Sanfte Eroberung
beide unsere große Liebe gefunden haben und uns sehnlichst wünschen, du könntest dasselbe Glück erfahren. Gib Claybournes Werben wenigstens eine Chance! «
Lily schüttelte energisch den Kopf. Sie wollte sich nie verlieben und nie heiraten. Kein Mann bekäme solch eine unwiderrufliche Macht über sie, das hatte sie sich geschworen, und sie würde ihre langgehegten Grundsätze nicht aufgeben, bloß weil zufällig ein Mann beinahe unwiderstehlichen Charme besaß.
»Ich traue ihm nicht genug«, erwiderte sie schlicht.
»Er muss keineswegs wie unser Vater sein. Marcus Jedenfalls ist es nicht.«
»Drew ebenso wenig«, stimmte Roslyn ein. »Lord Claybourne dünkt mich ganz und gar nicht wie Papa, Lily. «
Nein, Heath schien vollkommen anders. Lily konnte die Güte in seinen Zügen sehen, die Sanftmut, den Humor. Und bisher hatte er keinen Moment versucht, sie zu kontrollieren oder ihr Vorschriften zu machen, wie es ihr Vater unablässig bei ihrer Mutter getan hatte. Auch hatte er sie nie physisch bedroht. Stattdessen hatte er sie beschützt, sie verteidigt ...
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich vor ihm ängstigte, Lily«, sagte Arabella nachdenklich.
Nein, er ängstigte sie nicht, sehr wohl hingegen ihre Reaktion auf ihn. Sie fürchtete sich vor dem Verlangen, das er in ihr weckte. Eine solche Intimität mit einem Mann hatte sie nie gewollt. Und nun ertappte sie sich dabei, wie sie immerfort an ihn dachte.
Die Ironie des Schicksals hatte fürwahr etwas beinahe Amüsantes. Vor wenigen Monaten noch hatte sie Arabella gewarnt, Marcus' Betörungsversuchen nicht nachzugeben. Heute verstand sie ungleich besser, welcher mächtigen Versuchung ihre Schwester ausgeliefert gewesen war.
»Du solltest wahrlich nicht alle Männer wegen der Dinge verdammen, die Papa getan hat«, riet Arabella mit einem sanften Lächeln, »wenngleich ich ebenso fühlte, bevor ich mich in Marcus verliebt habe. Ich weiß, dass viele Adlige zu selbstsüchtigen und rücksichtslosen Herren erzogen wurden, und solche Männer sind niemals fähig zu lieben. Claybourne jedoch könnte sich als eine weitere Ausnahme erweisen. «
Lily wusste nicht, ob Heath fähig war zu lieben. Während der letzten paar Tage hatte sie mehrfach Großherzigkeit ah ihm wahrgenommen. Diese könnte jedoch vorgetäuscht gewesen sein, um das Spiel zu gewinnen.
Andererseits interessierte sein Herz sie ohnehin nicht, wie sie sich ermahnte. »Belle, ich wünsche wirklich nicht mehr, darüber zu sprechen!«
Ihre älteste Schwester schien ihr widersprechen zu wollen, schlug dann aber einen sanfteren Ton an. »Du hast natürlich Recht. Du musst die Liebe allein entdecken, Lily. Deshalb werden wir dich nicht weiter bedrängen. Aber bist du dir bewusst, dass Winifred nach wie vor aufs Ehestiften aus ist? Sie weiß alles über Claybournes Werben um dich.«
Lily zog die Brauen zusammen. »Wie hat sie es herausgefunden?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht hat er es ihr erzählt.«
Es sähe ihm ähnlich, sich Winifred als Verbündete zu sichern, dachte Lily verärgert.
»Was auch immer Winifred im Schilde führen mag«, schloss Roslyn, »wir sollten zur Party zurückgehen. Du hast bisher weder Constance noch die Kinder kennengelernt, Lily. Du wirst die Kleinen lieben, dessen bin ich gewiss.«
Aus Roslyns Briefen kannte sie die bemerkenswerte Geschichte. Winifred hatte die Mätresse ihres verstorbenen Gatten sowie deren drei uneheliche Kinder bei sich aufgenommen. Und diese Gartenparty wurde zu Ehren von Constance Baines abgehalten, die heute erstmals der örtlichen feinen Gesellschaft vorgestellt wurde. Angeblich hatte Constance sich inzwischen so gut wie vollständig von der Krankheit erholt, an der sie beinahe zugrunde gegangen wäre.
»Ja, ich würde sie sehr gern alle kennenlernen«, sagte Lily und hakte sich bei ihren beiden Schwestern ein. »Und ich habe den Kindern Geschenke mitgebracht, Rose, damit ich sie, wie von dir angeregt, verwöhnen kann. «
Roslyns Lachen klang sanft und freundlich. »Sie sollten dringend ein wenig verwöhnt werden nach allem, was die Ärmsten durchmachen mussten.«
Mit Freuden konzentrierte Lily all ihre Aufmerksamkeit auf Constance und deren Kinder, denn das gab ihr einen Vorwand, einen besonders charmanten Adligen zu meiden. Doch kaum erschien sie auf der Terrasse, sah sie Heath bei seinen beiden Freunden, dem Earl of Danvers und dem Duke of Arden.
Wie bei Heath handelte es sich bei den beiden um umwerfend gutaussehende
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