Sanfter Mond über Usambara
zischend um ihr Lager, vermutlich hatte sie deshalb auch so verrückte Träume. Sie stieß mit dem Kopf gegen die schräge Zeltplane, als sie sich hastig aufsetzte, und vernahm ein tiefes, feindseliges Knurren.
» Simba? Simba, wo bist du? «
Der Hund hatte gestern Abend noch bei ihr im Zelt gelegen, jetzt aber schien er draußen etwas gewittert zu haben. Sie tastete nach den Streichhölzern und entzündete die Laterne, warf sich eine Jacke über und kroch aus dem Zelt. Aufwirbelnder Staub empfing sie, Wolken strichen wie flatternde, ausgefranste Tücher über den Himmel und ließen nur hie und da ein wenig Sternenlicht erahnen. Undeutlich erkannte sie im Schein der Laterne die Silhouette eines angepflockten Maultiers, dort waren auch die Reste der Feuerstelle, an der sie noch gestern Abend gesessen hatten, der Kessel, die Blechkanne, ein paar Becher und Teller. Die Asche hatte der Wind längst in alle Richtungen verweht; wie der umherirrende Laternenschein ihr zeigte, hatte die Zeltplane wohl auch einen Teil davon abbekommen.
Wo war denn nur der Hund? Sein Knurren war zu einem zornigen Kläffen geworden, so dass sie vorsichtshalber ins Zelt zurückkroch, um ihr Gewehr zu holen. Es musste gut eine Stunde vor Sonnenaufgang sein, die Schwarzen schliefen noch, nur Johannes Kigobo und Jonas Sabuni waren schon wach und mit Jeremy auf die Jagd gegangen.
» Simba! Hierher! «
Im Schein der Laterne erkannte sie einen großen Schatten, der Kupferkessel klapperte, als Simba ihn versehentlich streifte. Simba hechelte aufgeregt und leckte Charlottes Hand.
» Was ist los? « , murmelte sie und kniete sich vor ihn hin. » Ein Löwe? Ein Gepard? Passt du gut auf unsere Maultiere auf? «
Die schwarzen Augen des Hundes glänzten im Lichtschein. Liebevoll stupste er mit der feuchten Schnauze gegen ihre Wange. Nein, dachte Charlotte, es war wohl kein Raubtier in der Nähe, sonst hätte er sich nicht so schnell beruhigt, und auch die Maultiere waren vollkommen gelassen. Wenn sich der Wind für einen kleinen Moment legte, konnte man in der Ferne das seltsame, unheimliche Lachen der Hyänen hören, aber die griffen niemals einen Lagerplatz an, dazu waren sie zu feige.
» Komm, Simba. «
Sie zog den Hund ins Zelt hinein, um sich vor Wind und Staub zu schützen, und beschloss, noch ein wenig zu dösen, bis Jeremy zurückkam. Die Vorräte gingen zur Neige, daher war es leider notwendig, dass er nun immer wieder Tiere erlegte, doch er ließ seine Beute niemals leiden. Jeremy war ein guter Schütze, das wusste sie von ihren beiden Waschamba, die ihn stets auf die Jagd begleiteten. Besonders Jonas Sabuni war voll des Lobes und behauptete, bwana Brooks könne ein Impala noch mit geschlossenen Augen treffen, er sei wie der Geist der Savanne, lautlos, tödlich und barmherzig.
Charlotte hatte sich durchgesetzt und Jeremy schließlich dazu überredet, wenigstens bis Kilossa durch die Savanne zu reiten. Dafür hatte sie ihm das Versprechen geben müssen, sich nicht länger als unbedingt nötig in Kilossa aufzuhalten und anschließend mit der Zentralbahn auf direktem Weg nach Daressalam zurückzufahren. Es sei unsinnig, ohne Plan und Ziel umherzustreifen, auf diese Weise werde sie George ganz sicher nicht finden, es sei denn, der Zufall wehe ihn ihr genau vor die Füße, was nicht allzu wahrscheinlich war.
» Sie werden das nicht mehr lange mitmachen können, Charlotte « , hatte er besorgt zu ihr gesagt. » Selbst für einen Mann ist das hier ein harter Ritt. Was wollen Sie tun, wenn Sie krank werden? «
» Ich werde nicht krank, Jeremy. Nicht bevor ich George gefunden habe! «
Er hatte einen seltsam krächzenden Laut ausgestoßen, der klang, als bleibe ihm das Lachen im Halse stecken. » Sie sind weiß Gott die sturste Person zwischen London und Kapstadt, die mir je über den Weg gelaufen ist! « , hatte er gemurmelt, doch sie meinte, in seiner Stimme eine gewisse Achtung mitschwingen zu hören.
Die Savanne war Ende August staubtrocken, die letzten Grasinseln ergraut, zahlreiche Flussarme, die noch vor wenigen Tagen Wasser geführt hatten, hatten sich in schlammige Rinnsale verwandelt. Auch der Schlamm überzog sich bald mit einer harten Kruste, die aufplatzte wie eine Wunde, die nicht verheilen will. Einmal sahen sie ein großes Tier, ein Flusspferd oder einen Elefanten, das in einer Schlammgrube gefangen und somit dem Tod preisgegeben war; das unglückliche Wesen regte sich nicht mehr, doch es war noch Leben in ihm, das bewies der
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