Sanfte Selbstbehauptung
anderen Lastenträgern
Wenn wir uns zu wenig von anderen Menschen abgrenzen, zu wenig Nein sagen, hat das Folgen für uns. Eindeutige Folgen. Ohne ein kräftiges Nein fühlen wir uns, als wären wir eine Billardkugel, die von anderen herumgestoßen wird. Eingeklemmt zwischen Erwartungen und Verpflichtungen. Ständig nur am Funktionieren.
Ich habe einmal aufgelistet, woran Sie diese fehlende Abgrenzung erkennen können. Lesen Sie sich die nachfolgende Aufstellung durch und überprüfen Sie, ob einer oder mehrere Punkte auch auf Sie zutreffen. Dabei erkennen Sie vielleicht auch das Muster, mit dem man Sie immer wieder rumkriegen und Ihnen ein Ja entlocken kann.
Was passiert, wenn Sie sich zu wenig abgrenzen
Den Karren aus dem Dreck ziehen
Sie können einfach nicht mitansehen, dass irgendetwas schlecht oder schief läuft. Wer kriegt es besser hin? Natürlich Sie. Sie lassen sich nicht lange bitten, sondern packen zu. Sie ziehen den Karren aus dem Dreck oder retten die Sache, bevor es zur Katastrophe kommt. So verwandeln Sie sich in einen Packesel. Jeder, der mit etwas nicht klarkommt, wendet sich an Sie. Denn Ihre Mitmenschen lernen blitzschnell, bei wem sie ihre Lasten abladen können. Es ist, als wären Sie ein Magnet für alle Hilflosen und Nichtkönner. So, als würden Sie ein T-Shirt tragen, auf dem steht: Immer her damit, ich schaffe das!
Keiner nimmt Rücksicht auf Sie
Einige (vielleicht auch die meisten) Ihrer Mitmenschen wirken auf Sie ziemlich unsensibel. Beispielsweise lassen diese Leute zu Hause ihre Sachen überall rumliegen und Sie räumen immer wieder alles auf. Oder Sie werden vollgequatscht und niemand merkt, dass Sie eigentlich nicht mehr zuhören wollen. Sie bekommen schon wieder Tulpen geschenkt, obwohl Sie diese Blume überhaupt nicht mögen. Falls Sie auch das Gefühl haben, Ihre Mitmenschen nehmen viel zu wenig Rücksicht auf Sie, dann kann das eine einfache Ursache haben: Die Leuten wissen nicht, was Sie nicht mögen. Sie sagen viel zu selten Nein. Sie ziehen keine eindeutigen Grenzen. Nein, die Augen verdrehen und genervt aufstöhnen – das reicht nicht.
Einmischung in Ihre inneren Angelegenheiten
Man sagt Ihnen andauernd, was Sie tun sollen und was nicht. Bestimmte Leute brennen darauf, Ihnen Ratschläge zu geben oder Sie vor etwas zu warnen. Meistens sind es vertraute Menschen, die sich bei Ihnen einmischen. Ob dies Ihre Frisur betrifft oder die Art, wie Sie Auto fahren oder Ihr Liebesleben gestalten – da ist immer jemand, der weiß, was für Sie richtig oder falsch ist. Es ist fast so, als würden Sie mit einem T-Shirt herumlaufen, auf dem steht »Einmischung erwünscht«. Und jeder, der Lust hat, bei Ihnen etwas zu kritisieren, kann das auch ungehemmt tun. Sie setzen sich mit allem auseinander, was man Ihnen an den Kopf wirft. Der Satz »Das geht dich nichts an!«, kommt viel zu selten über Ihre Lippen.
Verantwortung für die Hilflosen
Sind Sie ein großer Kümmerer? Jemand, der sich gern um andere Leute kümmert? Dabei helfen Sie nicht nur, nein, Sie gehen noch einen Schritt weiter und übernehmen Verantwortung für den anderen. Sie sind dafür zuständig, dass es dem anderen gut geht. Oder dass er sein Leben auf die Reihe kriegt. Oder wenigstens die Berufsausbildung abschließt. Es gibt einen Satz, der kommt viel zu selten aus Ihrem Mund. Dieser Satz lautet: »He, mach das mal selbst.« Als Kümmerer springen Sie automatisch auf ganz bestimmte Signale an. Alles, was so rührend hilflos und bedürftig daherkommt, hat gute Chancen, unter Ihre Fittiche genommen zu werden. Und wo bleiben Sie? Wer kümmert sich um Sie, wenn Sie sich dauernd um die anderen kümmern?
Trifft einer dieser Punkte auf Sie zu? Bekommen Sie bitte keinen Schreck, wenn Sie feststellen, dass fast alles auf Sie zutrifft. Was ich hier beschrieben habe, sind keine Dummheiten, sondern wirklich großartige Fähigkeiten und Begabungen. Wenn Sie sich um andere kümmern, die Ärmel hochkrempeln und zupacken können, wenn Sie offen sind für die Ratschläge anderer Menschen, dann sind das keine Fehler, sondern das alles sind wunderbare Fähigkeiten. Etwas, was Sie auszeichnet. Aber diese Fähigkeiten brauchen eine gute Abgrenzung, damit sie nicht verschwendet werden. Eine Grenze, die verhindert, dass Sie ausgenutzt werden. Diese Grenze ist Ihr Nein.
Wer zu viel Ja sagt, läuft Gefahr,
von anderen ausgenutzt zu werden.
Wie bei allen Selbstbehauptungsstrategien in diesem Buch geht es nicht
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