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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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respektvolle Abstand, den Hyänen und Geier zu ihm hielten.
    Unbarmherzig lag die brütende Hitze auf der ausgedörrten Landschaft und machte jede Bewegung zur Qual. Charlottes Augen brannten, ihre Lippen waren aufgesprungen, und die schwarzen Silhouetten der Akazien schienen in der flimmernden Ferne wie bewegliche Bilder an ihr vorbeizuziehen.
    Wonach suchten sie? Die Spuren, die Georges Maultier hinterlassen hatte, waren längst verweht. Und doch musste er diesen und keinen anderen Weg geritten sein, das bestätigte sogar der beständig zweifelnde Jeremy, und auch die Schwarzen gaben ihm recht. Der Weg nach Kilossa verlief an verschiedenen Flussläufen entlang, von denen die größeren auch jetzt noch Wasser führten, ein schmales Rinnsal zwar, aber es reichte, um den Durst zu stillen. Am zweiten Tag trafen sie auf eingeborene Jäger, die einer Herde Gnus folgten. Jeremy gelang es, ihr Vertrauen zu erwerben, indem er zwei Gnus schoss und ihnen eins davon zum Geschenk machte. Doch weder die Waluguru noch die übrigen Schwarzen verstanden die Sprache dieses Jäger- und Hirtenvolks, das groß und schlank gewachsen war und Ähnlichkeit mit den Massai hatte. Nur das Wort daktari, war ihnen ein Begriff. Sie wiesen mit den Händen nach Norden, beschrieben mit Gesten ein Gebäude, und einer von ihnen rieb sich die Brust und verzerrte das Gesicht. Ein Haus für Kranke. Eine Klinik. Und dann nannten sie den Namen des Ortes: Iringa. Dort gab es daktari. Auch bwana daktari. Viele bwana daktari.
    » Er ist nicht in Iringa, Charlotte « , stöhnte Jeremy. » Aber wenn wir in Kilossa sind, telefonieren wir dorthin. Klar? Wir telefonieren mit sämtlichen Poststationen der Kolonie. Mit allen Kliniken. Bis die Leitungen bersten– das gelobe ich feierlich! «
    » Beruhigen Sie sich, Jeremy. Habe ich gesagt, dass ich nach Iringa reiten will? «
    Noch vor Tagen hätte sie das tatsächlich gefordert, jetzt aber hatte ihr der beständige Anblick der schier unendlichen, lebensfeindlichen Savanne allen Mut genommen. Sie fühlte sich von Tag zu Tag erschöpfter, kämpfte mit Fieberanfällen und schluckte fleißig von dem Chininpulver, das sie in einem kleinen Glasfläschchen mit sich führte. Jeremy sagte sie nichts davon, schon weil sie nicht zugeben wollte, dass er recht behalten hatte. Ohnehin hätte es wenig Sinn gemacht, jetzt über Schwäche zu klagen. Sie waren nach Kilossa unterwegs, weil sie es so gewollt hatte, und jetzt würde sie sich auch durchbeißen. Es konnte nicht mehr weit sein, der dünne Wasserarm, dem sie seit gestern folgten, führte direkt dorthin, das hatten die eingeborenen Jäger ihnen bestätigt. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie auf dem rechten Weg waren.
    Der Hund hatte sich neben ihrem Lager ausgestreckt und hielt den lästigen Wind von ihr ab, der immer wieder unter die Zeltplane griff. Jetzt, da Jeremy noch unterwegs war, suchte sie Simbas Schutz. Sie fühlte sich in seiner Nähe einfach sicherer, dabei besaß sie doch ein Gewehr und konnte sich damit recht gut selbst verteidigen.
    Die Dämmerung wurde langsam durchsichtiger. Charlotte streckte den Arm nach ihrer Feldflasche aus. Mit Schlafen oder wenigstens Dösen würde es wohl doch nichts mehr werden, deshalb wollte sie rasch ihre Dosis Chinin einnehmen, bevor Jeremy zurückkehrte, und dann die Schwarzen wecken. Sie konnten schon einmal Feuer machen und Tee kochen, Holz war noch genügend vorhanden, da sie gestern die vertrockneten Äste einer Akazie abgeschlagen hatten.
    Das Chinin schmeckte bitter, und sie wusste, dass ihr davon schwindelig werden würde, aber das war immer noch besser, als Fieber zu bekommen. Angewidert schüttelte sie sich, trank noch etwas Wasser und schraubte den Deckel auf die Feldflasche. Dann setzte sie den Tropenhelm auf und kroch aus dem Zelt.
    Eine Windbö hätte ihr den Helm vom Kopf gerissen, hätte sie nicht schnell danach geschnappt, und im Nu war sie von einer dichten Staubwolke umgeben, die ihr fast die Luft nahm. Hustend und keuchend versuchte sie, im schwachen Licht des anbrechenden Morgens etwas zu erkennen. Laut rief sie die Namen ihrer Träger, doch der Wind trug ihre Stimme davon.
    Wo waren die Schwarzen überhaupt? Sie hatten gestern Abend einen Windschutz aus Tüchern gleich bei ihren Maultieren gebaut und sich dicht aneinandergedrängt zum Schlafen gelegt. Jetzt, da Landschaft und Gegenstände als graue Schemen aus der Nacht auftauchten, konnte Charlotte nichts mehr davon entdecken. Da waren keine aufgespannten

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