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Sanfte Selbstbehauptung

Titel: Sanfte Selbstbehauptung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Berckhan
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Gespräch funktioniert.

Ausdauer gewinnt
    Es waren noch sechs Wochen bis Weihnachten und auch im Supermarkt an der Ecke wurde jetzt Kinderspielzeug verkauft. In dieser Woche waren es Stofftiere. In einem großen Extra-Verkaufsständer lagen kleine Hasen, Katzen und Hunde. Alle mit kuscheligem Fell und süßem Gesicht – praktischerweise gleich in Griffhöhe der Kinder.
    Ich hörte Alice schon von weitem. Ihre helle Kinderstimme erfüllte den ganzen Supermarkt. Die knapp fünfjährige Alice wohnte mit ihren Eltern in der Nachbarschaft. Während ich meinen Einkaufswagen durch die Gänge schob, hörte ich, wie Alice ihrer Mutter aufgeregt zurief: »O Mama, guck mal! Ein Häschen! Ich hab ein Häschen gefunden!« Die Mutter war mit dem Einkaufswagen in einem anderen Gang und rief ihrer Tochter zu: »Leg das wieder weg und komm her zu mir.« Kurz darauf hörte ich, wie Alice sagte: »Guck mal Mama, das Häschen ist so weich.« Offenbar hatte Alice den Stoffhasen immer noch in der Hand. Ich schob meinen Einkaufswagen in Richtung der Obst- und Gemüseabteilung und da standen die beiden.
     
    Hartnäckigkeit ist eine Form
von Macht.
     
    Die Mutter begutachtete die Äpfel und sagte fast nebenbei zu ihrer Tochter: »Komm Schatz, leg das Häschen wieder zurück. Du hast genug Stofftiere in deinem Kinderzimmer. Und Oma hat dir zu Ostern auch schon einen Stoffhasen geschenkt.«
    Die Worte der Mutter beeindruckten die Kleine nicht: »Nein Mama, so ein Häschen hab ich nicht. Dieses hier ist braun. Das von Oma ist ganz weiß. Ich will aber dieses braune Häschen hier.«
    Die Mutter war mit ihrem Einkaufswagen bereits einen Gang weitergefahren und rief übers Regal hinweg: »Nein Alice, es gibt kein Häschen! Leg das wieder weg und komm her.«
    Und jetzt zeigte Alice allen Supermarktkunden, wie man auf ganz klassische Weise hartnäckig sein kann.
    »Mama, nur dieses eine Häschen. Bitte!!!«
    »Gerade eben habe ich Nein gesagt!«
     
    Um hartnäckig zu sein, brauchen Sie
keine Argumente. Nur Ausdauer.
     
    »Aber Mama, das Häschen ist hier ganz alleine. Ich will das so gern mit nach Hause nehmen.«
    Die Mutter rauschte heran und war jetzt ziemlich genervt: »Ich hab gesagt Nein und dabei bleibt es. Leg das Stofftier zurück und komm jetzt mit!«
    Alices Stimme klang etwas weinerlich: »Das Häschen heißt Nicki. Und Nicki will gern bei mir sein.«
    Jetzt war die Mutter wieder dran. Ihre Stimme klang immer noch genervt: »Nein, das geht nicht und ich hab gesagt, du sollst das weglegen.«
    »Aber Nicki ist hier ganz allein!«, protestierte die Kinderstimme laut hörbar durch den ganzen Supermarkt.
    Die Mutter versuchte es mit Vernunft: »Du hast doch bestimmt schon zwanzig Stofftiere. Das muss doch mal genug sein. Schau mal, da ist doch gar kein Platz mehr auf deinem Bett.«
    Aber das klang nicht mehr so entschlossen wie am Anfang.
    »Mama, ich will nur noch Nicki haben, sonst keine Tiere«, antworte Alice.
    Tiefes Seufzen von der Mutter: »Mit dir kann man einfach nicht einkaufen gehen! Aber das ist jetzt wirklich das letzte Stofftier! Mehr gibt es nicht. Auch nicht zu Weihnachten.«
     
    Ausdauer gewinnt.
    »O toll! Nicki, du bleibst bei mir«, rief Alice freudig.
    Die Mutter murmelte etwas von »... mal wieder rumgekriegt.«
    Nein, zur Zeit brauchte Alice kein Selbstbehauptungstraining.
    Aber vielleicht ihre Mutter.

Die Erlaubnis, stur zu sein
    Hartnäckigkeit ist etwas, was Kinder bereits können, aber viele Erwachsene wieder verlernt haben. Während wir groß wurden, ist bei vielen von uns die Fähigkeit, beharrlich zu sein, verkümmert.
    Unsere ursprüngliche Hartnäckigkeit wurde im Laufe der Erziehung durch gutes Benehmen ersetzt. Als Kinder lernten wir, uns anzupassen und zu gehorchen. Wir lernten, wie man lieb und artig ist. Und dass es sich nicht gehört, Widerworte zu geben und stur zu sein, weil man damit andere Leute nur nervt.
     
    Sie haben das Recht, Ihre Wünsche
hartnäckig zu vertreten.
     
    Je mehr die Erziehung in Richtung artiges Kind ging, desto mehr Hartnäckigkeit wurde in den Untergrund gedrängt. Deshalb fällt es vielen Erwachsenen so schwer, in einem Gespräch beharrlich zu sein. Tief in ihrem Inneren fürchten sie immer noch, dass man sie für ihre Hartnäckigkeit tadeln und sogar bestrafen könnte.
    Bei der höflichen Hartnäckigkeit geht es überhaupt nicht um ungehöriges Benehmen oder darum, frech zu werden. Im Kern geht es nur darum, sich zu wiederholen, also das Gleiche noch mal zu sagen.

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