. Ich kann dir gar nicht sagen, wie lästig ich diese fortwährende Kritik finde. Soll ich mein Leben vielleicht aufgeben, nur weil es ihm nicht gefällt? Was bildet er sich denn ein? Gütiger, er ist ein einfacher Büroschreiber! Ich verkehre mit Adligen, die um meine Gunst ringen. Ich brauche seine Zustimmung nicht! «
Lily bemühte sich, ihre Freundin zu beschwichtigen. »Basil betet dich eben an. Das tat er immer. «
»Nun, dann besitzt er eine merkwürdige Art, es mir zu beweisen. Erst heute Morgen warf er mir vor, zu viel Wert auf Schönheit zu legen. Und das von ihm, der groß und dürr wie eine Bohnenstange ist! Wäre ich auch nur halb so unansehnlich wie er, müsste ich verhungern.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass er eifersüchtig auf deine Gönner ist«, entgegnete Lily nachdenklich.
Fanny starrte sie ungläubig an. »Niemals! «, erwiderte sie, fügte jedoch weniger barsch hinzu: » Ich würde Basil nie zum Liebhaber nehmen, selbst wenn er es sich leisten könnte, was nicht der Fall ist. Ich mag Männer, die mich zum Lachen bringen, und das tut Basil eindeutig nicht. Besäße er doch bloß ein Quäntchen des Charmes von Lord Claybourne, fände ich den Umgang mit ihm weniger schwierig. «
Lily runzelte die Stirn. »Was willst du andeuten, Fanny?«
»Nur dass ich denke, du solltest Claybournes Antrag zumindest in Erwägung ziehen.«
Nun war es an Lily, indigniert zu reagieren. »Haben Fleur und Chantel dich angehalten, mich zu beschwatzen?«
»Nein, ganz und gar nicht. Aber ich gestehe, dass ich ihnen zustimme. Claybournes Marquise zu werden, bringt gewaltige Vorteile für dich mit sich. «
Von der treueren Freundin verraten!, dachte Lily und beäugte Fanny argwöhnisch. »Mich erstaunt, dass du dich auf ihre Seite schlägst. Du selbst wolltest nie heiraten.«
»Nein, wollte ich nicht«, bestätigte Fanny grüblerisch. »Unsere Kindheit in Hampshire war so sterbenslangweilig, dass ich an nichts anderes dachte, als der Ödnis zu entfliehen. Ich wollte ein aufregendes, heiteres Leben, nicht auf dem Lande hocken und die Erben eines fetten Gutsherrn austragen. Aber manchmal frage ich mich, ob ich die richtige Entscheidung traf oder ob ein Ehemann und eine Familie nicht das richtige Mittel gegen meine gelegentliche Niedergeschlagenheit wären. Wie dem auch sei -je älter ich werde, umso reizvoller erscheint mir die Ehe.«
Wie Lily überrascht feststellte, war es Fanny vollkommen ernst. Andererseits war Fannys Sinneswandel nicht ausschlaggebend für Lily.
Deshalb schüttelte sie den Kopf. »Einsam zu sein ist besser, als den Schmerz zu erleiden, den meine Mutter während all der Jahre erdulden musste.«
»Mit dem richtigen Ehemann könntest du glücklich werden.«
»Ich bin nicht gewillt, das Risiko einzugehen. Können wir jetzt bitte das Thema wechseln? «
Lächelnd kam Fanny ihrer Bitte nach. »Na schön. Hast du vor, am Samstag zu Lady Freemantles Gartenparty zu gehen? «
»Ja ... obwohl Lord Claybourne wahrscheinlich dort sein und Winifred uns zweifellos aufs Neue verkuppeln wollen wird. Ich möchte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, meine Schwestern nach über einem Monat endlich wiederzusehen. Und da seine Lordschaft inzwischen meinen Aufenthaltsort kennt, brauche ich mich nicht mehr von zu Hause fernzuhalten. «
»Lady Freemantle war so freundlich, mich einzuladen«, sagte Fanny. »Ich könnte dich in meiner Kutsche mitnehmen.«
»Oh ja, das ist schön, denn ich habe ja keinen Wagen hier in ... «
In diesem
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