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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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des Himmels angenommen, Wellen glitzerten im Morgenlicht und rollten mit sachten, streichelnden Bewegungen über den weißen Sand. Auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht blitzten die weißen Segel der Fischerboote, man konnte sehen, wie die Schwarzen mit gelassenen Bewegungen ihre Netze auswarfen und sich dann im Boot niederließen, um geduldig auf das zu warten, was Allah ihnen bescherte.
    » Sie müssen nicht bis zum Landungssteg mitgehen, Charlotte « , sagte Jeremy. » Wir können uns auch hier voneinander verabschieden. «
    Sie befanden sich bei den Arkaden des Zollgebäudes, eines lang gezogenen weißen Kolonialbaus, der sich oberhalb der Hafenanlage erstreckte. Drüben in dem schmalen, türkis schimmernden Kanal, der Hafenbecken und Indischen Oz ea n miteinander verband, näherte sich beharrlich tuckernd der Küstendampfer.
    » Aber weshalb denn, Jeremy? « , widersprach Charlotte. » Glauben Sie vielleicht, ich störte mich daran, mit Ihnen zusammen gesehen zu werden? «
    Sie hatte sich bei ihm eingehakt und spürte, wie er dankbar ihren Arm drückte. Jeremy Brooks war ein guter Freund, ein verlässlicher Beschützer– was ging sie das Gerede der Leute an? Es gab nichts zwischen ihnen beiden, das man vor der Öffentlichkeit hätte verbergen müssen.
    » Ich möchte Sie trotzdem bitten, jetzt umzukehren, Charlotte. Es wird mir leichter fallen, Ihnen hier im Schatten des Zollhauses Lebewohl zu sagen, als dort unten im Gewimmel der Leute. «
    Sie hörten die helle Glocke, die die Ankunft des Küstendampfers ankündigte. Unten am Strand betraten die ersten Fahrgäste den Landungssteg, das übliche Gedränge bahnte sich an. Vor allem die Träger mit ihren Kisten und Warenballen bemühten sich, einen guten Platz auf dem Steg zu ergattern. Es galt, den Aussteigenden nicht im Weg zu sein, zugleich aber in günstiger Position zu stehen, um als einer der Ersten aufs Schiff zu gelangen. Das ging selten ohne Gerangel und laute Wortgefechte ab, so dass die deutschen Behörden bereits mehrfach eine Gruppe Askari geschickt hatten, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten.
    Charlotte zeigte sich einsichtig. Vermutlich hatte Jeremy recht, dort unten würde man kaum sein eigenes Wort verstehen. Außerdem fürchtete sie sich vor diesem Abschied, und obgleich sie darauf bestanden hatte, Jeremy zum Hafen hinunter zu begleiten, wäre sie froh, wenn sie die Sache schnell hinter sich bringen könnte. Sie hatte noch die bekümmerten Mienen ihrer beiden treuen Waschamba vor Augen, die mit Geschenken und Gepäck beladen vorausgegangen waren und jetzt unten am Steg auf Jeremy warteten.
    » Herz ist schwer « , hatte Johannes Kigobo zu ihr gesagt. » Wenn bibi Johanssen wieder zu uns kommt, wir alle werden lachen. Bibi und bwana Siegel. Und auch Martha Mukea. Und Schammi. Wir alle sind glücklich, wenn bibi Johanssen wohnt mit uns in Neu-Kronau. «
    Es hatte ihr leid getan, dass sie ihm wenig Hoffnung machen konnte. Neu-Kronau war ihr lieb und teuer, doch es war nicht der Ort, an den sie jetzt gehörte. Ihr Platz war hier, in der Villa in Daressalam, hier würde sie bleiben, bis George zurückkehrte. » Dann also… « , sagte sie gedehnt zu Jeremy und blieb stehen. » Ich schulde Ihnen unermesslichen Dank, Jeremy. Sie haben mir so treu zur Seite gestanden und mir sogar das Leben… «
    » Hören Sie auf damit! « , knurrte er und blieb ebenfalls stehen. » Ich wünschte verdammt noch mal, ich hätte mehr für Sie tun können. Sie haben es verdient, glücklich zu sein, Charlotte. «
    Charlotte lächelte. Sie hatten Anrufe getätigt und Telegramme verschickt, mündliche Erkundigungen eingezogen, gute Bekannte und offizielle Stellen um Nachricht gebeten– nichts. Wohlmeinende Freunde erzählten ihr, es habe Reisende gegeben, die monatelang als verschollen galten und dann urplötzlich wieder aufgetaucht waren. Die meisten ließen jedoch durchblickten, dass Dr. George Johanssen ihrer Ansicht nach längst tot war. Von den Eingeborenen erschlagen, am Fieber oder möglicherweise auch an den Pocken gestorben. Schließlich waren seit seinem Verschwinden nunmehr gute sechs Wochen vergangen, da wäre er doch längst in die Zivilisation zurückgekehrt, wäre es ihm irgendwie möglich gewesen. Der Südostwind zerrte an dem Tuch, das sie um den Kopf geschlungen hatte, und ließ ihr Kleid flattern. Hier, in Daressalam, hatte sie sich wieder in eine Dame verwandelt, sie trug die Kleider, die George so gefallen hatten, auch die Schuhe, die er für

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