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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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George leise schelten, weil Simba so dicht vor der Tür gelegen hatte, dass er fast auf ihn getreten wäre.
    » Du kannst dir die Bilder jetzt anschauen, Schatz « , hörte sie seine fröhliche Stimme. » Was ist los mit dir? Schlechte Nachrichten? «
    » Lies selbst und mach dir einen Reim darauf! «
    Er überflog den Brief hastig und ohne Brille, weil er spät dran war und sich für die Klinik noch umkleiden wollte. Auch er stutzte beim letzten Absatz, kniff dann die Augen zusammen und schüttelte den Kopf.
    » Es hört sich so an, als habe er irgendeine alte Sache in Ordnung zu bringen. «
    » Aber wieso war es ihm ein Rätsel, dass sich unsere Lebenswege kreuzten? Was habe ich mit alldem zu tun? «
    Er zuckte mit den Schultern und küsste sie. Dann zwinkerte er ihr zu und sagte scherzhaft: » Wer weiß? Mir scheint, er hat eine ganz besondere Schwäche für dich, meine rätselhafte indische Prinzessin. «

Oktober 1908
    Auf dem Platz vor dem Gouverneurspalast marschierten die Askari der zehnten Kompanie in tadellos sauberen khakifarbenen Uniformen, die Gesichter verkniffen in dem Bemühen, trotz des aufwirbelnden Staubs einen entschlossenen Ausdruck zur Schau zu tragen. Die Parade machte ihnen Spaß, das sah man den schwarzen Soldaten deutlich an. Mit Stolz präsentierten sie Gewehre und Munitionsgürtel, und das » Heia Safari « der Militärkapelle geriet so lautstark, dass die schwarzen Offiziere ihre Befehle aus Leibeskräften brüllen mussten, um gegen die Bläser und Trommler anzukommen.
    Trotz all der Begeisterung um sie herum konnte Charlotte dieser Parade nicht viel abgewinnen, sie erschien ihr ungereimt und lächerlich. Sosehr man die schwarzen Soldaten auf stramme Haltung und zackige deutsche Disziplin drillte– ihre Bewegungen konnten die lässige Geschmeidigkeit der Afrikaner nicht verleugnen.
    » Ist das nicht großartig? « , rief die junge Ehefrau eines Leutnants der Schutztruppe euphorisch. » Und was wir für ein Glück mit dem Wetter haben! «
    » Allerdings « , bemerkte George mit einem ironischen Grinsen. » Ein Platzregen hätte die Parade gründlich verdorben. «
    Dass Gouverneur von Rechenberg und seine Gäste genau wie die weißen Offiziere unter Oberstleutnant von Schleinitz in diesem Fall unter den strahlend weißen Kolonnaden des Palastes Zuflucht gesucht hätten und allein die Askari klatschnass geworden wären, ließ er unerwähnt.
    Charlotte beteiligte sich nicht an den Gesprächen der geladenen Gäste, sie hatte ihre liebe Not mit Simba, der unter keinen Umständen bereit gewesen war, allein zu Hause zu bleiben. Jetzt saß er neben ihr, die Ohren zurückgelegt wegen der lauten Blasmusik, und obgleich er sich friedlich verhielt, war die Anwesenheit eines Hundes, noch dazu in dieser Größe, den übrigen Gästen des Gouverneurs befremdlich. Schon weil man zur heutigen Geburtstagsfeier der Kaiserin Auguste Viktoria in der besten Kleidung erschienen war, die Herren in weißen Anzügen oder Paradeuniformen, die Damen in hellen Kleidern mit Spitzeneinsätzen. Einige trugen sogar die in Europa inzwischen so beliebten lockeren Blusen und dazu schmale, lange Röcke, doch keine der Damen wagte es, ohne ein stützendes Mieder in der Öffentlichkeit zu erscheinen. Auch Charlotte, die auf dieses lästige Kleidungsstück gern verzichtete, hatte sich heute geschnürt.
    » Du wirst ihn draußen festbinden müssen, wenn wir in den Empfangssaal gehen « , meinte George und fügte leise hinzu: » Dann haben wir wenigstens einen Vorwand, uns frühzeitig davonzustehlen. «
    » Pssst! « , machte Charlotte, obwohl sie bei dem Lärm der Blasmusik ohnehin niemand gehört hätte.
    Zum Ende der Parade stellte sich die schweißbedeckte Truppe salutierend vor dem Gouverneur auf, dazu spielte die Kapelle » Heil dir im Siegerkranz, Retter des Vaterlands… « . Von Rechenberg dankte der Truppe in einer kurzen Ansprache auf Suaheli, danach richtete auch Oberstleutnant von Schleinitz, der Kommandeur der Schutztruppe, einige Worte an seine Askari, wobei Charlotte feststellte, dass von Rechenbergs Rede zwar weniger » schneidig « klang, dafür aber in ausgezeichnetem Suaheli gehalten wurde. Der Gouverneur war auch von seinem Äußeren her alles andere als ein Offizier: Gesicht und Gestalt waren eher klobig untersetzt, der gewaltige, dunkle Schnurrbart verunstaltete ihn mehr, als dass er ihn schmückte. Dennoch war er ein gewandter Politiker und Afrikakenner, der vor Jahren Bezirksrichter in Deutsch-Ost gewesen

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