Sanfter Mond - Hawthorne, R: Sanfter Mond - Dark Guardian - 02 Full Moon
murmelte Dallas. »Ich hoffe nur, dass ich deswegen nicht umgebracht werde.«
Ich hoffte, dass es keinen von uns das Leben kosten würde.
Dallas hatte ein kleines Notzelt dabei, aber Lucas überredete ihn, stattdessen im Jungenzelt zu schlafen. Er hätte sich ohnehin nicht unbemerkt davonstehlen können, da wir abwechselnd Wache hielten.
Ich lag auf dem Rücken in meinem Zelt. Rafe hatte gerade Wachdienst. Danach war Kayla an der Reihe. Ich hatte bislang noch keine Gelegenheit gehabt, mit Rafe zu reden, ihm für die Brombeeren zu danken - und dafür, dass er mir das Leben gerettet hat.
Leise und vorsichtig schälte ich mich aus meinem Schlafsack, setzte mich auf und zog meine Schuhe an.
»Wo willst du hin?«
Kaylas Frage ließ mich zusammenfahren.
»Ich kann nicht schlafen. Ich will ein bisschen frische Luft schnappen.«
»Hör mal, Lindsey, es geht mich zwar nichts an …«
»Das stimmt«, unterbrach ich sie, da ich ahnte, worauf sie hinauswollte. Augenblicklich hatte ich Schuldgefühle, ihr derart über den Mund zu fahren. »Sieh mal, ich muss … ich muss einfach sicher sein.«
Ich wollte ihr nicht erzählen, dass Rafe durch meine Träume geisterte und wie froh ich war, ihn wiederzusehen. Beides war falsch.
»Es ist nicht fair gegenüber Connor«, sagte Kayla.
»Aber es ist genauso unfair, wenn ich mit Zweifeln im Herzen in unsere Zukunft gehe.«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, verließ ich das Zelt. Ich spürte Rafes Anwesenheit, bevor ich ihn sah. Er befand sich zwischen den Bäumen in der Nähe unseres Zeltes. Ich fühlte, wie sein Blick auf mich fiel. Er war so eindringlich, dass es fast war, als würde er mich berühren. Mir wurde heiß, genau wie in meinen Träumen. Auf dem Weg zu ihm verschränkte ich die Arme vor der Brust, weil ich fürchtete, ich könnte nicht genug Willenskraft aufbringen, ihn nicht zu berühren.
»Ich wollte dir für die Brombeeren danken.« Es war ein ungeschickter Gesprächsanfang. Aber wie sollte ich ihm erklären, dass ich einfach das Bedürfnis hatte, ihn wiederzusehen?
»Die Brombeeren?«, fragte er mit gepresster Stimme.
Ich musste schlucken. »Und dafür, dass du mir den Arsch gerettet hast.«
»Ich kann’s nicht fassen«, sagte er kopfschüttelnd. »Ich kann einfach nicht fassen, dass du ganz allein losgezogen bist.«
»Das hier ist mein Wald«, sagte ich bestimmt. »Unser Wald. Ich habe mich darin immer sicher gefühlt.«
»Er ist nicht mehr sicher.Verstehst du das nicht?«, flüsterte er unwirsch. »Wenn dir etwas zugestoßen wäre, wenn ich nicht dort gewesen wäre - das hätte mich umgebracht.«
Bevor mir klar wurde, was er vorhatte, packte er mich, zog mich an sich, presste seinen Mund auf meine Lippen und küsste mich mit einer Leidenschaft, die mich erbeben ließ, woraufhin ich mich an ihm festklammerte, als wäre ich plötzlich am Ertrinken und er meine einzige Rettung.
Ich hatte immer gedacht, ein Kuss wäre einfach ein
Kuss. Ich hatte mich geirrt. Mein ganzer Körper geriet in Schwingungen - ich war wie eine Harfensaite, die angeschlagen worden war und mit süßem Klang vibrierte. Der Kuss war heißer als alle, die mir Connor je gegeben hatte.
Oder vielleicht lag es nur daran, dass die Chemie zwischen Rafe und mir anders war. Ich schlang die Arme um seinen Hals, woraufhin er mich noch fester an sich zog, mit einer Hand an meinem Rücken und der anderen in meinem Haar. Es war, als wollte er mich nie wieder loslassen. Wir waren so nah zusammen, dass ich nicht mehr genau wusste, wo mein Körper endete und seiner begann. Kein Blatt Papier hätte zwischen uns gepasst.
Selbst während ich die unglaublichen Wonnen genoss, die mich durchströmten, schrie mein Geist, dass es falsch war. Ich gehörte zu Connor. Ich war sein Mädchen. Es war entschieden.
Ich brach den Kuss ab und taumelte nach hinten. Keuchend starrte ich Rafe an und versuchte zu verstehen, was gerade geschehen war. Er streckte seine Hand nach mir aus. »Lindsey …«
»Nein«, flüsterte ich. Was auch immer er mir sagen wollte, ich wollte es nicht hören. »Das war falsch.«
Damit machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte zurück zum Zelt, mit der niederschmetternden Erkenntnis, dass es in diesem Wald weitaus gefährlichere Dinge gab als Berglöwen - sogar gefährlicher als Bio-Chrome.
9
E s war schon fast dunkel, als wir am Tag darauf den Parkeingang erreichten. Ich hatte es den ganzen Tag vermieden, Rafe anzusehen, als hätte ich Angst davor, bei Augenkontakt in Flammen
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