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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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Sammi leichtes Fieber hatte, Peter Siegel hatte sich in eine Zeitschrift vertieft, und Charlotte legte sich Briefpapier und Füllhalter zurecht, um an George und Elisabeth zu schreiben. Sie tat es mit schlechtem Gewissen, da sie immer noch keinen Verwalter für Neu-Kronau gefunden hatte und sich bei dem Gedanken ertappte, dass Wilhelm Saalbauer diesen Posten wohl gar nicht so schlecht ausgefüllt hätte. Weshalb war sie so empfindlich? Worauf wartete sie? Schließlich musste sie diesen Verwalter nicht heiraten, sondern ihm nur ihre Plantage anvertrauen.
    Trotzdem, dachte sie und kaute an ihrem Füllhalter. Eine Plantage ist viel mehr als nur ein Stück Land, das mit Kaffeebäumen und Sisal bepflanzt wird. Eine Plantage, das ist Leben…
    Unversehens bewegte sich ihre Feder über das Papier. Die Sätze fügten sich aneinander, ohne dass sie zuvor darüber nachgedacht hätte.
    Mein Liebster,
    Du hast einmal gesagt, kein Weißer habe das Recht, in Afrika Land zu erwerben, es zu bepflanzen und Schwarze darauf arbeiten zu lassen. Ich habe das niemals begreifen können und oft darüber nachgedacht, weil ich Dir nicht unrecht tun will. Aber inzwischen weiß ich, dass das Land für mich eine völlig andere Bedeutung hat als für Dich.
    Du gehst über das Land hinweg, bewunderst seine Schönheit, forderst seine Schrecken heraus, um Dich daran zu messen, dann ziehst Du weiter und schreibst Deine Bücher. Ich aber schlage meine Wurzeln tief in die Erde, ich spüre dieses Land, ich liebe es, ich leide daran, bin für sein Wohlergehen verantwortlich wie eine Mutter für ihr Kind.
    Jetzt wirst Du mich schrecklich auslachen, mein Geliebter. Ja, ich weiß, wie viel leichter Du solche Dinge ausdrücken kannst; wenn ich es versuche, dann klingt es pathetisch und fürchterlich albern. Deshalb bitte ich Dich auch, niemandem diesen Brief zu zeigen, wirf ihn fort, verbrenne ihn, lass ihn vor allem Elisabeth nicht lesen.
    Ich versuche es noch einmal, vielleicht gelingt es mir jetzt besser, mich Dir verständlich zu machen. Neu-Kronau– das sind vor allem die Menschen, für die ich verantwortlich bin. Nicht nur Klara, Peter, Sammi, sondern auch alle meine schwarzen Angestellten, die im Haus und die draußen in den Arbeiterwohnungen. Und sogar die Schwarzen in den umliegenden Dörfern. Neu-Kronau– das sind meine Tiere, die Wiesen, Berge, Wälder, meine Äcker, die Sisalpflanzen, die blühenden Kaffeebäumchen. Das alles ist lebendig, und ich muss mich darum kümmern. Warum also sollte ich kein Recht auf dieses Land haben, da doch so viele Wesen meine Fürsorge benötigen?
    Sie lehnte sich zurück und las das Geschriebene noch einmal durch. Würde George sie verstehen? Sie sah ihn vor sich, die goldgeränderte Brille auf der Nase, dahinter seine klugen grauen Augen, die so tief in einen Menschen hineinblicken wollten. Lächelnd stellte sie sich vor, wie er beim Lesen ihrer Ergüsse die Stirn kraus zog, einzelne Stellen, an denen ihre Handschrift fast unleserlich war, ein wenig weiter von sich weghielt, um sie besser entziffern zu können. Würde er sie auslachen? Vermutlich würde er grinsen und sich ein paar heitere Bemerkungen verkneifen. Aber dann würde er ernst werden und über ihre Worte nachdenken. Ach, wie sehr er ihr fehlte! Wie schön wäre es, über all diese Dinge mit ihm reden zu können, anstatt sie niederzuschreiben und zwei Wochen auf eine Antwort warten zu müssen.
    Sie schilderte Wilhelm Saalbauer als einen herrschsüchtigen Vierschrot, der ihre Plantage zwar mit sicherer Hand, doch ohne das nötige Empfinden für Mensch und Tier geführt hätte. Sie hatte erneut Anzeigen aufgegeben, es würde sich sicher bald ein geeigneterer Kandidat finden. Danach beschrieb sie das Wunder der Kaffeeblüte, die flauschigen, weißen Gebilde an den oberen Zweigen der Bäumchen, von denen die ersten schon verblüht waren und Frucht angesetzt hatten.
    Als sie damit fertig war, musste sie kurz innehalten und nachdenken, wie sie Jeremys Erscheinen auf der Plantage darstellen sollte. Der Erdrutsch hatte sich in der Gegend ereignet, in der sie selbst damals verunglückt war, und sie wollte George auf keinen Fall erschrecken. Schließlich verschwieg sie ihm einfach, wo man Jeremy gefunden hatte, und erzählte nur, dass es Peter Siegel gewesen war, der dem jungen Mann das Leben gerettet hatte; Klara sei unfassbar stolz auf ihren Mann.
    Jeremy Brooks ist– wie Du ja bereits feststellen konntest– ein ungewöhnlicher, aber sehr unterhaltsamer

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